Die Infrastruktur- und Investitionspolitik der Kommunen zeichnet sich gleich in mehrfacher Hinsicht durch einen ausgeprägten Schnittstellencharakter aus. Schon die semantische Bedeutung verdeutlicht dies: Das lateinische Ursprungskompositum – bestehend aus den Worten infra (unterhalb) und structura (Zusammenfügung) – verweist auf die Strukturierung des öffentlichen Raums durch einen adäquaten Unterbau als Funktionsvoraussetzung des öffentlichen Gemeinwesens. Dazu bedürfen nicht nur die technischen Schnittstellen zwischen verschiedenen materiellen Infrastrukturen einer permanenten und fachkundigen Unterhaltung. Vielmehr verweist die durch technische Eigenarten begründete Investitionsintensität öffentlicher Infrastrukturen auf die fiskalische und ökonomische Dimension kommunaler Infrastrukturpolitik.
Die föderale Finanzverfassung des Grundgesetzes (GG), die für die öffentliche Investitionspolitik verschiedene Mischfinanzierungsformen von Bund, Ländern und Gemeinden vorsieht, begründet ebenenübergreifende Abstimmungsnotwendigkeiten, die neben den fachlichen Koordinationserfordernissen zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren zu bewältigen sind. Eine weitere Schnittstelle besteht zwischen technischen und sozialen Infrastrukturen, die gerade auf kommunaler Ebene wichtige Voraussetzungen für die soziale Integrationsfähigkeit der örtlichen Gemeinschaft schaffen.
So gesehen, bildet der bestehende infrastrukturelle "Unterbau" einen Teil der materiellen Ausformung des im Grundgesetz nur abstrakt normierten gesellschaftlichen Überbaus. Denn sowohl die Formel vom "sozialen Bundesstaat" (Artikel 20 Absatz 1 GG) als auch das in der Staatsrechtslehre entwickelte Prinzip der "öffentlichen Daseinsvorsorge" sind in der föderalen Verfassungspraxis auf Konkretisierung angewiesen. Nicht umsonst werden in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung mit Blick auf die öffentliche Infrastruktur die Termini vom "öffentlichen Kapitalstock" beziehungsweise "Anlagevermögen" genutzt.
Die komplexen Koordinationsanforderungen als inhärentes Wesensmerkmal kommunaler Infrastrukturpolitik werden durch "exogene" Einflussfaktoren potenziert. So müssen Kommunen als unmittelbarer Lebensraum der Menschen angesichts der globalen Herausforderungen – Klimawandel, demografischer Wandel, Digitalisierung, ökonomische Globalisierung – verstärkte Anpassungsleistungen erbringen. Gerade für die öffentlichen Infrastrukturen – oft jahrzehntealte und zentral gesteuerte Großnetze – sind grundlegende technologische Umrüstungs- und Umbaumaßnahmen absehbar. In Städten, in denen der über lange Zeiträume aufgebaute Investitionsstau inzwischen zu einem Höchststand an Nachhol- und Ersatzbedarfen geführt hat, die eigentlich vorrangig bedient werden müssten, um alleine den bestehenden gesetzlichen Standards genüge zu leisten und den Status quo zu erhalten, erhöhen sich die vorausschauenden Planungs- und Steuerungsanforderungen immer weiter. Dies gilt umso mehr, da die Option "Totalverschleiß bis zur Grundinstandsetzung" mit dem Prinzip der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht vereinbar ist.
Vor diesem Hintergrund skizziere ich in diesem Beitrag zunächst das finanz- und haushaltspolitische Umfeld der Kommunen einschließlich ihrer Infrastruktur- und Investitionsbedarfe. Die Darstellung stützt sich dabei unter anderem auf die Auswertung einer Umfrage unter den Kämmereien der deutschen Kommunen von 2015. Anschließend werden die Planungs- und Steuerungsanforderungen problematisiert, die sich für die Kommunen aus den zum Teil extrem disparaten demografischen, technischen und fiskalischen Herausforderungen der Infrastrukturpolitik – insbesondere für wachsende Städte – ergeben. Zwar hat man insbesondere im Bereich der kommunalen Finanz- und Haushaltssteuerung seit Einführung der doppelten Buchführung (Doppik) ein neues Planungs- und Steuerungsinstrumentarium, das auch den Vermögensbestand der Städte und Gemeinden abbildet. Die Steuerungsmöglichkeiten dieses Instrumentariums werden in der kommunalen Infrastrukturpolitik bisher aber nur selten ausgeschöpft. Die steuerungstheoretischen Erfahrungen der 1970er Jahre mahnen diesbezüglich zur Vorsicht. Doch hinsichtlich einer fach- und periodenübergreifenden Infrastrukturplanung bestehen – so meine These – in vielen Kommunen noch Optimierungsmöglichkeiten.
