I. Einleitung
Als der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck am 21. November 2000 in seiner Funktion als Bundesratspräsident einen Antrittsbesuch in Brüssel abstattete, nannte er zwei Schwerpunkte der künftigen Arbeit der Länderkammer: erstens die "Belebung der öffentlichen Diskussion um das Verhältnis zwischen Staat und Bürgern", also die Errichtung einer "Bürgergesellschaft", und zweitens die "Frage nach dem Verhältnis der europäischen Ebene zu den Ländern und Regionen in Europa" und dabei "insbesondere die künftige Rolle der Regionen in der Europäischen Union"
Im Kern beschäftigt die Länder somit die Frage, ob und wie die europäische Integration ihre Staatlichkeit und autonome Handlungsfähigkeit gefährdet. Diese Frage berührt das Verhältnis von deutschem Föderalismus und europäischer Integration. Da Art. 79, Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) die Bundesstaatlichkeit zu den unveränderlichen, d. h. mit der so genannten "Ewigkeitsgarantie" versehenen Strukturprinzipien der Verfassung zählt, werden seit den Beratungen des Ratifikationsgesetzes zum Gründungsvertrag der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) Befürchtungen laut, die deutschen Länder würden im Zuge der europäischen Einigung ihrer Staatsqualität beraubt.
Es besteht kein Zweifel, dass die europäische Einigung seit der Unterzeichnung der Römischen Verträge 1957 und erst recht in der Folge der weiteren Integrationsschritte vor allem seit Mitte der achtziger Jahre in besonderem Maße Auswirkungen auf die föderalstaatliche Struktur der Bundesrepublik Deutschland hatte und auch in Zukunft haben wird. Die Frage stellt sich, ob der Föderalismus durch die europäische Integration tatsächlich in seinem "Kern" bedroht ist oder ob er durch die "Europäisierung" nur eine Veränderung und Transformation erfährt, in der die europäische Integration (neben der Globalisierung) lediglich eine Katalysatorfunktion übernimmt. Die Mehrheit der Länder scheint der ersten These anzuhängen. Dies legen zumindest zahlreiche Äußerungen und Positionen von Länderseite nahe, wie sie auch und gerade im Vorfeld der europäischen Regierungskonferenz 2000 geäußert wurden. Deutlich wird dies etwa in einer Stellungnahme des Stuttgarter Staatsministeriums auf eine Anfrage der CDU-Fraktion des Landtages nach Positionen und Zielen der Landesregierung im Rahmen der Regierungskonferenz, die in den frühen Morgenstunden des 11. Dezember 2000 in Nizza ihren Abschluss fand. Darin war zu lesen: "Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass europäische Regelungen zunehmend in den Landesbereich hineinwirken und dabei . . . bewährte innerstaatliche Einrichtungen und Regelungen in Frage stellen."
An Beispielen für die tatsächlichen Auswirkungen der europäischen Integration auf den Föderalismus im Allgemeinen und die Autonomie der Länder im Besonderen mangelt es nicht. Zu den Aufgaben, die nach der innerstaatlichen Kompetenzverteilung ausschließlich oder vorwiegend den Bundesländern vorbehalten sind, gehören die Bereiche Kultur, Medien, Bildung und Ausbildung, Umwelt, Gesundheit, Forschungs- und Technologiepolitik und nicht zuletzt die regionale Strukturpolitik. Da die Europäische Gemeinschaft auf allen diesen Feldern eigene Maßnahmen ergreifen kann, führt dies dazu, dass der Handlungsspielraum der Bundesländer hier deutlich eingeschränkt ist oder - positiv formuliert - eine europäische Dimension erhalten hat
II. "Europäisierung" - was heißt das?
Die Definition des Phänomens "Europäisierung" wird in der Politikwissenschaft kontrovers diskutiert. Besteht seit langem Einigkeit darüber, dass die Zugehörigkeit der EU-Staaten "zu einer internationalen Gemeinschaft neuer Qualität"
III. Regieren im europäischen Mehrebenensystem
In der Auseinandersetzung mit den Anforderungen eines interaktiven Mehrebenensystems kommt es zu Veränderungen in drei zentralen Bereichen:
1. Stärkung der Mitwirkung der Länder an Entscheidungen der europäischen Integration im föderalen System der Bundesrepublik.
