Die Vorentscheidung für Ost-Berlin als Veranstaltungsort der X. Weltjugendfestspiele fiel in Valparaiso (Chile) anläßlich einer Exekutivtagung des WBDJ (Weltbund der Demokratischen Jugend) im September 1971. Zwei Monate später stattete eine Delegation des WBDJ und des ISB (Internationaler Studentenbund) unter der Leitung der Vizepräsidenten Maximo Guerrero und Georgij Danilow er DDR einen Besuch ab. Sie nahmen den Dank von Staatsführung, Partei und FDJ durch Horst Sindermann, Paul Verner und Günther Jahn für die Wahl Berlins entgegen. Die kommunistischen Weltjugendorganisationen ihrerseits bescheinigten der DDR, sie sei der X. Weltjugendfestspiele würdig.
Am 19. und 20. Januar 1972 trafen sich dann in Sofia Delegierte aus 47 Staaten zur konstituierenden Sitzung des Internationalen Vorbereitungskomitees (IVK) des X. Festivals. Jean Diard, Koordinierungssekretär der IX. Weltfestspiele, schlug Ost-Berlin offiziell als Austragungsort für das nächste Festival vor, was einmütig akzeptiert wurde. Günther Jahn, 1. Sekretär des Zentralrates der FDJ, bedankte sich in einer Rede, die u.a. auch seine Vorstellungen vom gewünschten Verlauf der X. Weltfestspiele enthielt: "Gestalten wir sie ... gemeinsam zu einer machtvollen Demonstration des politischen Willens der jungen Generation, als ein Fest der Lebensfreude und des Optimismus der Jugend, als eine Stätte des politischen Gesprächs im Interesse des antiimperialistischen Kampfes, als eine Bewegung des sportlichen und kulturellen Wettstreits, zu einer großen Manifestation für Solidarität, Frieden und Freundschaft."
Zugleich wurde in Sofia der jetzt 23jährige Dominique Vidal, Mitglied des Nationalen Büros der Kommunistischen Jugendbewegung Frankreichs, zum Koordinationssekretär des IVK gewählt, die Konstituierung nationaler Vorbereitungskomitees angeregt, sowie ein Aufruf erlassen, der das Thema der X. Festspiele beinhaltet. Nach den Vorstellungen ihrer Veranstalter sollen sie Höhepunkt der schon seit einiger Zeit laufenden Kampagne "Die Jugend entlarvt den Imperialismus" sein. Aus der Bundesrepublik war als Vertreter des Arbeitskreises Festival (AKF), des nationalen Vorbereitungskomitees in der BRD, der SDAJ-Bundesvorsitzende Rolf-Jürgen Priemer anwesend; zu den weiteren Unterzeichnern des IVK-Aufrufs aus der BRD gehörten: der Marxistische Studentenbund Spartakus, VDS und SHB, die Deutschen Jungdemokraten, die VVN/Bund der Antifaschisten, der Jugendarbeitskreis der DFU, die Arbeitsgemeinschaft "Pläne" und das Jugendmagazin "elan".
Von dieser Sofioter Konferenz an liefen die Vorbereitungen für das X. Festival mehrgleisig auf vollen Touren. Die wichtigsten organisatorischen Arbeiten fielen dabei erstens dem IVK zu, speziell seinem Arbeitsausschuß mit Exekutivgewalt, der "zeitweilige Arbeitsgruppe" genannt, während der 2. Tagung des IVK im Oktober 1972 aber traditionell in die "Ständige Kommission" umgetauft wurde und der von Vertretern nationaler Vorbereitungskomitees und nationaler Jugendverbände beschickt wird; zweitens dem am Orte des zukünftigen Geschehens wirkenden Koordinationssekretär Vidal; drittens dem Organisationskomitee der DDR unter Leitung des Sekretärs des Zentralrates der FDJ, Erich Rau.