Finanz- und haushaltspolitische Lage
In der Bundesrepublik sind es die Kommunen, die über 60 Prozent aller öffentlichen Investitionen tätigen – noch weit vor Bund und Ländern. Dies ist naheliegend. Denn in den Städten und Gemeinden werden die meisten öffentlichen Leistungen und Güter von den Bürgerinnen und Bürgern in Anspruch genommen: von Kindergärten über Schulen, Straßen und Brücken, der Trink- und Abwasserversorgung, der Energie- und Abfallwirtschaft, den verschiedenen öffentlichen Ämtern bis hin zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sowie den Sportstätten und Friedhöfen.
Um dieses vielfältige Leistungsangebot bereitstellen zu können, sieht Artikel 28 Absatz 2 GG nicht nur eine kommunale Selbstverwaltungsautonomie vor, sondern auch eine entsprechende Finanzierungsverantwortung. In der Verfassungspraxis erweist sich die Finanz- und Haushaltslage der Kommunen allerdings als sehr heterogen. So erzielte die kommunale Ebene in der kumulierten Gesamtbetrachtung zwar auch 2016 wieder einen leichten Finanzierungsüberschuss in Höhe von 3,1 Milliarden Euro. Dieser fiel aber nicht nur etwas schwächer als 2015 aus, als er 4,2 Milliarden Euro betrug, auch im Vergleich zu den Überschüssen des Bundes (7,7 Milliarden Euro) und der Länder (4,7 Milliarden Euro) schnitten die Kommunen schwächer ab. Angesichts des günstigen Zinsumfeldes konnte 2016 ebenfalls die kumulierte Verschuldung in den kommunalen Kernhaushalten abgebaut werden. So sanken die Kreditmarktschulden plus Kassenkredite von 2015 auf 2016 um 1,5 Prozent von 129,5 auf 127,5 Milliarden Euro. Allerdings blieben die Zinsvorteile der Landkreise, Städte und Gemeinden mit rund elf Milliarden Euro im Zeitraum von 2008 bis 2014 deutlich hinter entsprechenden Zinsersparnissen des Gesamtstaates mit rund 200 Milliarden Euro zurück.
Die durchschnittliche Steuerkraft von Städten und Gemeinden variiert bereits seit Jahren beträchtlich – und zwar sowohl zwischen den Bundesländern als auch innerhalb der Länder. 2016 reichte die Spanne in der Pro-Kopf-Betrachtung von 712 Euro in Mecklenburg-Vorpommern bis 1484 Euro in Hessen. Auch was die Verschuldung angeht, sind die Kommunen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich stark betroffen. 2016 verzeichneten nur die Kommunen im Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen einen jeweils leichten Zuwachs ihrer Kreditmarktverschuldung in den Kernhaushalten. Mit 1723 Euro pro Kopf führen die hessischen Kommunen die Liste der am höchsten verschuldeten Kommunen an. Dahinter folgen die rheinland-pfälzischen (1452 Euro), saarländischen (1376 Euro), nordrhein-westfälischen (1284 Euro) und niedersächsischen (1165 Euro) Kommunen. Im Gegensatz dazu konnten die Gemeinden der anderen Flächenländer ihre Pro-Kopf-Verschuldung sowohl 2015 als auch 2016 abbauen.
Zu einem wichtigen Gradmesser für die Finanzsituation der Städte und Gemeinden hat sich in den vergangenen Jahren der Bestand an Kassenkrediten entwickelt. Das Gesamtvolumen dieser kurzfristigen Liquiditätskredite, die eigentlich zur Überbrückung zeitweiliger Zahlungsengpässe dienen sollen, ist seit Mitte der 1990er Jahre beständig gestiegen. In den vergangenen vier Jahren hat sich diese Entwicklung abgeflacht, und 2016 konnte erstmals ein Rückgang konstatiert werden. So erreichten die Kassenkredite aller gemeindlichen Kernhaushalte am 31. Dezember 2016 einen Stand von 46,4 Milliarden Euro (Vorjahr: 49,6 Milliarden Euro). Zu einem Aufwuchs der Kassenkredite kommt es – nicht nur – aber schwerpunktmäßig bei den Kommunen, die ohnehin schon hoch verschuldet sind und über eine vergleichsweise geringe Finanzkraft verfügen. Dies trifft vor allem auf die Städte und Gemeinden im Saarland, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz zu. Dort verfestigt sich inzwischen ein Sockelbestand an Kassenkrediten.
