Kaum ein Amtsantritt eines US-Präsidenten war so belastet wie der von Donald Trump. Angesichts zahlreicher verbaler Entgleisungen im Wahlkampf und seiner offenen Geringschätzung demokratischer Prinzipien eilten Trumps Einzug ins Weiße Haus, jenseits historisch niedriger Zustimmungswerte und gewaltiger Gegendemonstrationen, grundlegende Zweifel an seiner Regierungsfähigkeit voraus. Zugleich nährte sein nationalistisches Programm im In- und Ausland Befürchtungen eines Bruchs mit traditionellen Linien der US-Politik.
Diese sind nach Trumps ersten Schritten im Amt nicht verflogen. Zwar ist er mit zentralen Vorhaben wie dem Einreiseverbot für Staatsangehörige sieben muslimisch geprägter Länder oder dem Rückbau der allgemeinen Krankenversicherung vorerst gescheitert und hat sich von seiner ursprünglichen außenpolitischen Haltung etwa zu einer Intervention in Syrien und der Bedeutung der NATO entfernt. Aber nach wie vor setzt er auf Konfrontation und Polarisierung, diffamiert politische Gegner, Medien und Justiz, legt "alternative Fakten" vor und widerspricht sich selbst. Sein Regierungsstil erscheint so eigenwillig wie chaotisch und vor allem: unberechenbar.
So sind viele jener Fragen weiterhin offen, die sich seit Trumps überraschender Wahl stellen: Wie "disziplinierend" wirkt das System der checks and balances? Was ist von einer Politik unter der Maxime "Amerika zuerst" zu erwarten, die die Vereinigten Staaten "wieder großartig machen" soll? Und was bedeutet Trumps Präsidentschaft für die tief gespaltene amerikanische Gesellschaft, für die liberale Weltordnung und für die Handlungsfähigkeit der internationalen Gemeinschaft?