2. Etablierung einer eigenständigen Repräsentation von Länderinteressen auf der europäischen Ebene.
3. Veränderungen des kooperativen Föderalismus im Sinne einer stärkeren Abgrenzung der Aufgaben und Kompetenzen der Länder im europäischen Mehrebenensystem und im bundesdeutschen Föderalismus und damit der Umdeutung des kooperativen in einen Wettbewerbsföderalismus.
1. Stärkung der innerstaatlichen Mitwirkung der Länder in Fragen der europäischen Integration
Die Mitwirkung der Länder beruhte in den Anfängen der Europäischen Gemeinschaft bis in die achtziger Jahre vor allem auf der Mitwirkung durch das föderale System der Bundesrepublik. Mit der Vertiefung der Integration erstritten sich die Länder immer weiter gehende Mitwirkungsrechte und europäische Handlungsspielräume. Die Mitwirkung der Länder beruht traditionell auf zwei Prinzipien: erstens dem Informationsprinzip, das die Bundesregierung verpflichtet, den Bundesrat über alle Vorhaben der Europäischen Gemeinschaften zu unterrichten, die für die Länder von Interesse sein könnten, und zweitens der Mitwirkung der Länder durch den Bundesrat bei Übertragung von Hoheitsrechten von der Bundes- und Landesebene auf die Europäische Union. Bereits durch die Ratifizierung der Römischen Verträge war ein Zuleitungsverfahren festgesetzt worden, das dem Bundesrat ein eingeschränktes Informationsrecht in Angelegenheiten der europäischen Integration einräumte. Zusätzlich zu diesem Informationsrecht wurde 1979 nach erneuten Verhandlungen zwischen Bund und Ländern über eine Formalisierung der Zusammenarbeit das Länderbeteiligungsverfahren eingeführt, das in Fällen der teilweisen oder gänzlichen Berührung von ausschließlichen Länderkompetenzen die Möglichkeit der Standpunktdarlegung durch die Länder vorsah. Von diesem Standpunkt konnte der Bund nur aus "zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen" abweichen. Mit der Ratifikation der Einheitlichen Europäische Akte (EEA) wurde die Länderbeteiligung reformiert und als Bundesratsverfahren rechtlich verankert. Eine wirkliche Mitwirkung des Bundesrates wurde jedoch erst mit dem Maastrichter Vertrag und der Grundgesetzänderung von 1993, insbesondere der Revision des Artikels 23 GG, erreicht
Mit diesem Schritt hat der Verfassungsgesetzgeber deutlich gemacht, dass er die Europapolitik nicht länger als Teil der klassischen Außenpolitik im Sinne des Art. 32 Abs. 1 GG betrachtet; er hat sich durch die Grundgesetzänderungen vielmehr das von den Ländern propagierte Leitbild von der "europäischen Innenpolitik" zu Eigen gemacht
Zur Stärkung ihrer Position und zur besseren Abstimmung greifen die Länder auf ein gemeinsames Vorgehen in Form der horizontalen Koordination der Länderinteressen, als Politik der Dritten Ebene, zurück. Dies geschieht u. a. durch die im Oktober 1992 gegründete "Ständige Konferenz der Europaminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland" (EMK) als speziell auf die EU-Politik ausgerichtete Institution sowie durch die Konferenzen der Ministerpräsidenten (MPK) als hochrangigstes Gremium und die Konferenzen der einzelnen Fachministerien. Bemerkenswert ist die horizontale Länderkoordination auch dann, wenn sie wie im Fall der Maastrichter Verhandlungen um eine interregionale Dimension erweitert wird, um ihre Forderungen nicht als allein deutsche Vorstellung erscheinen zu lassen und somit deren Durchsetzung zu erleichtern. Die Länder nutzen daher die "Versammlung der Regionen Europas" (VRE) und der Konferenz "Europa der Regionen" zur Unterstützung ihrer Forderungen.
Besonders sichtbar wird die Bedeutung der innerstaatlichen Mitwirkung der Bundesländer in EG/EU-Angelegenheiten bei ihrer Rolle im Rahmen von Regierungskonferenzen.