Bereits einen knappen Monat nach der konstituierenden Sitzung des IVK, am 18. Februar 1972, erfolgte in Ost-Berlin die Gründung des Nationalen Vorbereitungskomitees der DDR im Beisein von WBDJ-Präsident Roberto Viezzi. Sein Präsident wurde kein Geringerer als Erich Honecker. An weiteren prominenten DDR-Politikern gehören dem NVK an: Willi Stoph, Vorsitzender des Ministerrates; Hermann Axen, Sekretär des ZK der SED; Werner Lamberz, ebenfalls Sekretär des ZK der SED und von 1955 bis 1959 Sekretär des WBDJ; Horst Sindermann, 1. Stellvertreter Willi Stophs; Paul Verner, Sekretär des ZK der SED; Herbert Warnke, Vorsitzender des FDGB; Erich Mielke, Minister für Staatssicherheit. Insgesamt stellt das NVK mit 118 Personen einen Querschnitt durch alle Berufe dar. Sein Aufruf zum Festival ist deshalb bemerkenswert, weil Angriffe gegen die Bundesrepublik völlig fehlen. Als Musterländer des Imperialismus, der auf dem Festival im Mittelpunkt der Angriffe stehen wird, sind lediglich die USA und Israel genannt, an keiner einzigen Stelle die sonst so oft attackierte "imperialistische deutsche Bundesrepublik".
Die wichtigsten Vorbereitungsbeschlüsse für die X. Weltfestspiele traf der Zentralrat der FDJ auf seiner 4. Tagung am 29. Februar 1972. Hier wurden die Generalien des Festival festgelegt, dezidierte Maßnahmen zur Vorbereitung des Festivals in den FDJ-Grundorganisationen und Pionierfreundschaften getroffen und die Vorbereitungszeit in drei Etappen eingeteilt. Die einzelnen Etappen umschließen die Monate von den Mitgliederversammlungen der FDJ im März 1972 bis zum "2. Festival der Jugend der UdSSR und der DDR" im Juni und Juli 1972, sodann die Zeit vom September 1972 bis Februar 1973, schließlich die letzte Phase vom März 1973 bis zum Festival.
In der ersten Etappe "geht es darum, alle Mädchen und Jungen durch konkrete Aufträge in die weitere Verwirklichung der Beschlüsse des VIII. Parteitages der SED und des IX. Parlaments der FDJ einzubeziehen" ("Neues Deutschland" am 1.3.1972). In der 2. Etappe erhält jedes Mitglied der FDJ seinen "abrechenbaren Festivalauftrag". "Die unmittelbare Vorbereitung des Weltjugendtreffens, wie u.a. die Auswahl der Teilnehmer und Rechenschaftslegungen, werden im Mittelpunkt der dritten Etappe stehen."
Bei den organisatorischen Vorbereitungen wurden die Erfahrungen der Festivalveteranen, insbesondere der Mitarbeiter der III., 1951 in Ost-Berlin veranstalteten Weltfestspiele berücksichtigt; sie liefen so gut an, daß im April 1972 bei einem ersten Informationsbesuch der zeitweiligen Arbeitsgruppe des IVK die WBDJ- und ISB-Generalsekretäre Therouse und Fadl el Fahdi der DDR ein Lob aussprachen.
Am 22. Juni 1972 tagte das Nationale Vorbereitungskomitee der DDR unter Erich Honecker zum zweiten Male in Berlin. Das Datum war sicher nicht zufällig gewählt – es ist der Jahrestag des Hitler-Überfalls auf die Sowjetunion im Jahre 1941. Die Konferenz in Verbindung mit diesem Termin diente Honecker dazu, die Festspiele als Instrument für Frieden und Sicherheit zu deklarieren und in diesem Geiste ihre forcierte Vorbereitung zu fordern.