In regelmäßigen Abständen brandet in den Medien eine öffentliche Erregungswelle über Schlaglöcher in Straßen, kaum mehr einsatzfähige Infrastruktur in den Bürger- und Meldeämtern sowie marode und vom Schimmel befallene Schulen auf. Inzwischen ist der Investitionsstau in den Kommunen so groß, dass die niedrigen Investitionsausgaben nicht mal mehr ausreichen, um den öffentlichen Kapitalstock zu erhalten, da die Nettoinvestitionen geringer sind als die Abschreibungen. Deswegen verwundert es kaum, dass der von den Kommunen mit mehr als 2000 Einwohnerinnen und Einwohnern geschätzte Investitionsrückstand in der Hochrechnung für Deutschland 2015 abermals leicht gestiegen ist und eine Gesamtsumme von 136 Milliarden Euro erreicht hat (Abbildung).
Die Hälfte des gesamten Rückstandes entfällt zu fast gleichen Teilen auf den Bereich Straßen und Verkehrsinfrastruktur sowie den Bereich Schulen und Erwachsenenbildung. Während der Anteil der Straßen und Verkehrsinfrastruktur am gesamten Rückstand seit 2012 in etwa gleich geblieben ist, hat der Rückstand bei der Bildungsinfrastruktur im gleichen Zeitraum kontinuierlich an Gewicht gewonnen. Deren Anteil am Gesamtrückstand liegt heute acht Prozentpunkte über dem Wert von 2012. Dabei hat sich der Anteil der Kommunen, die bei Schulen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung einen nennenswerten oder gravierenden Rückstand ausmachen, zumindest seit 2013 kaum verändert. Dies weist darauf hin, dass der Investitionsstau in den betroffenen Kommunen als immer umfangreicher wahrgenommen wird – und das in einem Infrastrukturbereich, der einen besonders wichtigen Beitrag zum Erhalt der Standortqualität von Gemeinden leistet. Denn mit hochwertigen Bildungsangeboten wird in die fachlichen und sozialen Kompetenzen der im Ort lebenden Menschen investiert und damit ein Beitrag zu ihrer Qualifizierung auch für die lokalen und regionalen Arbeitsmärkte geleistet.
Am Beispiel der Kinderbetreuung wird erkennbar, dass sich die Investitionstätigkeit der Kommunen mithilfe entsprechender Finanzierungsprogramme durchaus beeinflussen lässt. Der Anteil der Kommunen, die in diesem Infrastrukturbereich einen mindestens nennenswerten Investitionsrückstand wahrnehmen, ist von 2012 bis 2015 von 40 Prozent auf 23 Prozent gesunken. In der absoluten Höhe konnte der Rückstand dabei um gut ein Fünftel reduziert werden. Hier greifen offenbar die vom Bund aufgelegten Investitionsprogramme – insbesondere zum Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren.
Der forcierte Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen geht aber zulasten anderer Infrastrukturbereiche. Denn sowohl die finanziellen Ressourcen als auch die organisatorischen Kapazitäten von Städten, Gemeinden und Landkreisen werden offenbar verstärkt so eingesetzt, dass die von Bund und Ländern bereitgestellten (Bildungs-)Zuwendungen in Anspruch genommen werden können. Dies hat zur Folge, dass entsprechende Verwaltungskapazitäten an anderer Stelle fehlen. Im Lichte des seit 2006 deutlich rückläufigen Personalbestandes in den kommunalen Bau- und Verkehrsverwaltungen stützt dies die Verdrängungseffekt-These. Ähnliches lässt sich auch für den Bereich der Wasserver- und -entsorgung konstatieren, vor allem in (finanzschwachen) kleinen und mittleren Städten. Dort ist der geschätzte Investitionsrückstand 2015 gegenüber dem Vorjahr um 16 Prozent gestiegen. In Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern ist der Rückstand sogar 32 Prozent höher als 2014. Die vergleichsweise geringen Investitionen in die Netze lassen sich – trotz Entgeltfinanzierung und Kostendeckungsgebot – in beiden Fällen am ehesten durch fehlende personelle und administrative Ressourcen erklären, die zur Planung und Realisierung von solch komplexen Baumaßnahmen erforderlich sind.