2. Die Rolle der Bundesländer im Rahmen der letzten Regierungskonferenzen: Von Maastricht über Amsterdam nach Nizza
Die Regierungskonferenz 1990 (Der Vertrag von Maastricht)
Im August 1990 hatten die Länder im Bundesrat ihre Erwartungen an die Regierungskonferenz, die in den Vertrag von Maastricht mündete, in einer Entschließung zusammengefasst. Zu den vier zentralen Punkten, die auch in der Folgezeit die europapolitische Debatte der Länder bestimmte, gehörten
Trotz dieser schwierigen Ausgangssituation war es den Ländern gelungen, die Bundesregierung dazu zu gewinnen, einige ihrer Forderungen in die Verhandlungen der Regierungskonferenz einzubringen. Das Ergebnis erbrachte mit der Einrichtung des "Ausschusses der Regionen" (AdR) als beratendes (!) Organ und mit der Festschreibung des Subsidiaritätsprinzips erstmals eine Verringerung der "Landes-Blindheit" (Ipsen) der europäischen Verträge. Dies war freilich weit entfernt von den ursprünglichen Vorstellungen der Länder von einer dreistufigen Europäischen Union.
Die Regierungskonferenz 1996/97 (Der Vertrag von Amsterdam)
Nachdem mit dem "Europa-Artikel" den Ländern im Grundgesetz festgeschriebene Mitwirkungsrechte zustanden, bot sich mit der 1996 anstehenden Regierungskonferenz die Gelegenheit für einen ersten Praxistest des Art. 23 GG
Die Folge dieser Ausweitung des Themenspektrums auf Fragen der Raumordnung, Einwanderung, des Katastrophenschutzes und Forderungen zur Verankerung des kommunalen Selbstverwaltungsrechtes und zur Rechtsstellung der Religionsgemeinschaften im Vertrag, die in der Bundesratsentschließung vom Dezember 1995 aufgelistet wurden, war, dass am Ende "eine Art Gemischtwarenkatalog" stand und es kaum möglich war, die "Kernanliegen der Länder" zu finden
Die Länder durften sich neben dem Europäischen Parlament als die eigentlichen "Gewinner" von Amsterdam fühlen
Die Regierungskonferenz 2000 (Der Vertrag von Nizza)
Als die Ministerpräsidenten der deutschen Länder im Frühjahr 2000 damit gedroht hatten, die Ratifizierung des neuen EU-Vertrages zu verhindern, haben sie zu erkennen gegeben, dass sie die Debatte im Rahmen der Regierungskonferenz 2000 nutzen wollten, wieder für spezifisch föderale bzw. Länderinteressen zu kämpfen, und auch nicht vor dem letzten Mittel zurückschrecken werden - der Blockade des neuen Gemeinschaftsvertrages bei der Ratifizierung, was in der deutschen und erst recht in der europäischen Öffentlichkeit zu einigem Befremden geführt hat. Sie forderten bei einem Treffen mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Romano Prodi, dass auf dem europäischen Gipfel von Nizza im Dezember 2000 eine klare Regelung der Kompetenzverteilung zwischen EU, Mitgliedstaaten und Regionen festgeschrieben werde. Die Länder befürchten, ohne eine solche vertraglich verankerte Aufteilung der Kompetenzen und Aufgabenbereiche würden die "föderalen Strukturen der Bundesrepublik in einer Zentralisierung der EU aufgehoben", wie der Bremer Bürgermeister Scherf betonte
Die Bundesregierung geriet durch die Forderungen der Länder, schon auf der laufenden Regierungskonferenz die Kompetenzfrage zu klären (vor allem Bayern machte sich dafür stark), "unter Beschuss"
Im Augenblick lässt sich noch nicht eindeutig sagen, ob diese Verschiebung der Klärung der Kompetenzen langfristig den Länderinteressen dienen wird, klar ist aber, dass mit diesem Kompromiss die Länder sich stärker als vorher ihren Forderungen einer Bestandssicherung von Institutionen der "öffentlichen Daseinsvorsorge", d. h. der Sparkassen, Landesbanken, der Energie- und Wasserversorgung, widmen werden. Dies wurde im Verlauf der Regierungskonferenz 2000 von Länderseite immer wieder eindringlich zur Sprache gebracht. Als Bundeskanzler Schröder persönlich den Ländern Beistand im "Streit" um die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute zusicherte, rückten die Länder von ihrem Konfrontationskurs gegenüber der Bundesregierung ab