Inzwischen entstanden in den Städten und Bezirken der DDR regionale Vorbereitungskomitees, die gebietsweise die Vorbereitungen steuern sollten. Die wichtigste dieser Gründungen war die Konstituierung des Festivalkomitees der DDR-Hauptstadt am 4. August 1972. Die vordringlich zu bewältigenden Aufgaben des Berliner Vorbereitungskomitees liegen in der Beschaffung von Unterkünften, in der Versorgung und medizinischen Betreuung der zu erwartenden Gäste und in der Durchführung der noch notwendigen baulichen Maßnahmen für die kulturellen und sportlichen Programme des Festivals. Von politischem Interesse ist die Umbenennung des "Walter-Ulbricht-Stadion" in "Festivalstadion an der Chausseestraße".
Propagandistisch herausgestellt wurde die 2. Tagung des Internationalen Vorbereitungskomitees am 5. Und 6. Oktober 1972 in Berlin. Den Auftakt dazu gab eine Pressekonferenz mit Dominique Vidal, der u.a. mitteilte, daß bereits 50 von 140 geplanten nationalen Vorbereitungskomitees aktiv seien – mehr als bei irgendeinem Festival zuvor (Mitte Februar 1973 existierten NVKs in 76 Staaten; es fehlten also am "Soll" noch über 60). An dieser Tagung nahmen Delegierte aus rund 60 Staaten sowie 5 Jugendorganisationen teil. Wichtige Ergebnisse waren die Festlegung der genauen Lösung des X. Festivals mit dem Slogan "Für antiimperialistische Solidarität, Frieden und Freundschaft" sowie die Gründung eines Internationalen Solidaritätsfonds der X. Weltfestspiele. In dem Aufruf dazu heißt es: "In vielen Ländern hängt die Beteiligung an den Weltfestspielen von den finanziellen und materiellen Möglichkeiten der fortschrittlichen Jugend- und Studentenorganisationen ab. Das ist vor allem der Fall in den Ländern, wo die Jugendlichen die Studenten, die Völker im Kampf stehen gegen die imperialistischen und kolonialistischen Aggressionen, gegen die faschistische Unterdrückung, für die Befreiung und die nationale Unabhängigkeit, für die Demokratie. Wir müssen alles tun, um der Jugend dieser Länder zu ermöglichen, auf den X. Weltfestspielen angemessen vertreten zu sein.
Im Dezember 1972 erschien die erste Ausgabe von "Festival"; dem Organ des IVK für die X. Festspiele. Diese Zeitschrift hat ihre Tradition zur Vorbereitung von Weltfestspielen; zum Berliner Festival wird sie in sechs Sprachen herausgegeben.
Am 16. Februar 1973 tagte das NVK der DDR zum dritten Mal zwecks Erörterung der dritten und letzten Vorbereitungsetappe. Im Mittelpunkt der Beratungen stand das Festivalprogramm einschließlich seiner repräsentativen Eröffnung.
Zur Finanzierung der Weltfestspiele wurde viel Phantasie aufgewendet: Festivallotterie und Preisausschreiben, Spenden von Privatleuten, Betrieben und Organisationen (der FDGB gab 1 Million Mark). Die größten Leistungen aber wurden wohl den jugendlichen Werktätigen abverlangt. Diese Vorgänge verdienen besondere Betrachtung (vgl. S. 27 ff.). Bereits im März 1972 erließ der Minister für Finanzen eine Anordnung, nach der alle Volkseigenen Betriebe ein "Konto junger Sozialisten" zu bilden hatten; darauf mußten 85% des durch Initiative der Jugend erzielten wirtschaftlichen Nutzens eines Betriebes zusätzlich zu Entlohnung eingezahlt werden. Im Januar 1973 hatte das Konto der Weltfestspiele eine Höhe von 15 Millionen Mark erreicht.