Wachsende Städte
Die eigentliche Tragweite dieser kommunalen Investitionsrückstände als Ausfluss eines sehr disparaten finanz- und haushaltspolitischen Umfeldes wird erst erkennbar, wenn zusätzlich demografische Entwicklungstrends berücksichtigt werden. Auch wenn die sozialräumlichen Verteilungswirkungen der demografischen Entwicklung (Schrumpfung, Alterung und Migration) in den Städten und Gemeinden genauso heterogen ausfallen wie die Vielfalt der über 11000 deutschen Kommunen, so sind doch einige Trends unverkennbar.
Während ländliche Regionen eher schrumpfen, wächst eine nicht unwesentliche Zahl an Städten – und zwar nicht nur in den Metropolregionen um Hamburg, München, Frankfurt am Main, Köln und Berlin. Auch in wirtschaftlich prosperierenden Kommunen und Universitätsstädten wie Jena, Münster, Freiburg, Brandenburg an der Havel, Potsdam oder Lübeck führt das Bevölkerungswachstum zu immer stärkeren "Wachstumsschmerzen". Vor allem die steigenden Nutzerzahlen der öffentlichen Infrastrukturen sind eine Herausforderung. Denn Städte können von ihrer räumlichen Ausdehnung her allenfalls bedingt wachsen. Gleichzeitig sind die großteiligen Infrastrukturnetze oft veraltet und wenig anpassungsfähig. Um sowohl höhere Auslastungsgrade als auch neue Anforderungen an Klima- und Umweltschutz bewältigen zu können, bedarf es deshalb neuer raum- und ressourcenschonender Technologien. Nicht umsonst verweisen Begriffe wie "Energiewende", "Wärmewende" und "digitale Wende" auf den Anspruch einer Systemtransformation, die meist auf eine Schaffung dezentraler und modular verknüpfbarer Teilnetze ausgerichtet ist.
Mit Blick auf den städtischen Verkehr und die Vermeidung von Verkehrsinfarkten wird eine Stärkung des Umweltverbundes (ÖPNV, Fahrrad- und Fußverkehr) einschließlich des dafür notwendigen Neuzuschnitts der verfügbaren Verkehrsflächen unausweichlich werden. Um Wohnraum für eine zunehmende Zahl an Einwohnern zu schaffen und gleichzeitig der "Versingelung" und Gentrifizierung zu begegnen, wird die Frage nach Möglichkeiten und Grenzen der Quartiersverdichtung immer virulenter. Da Nutzungskonkurrenzen und -konflikte durch die erhöhte Wohnraumnachfrage einerseits sowie die steigende Nachfrage nach gewerblichen Flächen andererseits zunehmen werden, braucht es eine aktive Stadt- und Quartiersplanung. Zudem ist eine integrierte Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik vonnöten, die auch ein aktives Liegenschaftsmanagement einschließt, um im Idealfall Eigentum, Planung, Entwicklung und Vermarktung von Flächen in städtischer Hand zu bündeln.
Angesichts dieser Herausforderungen fällt die Diskrepanz zwischen hochgerechneten Investitionsbedarfen und tatsächlich getätigten Investitionen umso gravierender aus. Denn auf Basis der Angaben der Kommunen ergab sich für 2015 ein hochgerechnetes Investitionsvolumen in Höhe von 24,5 Milliarden Euro. In beinahe allen Infrastrukturbereichen blieben dabei die tatsächlichen Investitionen hinter den Planungen zurück und lagen damit meist auch deutlich unter dem Niveau von 2014. Dabei entfielen die meisten Investitionen auf die beiden Bereiche mit den höchsten Bedarfen: Straßen und Verkehrsinfrastruktur (29 Prozent) sowie Schulen und Erwachsenenbildung (20 Prozent). Für 2016 planten die Kommunen wieder Investitionen in Höhe von fast 27 Milliarden Euro. Dabei sollte es bei der gestiegenen Bedeutung dieser beiden Hauptinvestitionsbereiche bleiben, da – gemäß Hochrechnung – eine absolute Zunahme des Investitionsvolumens in Höhe von 0,4 Milliarden Euro für den Straßenbereich beziehungsweise 0,7 Milliarden Euro für die Schulen anvisiert wurde. Im Verhältnis zum Investitionsniveau 2015 sollte insbesondere in die öffentlichen Verwaltungsgebäude (plus 45 Prozent), die Informationsinfrastruktur (plus 27 Prozent), die Sportstätten und Bäder sowie die Wohnungswirtschaft (jeweils plus 26 Prozent) verstärkt investiert werden.