Nicht zuletzt aufgrund der Probleme, bei den Amsterdamer "left overs" zu einer Einigung zu kommen, fand die ursprünglich von den deutschen Ländern eingebrachte Idee, einen "Post-Nizza-Prozess" einzuleiten, schließlich doch Zustimmung. So wurde auf dem Gipfel von Nizza vereinbart, im Jahr 2004 eine weitere Regierungskonferenz einzusetzen, die sich mit diesen Fragen beschäftigen soll: der Kompetenzverteilung in der EU; dem rechtlichen Status der Grundrechtecharta; der Vereinfachung der Verträge und der "Rolle nationaler Parlamente in der europäischen Architektur"
3. Etablierung einer eigenständigen Repräsentation von Länderinteressen auf der europäischen Ebene
Neben der Mitwirkung durch das föderale System haben vor allem Informationsdefizite in der Vor-Maastricht-Zeit zur Herausbildung neuer Strategien der Länder geführt. Offizielle Dokumente erreichten oft mit erheblicher zeitlicher Verzögerung die Länderministerien, denen in der Folge kaum Zeit zu einer fundierten Stellungnahme blieb. Der wichtige Faktor des "Zeit- und Informationsmanagements" bei der Beteiligung der Länder an der europäischen Politikgestaltung veranlasste die Länder, nach immer neuen Wegen der Interessenvertretung zu suchen und eigenständige Informationskanäle zur EG aufzubauen. Bis in die achtziger Jahre waren die Länder neben der Informationszuleitung durch den Bund auf den Länderbeobachter des Bundesrates angewiesen, der seit 1958 prioritär über die abschließenden Entscheidungsprozesse des Rates sowie in abgeschwächter Form ebenfalls über die Beratungen der Kommission, vor allem die darüber verfügbaren Hintergrundinformationen, berichtet. Der Länderbeobachter ist als gemeinsame Einrichtung aller Länder nur für die Informationsbeschaffung zuständig und ist Teil der deutschen Delegation. Somit ist diese direkte Informationsquelle der Länder immer noch eher als Teil der föderalen Beteiligung der Länder zu verstehen.
Komplementär zu dieser Einbindung der Länder über den Bund haben sich die Länder seit Mitte der achtziger Jahre um einen direkten Kontakt zur Kommission bemüht, um sowohl den Informationsfluss von Brüssel in die Länder zu stärken, als auch das Lobbying der Länder in Brüssel zu etablieren. Diese Entwicklung ist eng verknüpft mit dem politischen und wissenschaftlichen Diskurs um eine verstärkte Regionalisierung in den EG-Mitgliedstaaten sowie um ein Europa der Regionen Mitte der achtziger Jahre. Regionen wurde die Rolle als aktive Mitspieler im Mehrebenensystem zugesprochen. Ausdruck dieses neuen Selbstverständnisses war die Eröffnung so genannter Informations- bzw. Verbindungsbüros der Länder bei der EG Mitte der achtziger Jahre
IV. Vom Leitbild des kooperativen Föderalismus zum Wettbewerbsföderalismus
Nachdem die Länder von den achtziger bis Mitte der neunziger Jahre ihren Schwerpunkt auf den Ausbau der direkten und indirekten Interessenrepräsentation gelegt hatten, werden diese Strategien heute zwar angewandt, jedoch im Wesentlichen nicht weiter ausgebaut. Dagegen legen die Länder ihren Schwerpunkt nunmehr auf den Ausbau autonomer Kompetenzen, welches in der Literatur bereits als Sinatra-Strategie - entsprechend dem Sinatra-Song : "I do it my way . . ." - bezeichnet wurde
Die im Protokoll angelegte Handlungsoption, auch bereits vergemeinschaftete Politiken oder Teilbereiche von Zuständigkeiten wieder auf die Tagesordnung zu setzen, wurde von einigen Ländern, insbesondere Bayern, nach dem Abschluss des Amsterdamer Gipfels ergriffen. Seit diesem Zeitpunkt war die Linie, immer mehr Kompetenzen zurückzuerlangen, immer deutlicher zu erkennen. Dabei wurden nicht nur die Gelegenheiten der institutionellen Weiterentwicklung der EU im Rahmen von Regierungsgipfeln und Vorarbeiten zu künftigen Regierungskonferenzen genutzt, sondern auch die Diskussion um die Weiterentwicklung einzelner Politikbereiche. Insbesondere war dies die Diskussion um die zukünftige Gestaltung der Regional- und Strukturfondspolitik im Rahmen der Agenda 2000. Die Vorlage des Kohäsionsberichts im November 1996 eröffnete die Diskussion um die Zukunft der Europäischen Strukturpolitik, die sich mit zunehmender Konkretisierung der Pläne für die Agenda 2000, vor allem mit der Unterbreitung der Vorschläge der EU-Kommission unter dem Titel "Agenda 2000" am 16. Juli 1997, intensivierte.