Vorbereitungen in Form von sportlichen Veranstaltungen liefen bei der FDJ seit dem 19. März 1972 mit dem Start zu "Festivalsportstafette". Daneben gab es eine Reihe von Turnieren, vom "Tischtennisturnier der Tausende" über die "kleine Friedensfahrt" bis zum Kanuwettbewerb "Jagt die Meister", sowie die Aktion "Wer schafft – braucht Kraft", die "Aktion Stahlroß", "100 km zu Fuß durch das Heimatgebiet" und "Wen schafft ihr?" – Die Festival-Vorbereitungen des DTSB gehen auf seine 6. Tagung vom April 1972 zurück, auf der er seine Mitarbeit unter folgender Aufgabenstellung zusagte:
Erziehung der Sportlerinnen und Sportler der DDR im Geiste des Sozialismus, des Friedens und der Völkerfreundschaft,
Stärkung und Festigung des Brüderbundes mit der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Staaten;
Allseitige Erfüllung der aus dem Sportplan 1972/73 des DTSB resultierenden Aufgaben;
Demonstration des hohen Entwicklungsstandes unserer sozialistischen Körperkultur durch ein niveauvolles Festivalprogramm.
Die Mobilisierung der Werktätigen zur kulturellen Mitarbeit begann mit einem Initiativprogramm der Weimarerwerker im März 1972, auf deren Vorschläge hin die Aktivtagung der Volkskunstschaffenden der DDR im April ein umfassendes kulturelles Vorbereitungsprogramm beschloß. In einem offenen Brief an alle Volkskunstschaffenden der DDR heißt es dazu: "In den neuen Liedern und Tänzen, Gedichten und Erzählungen, Programmen und Darbietungen, in Bildern und Plastiken wollen wir die Schönheit und den Reichtum unserer sozialistischen Wirklichkeit, die Kampf- und Einsatzbereitschaft der Bürger der DDR, ihre Lebensfreude und ihre Siegeszuversicht gestalten." Diese Aufforderungen waren allerdings nicht immer vom Erfolg begleitet. So erbrachte ein Lied-Preisausschreiben der FDJ zwar 600 Einsendungen, davon waren aber nur 11 "brauchbar"; den anderen wurde "gedankliche Oberflächlichkeit" attestiert.
Die Musik soll – wie bei allen Festivals – in Berlin eine große Rolle spielen, wohl nicht zuletzt deshalb, weil ihre emotionalisierende und nivellierende Wirkung massenpsychologisch besonders effektiv ist. Neben dem Wettberwerb der Komponisten, zu dem der Sender "Stimme der DDR" im September 1972 aufrief, einem Schlagerwettbewerb und einem zentralen Lehrgang für junge Autoren und Amateurkomponisten zwecks neuer Lieder für die X. Weltfestspiele ist ein Massenchor aus den vereinigten Berliner Chören geplant, der 2500 Sängerinnen und Sänger umfassen soll. Im Mai 1972 erfolgte ein Preisausschreiben für das Lied der X. Weltfestspiele. Nach Ablauf der Frist am 1. Oktober 1972 wurden Paul Dessaus Komposition mit dem Text von Jens Gerlach zum Festivallied Nr. 1 gekürt: "Die junge Welt ist in Berlin zu Gast, und sie schert sich nicht darum, ob es dem Feinde paßt...".
Besondere Sorgfalt gilt natürlich dem DDR-"Nationalprogramm", für das der Chefregisseur der Deutschen Staatsoper, Erhard Fischer, verantwortlich zeichnet. Fischer erklärte zum Inhalt: "Das Nationalprogramm soll die Haltung der Jugend der DDR zur Partei der Arbeiterklasse und zu ihrem Staat, ihre Verbundenheit mit der Sowjetunion, ihre Lebensfreude und ihre Erziehung im Geiste des sozialistischen Patriotismus und des proletarischen Internationalismus besonders sinnfällig zum Ausdruck bringen." In dem rund 90 Minuten dauernden Nostop-Programm wirken etwa 1200 junge Leute mit.
Als eines der ständigen Zentren während der gesamten Festspiele wird die Humboldt-Universität mit ihrer Veranstaltungsreihe "Die Jugend der Welt klagt den Imperialismus an" fungieren, deren Höhepunkt ein großes Tribunal auf dem August-Bebel-Platz werden soll, wo "auf großen Filmprojektionsflächen und von internationalen Kämpfern gegen den Imperialismus ... das Fazit der Anklage der Weltjugend gegen den Imperialismus gezogen" wird (Junge Welt v. 28.12.1972).