Initiator und Hauptträger der Forderung der Kompetenzstärkung der Regionen in dieser Debatte war erneut das Land Bayern. Im Zusammenhang mit der Reform der Strukturfondsförderung forderte die Bayerische Staatsregierung: "Die Eigenverantwortung der Regionen muss entsprechend dem Subsidiaritätsgedanken gestärkt werden, um den Einsatz der Fördermittel bürgernäher, effizienter und transparenter zu gestalten."
Der Bund unterstützte die neue Strategie der Länder vom ersten Positionspapier an bis in das Jahr 1998 hinein, da diese das Interesse an einem verminderten deutschen Beitrag sowie einem ausgeweiteten Handlungsspielraum für den Bund verband. Mit dem Regierungswechsel, vor allem aber mit der Übernahme der Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 1999 hielt sich die Bundesregierung mit Unterstützung für Forderungen dieser Art zurück. Insbesondere Bundeskanzler Helmut Kohl schloss sich der Länderforderung nach klarer Kompetenzverteilung an. Er griff sie auf dem Europäischen Rat in Cardiff am 15./16. Juli 1998 und dem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs im Oktober 1998 in Pörtschach (auch als "Subsidiaritätsgipfel" tituliert) auf. Damit geriet das Thema Subsidiarität und Kompetenzverlagerung zusätzlich zu der intensiven Diskussion um die Regional- und Strukturfondspolitik auf die Tagesordnung.
Zur Stärkung des Arguments der Kompetenzverlagerung und der Eigenverantwortung knüpfen die Länder an zwei zentrale Debatten über die künftige Entwicklung der EU an, mit denen versucht wird, die Legitimität der Gemeinschaft zu steigern: erstens an die Diskussion um eine notwendige Verbesserung der Problemlösungsfähigkeit der Gemeinschaftspolitik und zweitens an die Debatte um die Demokratisierung europäischer Politik. Die positiv besetzten Begriffe Effektivität und Effizienz sowie Transparenz und Bürgernähe stehen für diese Verknüpfung. Zudem werden die Forderungen nach mehr Kompetenzen durch die Initiative für eine Neuordnung des Länderfinanzausgleichs sowie die Debatte um eine Umgestaltung des kooperativen Föderalismus hin zu einem "Wettbewerbsföderalismus" unterstützt.
Als sich die Diskussion um Subsidiarität und Kompetenz im Jahr 1998 - mit der konkreten Diskussion um die "Agenda 2000" sowie der Initiative zum Gipfel von Pörtschach - zu intensivieren begann, wurde von einigen Ländern versucht, die europäische Diskussion durch die Initiierung eines innerdeutschen Diskurses zu unterstützen und zu verstärken. Aktiv betrieben Baden-Württemberg und Bayern die Verknüpfung der europäischen Subsidiaritätsdebatte mit der Diskussion um eine Neuregelung des Länderfinanzausgleichs, die sogar in einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht endete, und einer Kampagne für die Umgestaltung des deutschen Föderalismus in einen Wettbewerbsföderalismus
Internetverweise der Autoren:
http://www.bundesrat.de (Bundesrat mit links zu den einzelnen Bundesländer)
http://www.europaminister.de (Website der Europaministerkonferenz)
http://www.europa.eu.int (Server der Europäischen Union)
http://www.cor.eu.int (Website des Ausschusses der Regionen)