Kommunale Infrastrukturplanung und -steuerung
Trotz der positiven Entwicklung der beiden zurückliegenden Jahre sind die Erfolge zur Beseitigung des kommunalen Investitionsstaus doch bescheiden geblieben. Der Zwang zur Haushaltskonsolidierung trifft in Zeiten der Schuldenbremse auch die Kommunen. Gleichzeitig gestaltet sich jedoch auch die Suche nach Investitionsansätzen, die die öffentlichen Haushalte nicht übermäßig belasten, schwierig. Oft erweisen sich entsprechende Finanzierungsmodelle als zu komplex, als zu wenig lukrativ für private Investoren und/oder als zu risikoreich für die Kommunen. Angesichts der jahrelangen Vernachlässigung sowie der nun altersbedingt steigenden Ersatzbedarfe der bestehenden Infrastrukturen, die im Zuge der großen Investitionswellen in den 1960er und 1970er Jahre erbaut wurden und nun die gesetzlichen Abschreibungsdauern zum Teil schon überschritten haben, ist dies doppelt problematisch.
Um dieser Entwicklung zumindest ansatzweise entgegenzuwirken, hat der Bund in den vergangenen Jahren diverse Programme zur Ankurbelung der Investitionstätigkeit der (finanzschwachen) Kommunen aufgelegt. Dazu zählt die Aufstockung der Programme zur Städtebauförderung auf 700 Millionen Euro, die Verdoppelung der Wohnungsbauförderung auf eine Milliarde Euro, das Investitionsprogramm "Kinderbetreuungsfinanzierung 2017–2020" mit einer Aufstockung des entsprechenden Sondervermögens um über 1,1 Milliarden Euro oder der erst jüngst aufgelegte Investitionspakt "Soziale Integration im Quartier", der mit 200 Millionen Euro ausgestattet wurde.
Die Vielfalt an Förderprogrammen begründet ein Paradox: Obwohl derzeit deutlich mehr Geld im System ist als zu früheren Zeiten, besteht eine gewisse Unübersichtlichkeit hinsichtlich der Förderschwerpunkte und -verfahren. Angesichts personeller und administrativer Engpässe aufseiten der Kommunen führt dies dazu, dass der Mittelabruf in einzelnen Programmen oft nur schleppend gelingt. Nicht umsonst musste 2016 – wie bereits schon zuvor das Investitionsprogramm "Kinderbetreuungsfinanzierung 2008–2013" – das Sondervermögen "Kommunalinvestitionsförderungsfonds" kostenneutral verlängert werden, um die von den Kommunen nicht fristgerecht abgerufenen Mittel länger verfügbar zu halten. Die Inflation an Programmen ist aber auch ein Indiz für eine grundlegende Schieflage in den föderalen Finanzbeziehungen zwischen den Ebenen. Denn offenbar fehlt es einer Mehrzahl an Ländern und Kommunen an einer hinreichenden finanziellen Grundausstattung, um den eigenen infrastrukturellen Bedarfen einigermaßen gerecht zu werden.
Dahinter steht ein grundsätzliches Problem: Der Stellenabbau in den Verwaltungen von Ländern und Gemeinden im Zuge der Haushaltskonsolidierung der vergangenen 20 Jahre hat dazu geführt, dass die Personaldecke vielerorts derart dünn ist, dass einige Fachdezernate und Ämter nicht selten schon bei längeren Ausfällen einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder in Phasen erhöhter Krankenstände kaum noch handlungsfähig sind. Dies gilt in besonderer Weise für die öffentlichen Bauverwaltungen, die im Zuge der Ausgründung kommunaler Eigenbetriebe oft aufgelöst, ausgelagert oder im Personalbestand zumindest deutlich dezimiert wurden.
Da zudem die Tarifstruktur im öffentlichen Dienst – im Gegensatz zur Privatwirtschaft, die ebenfalls händeringend nach Ingenieuren, Architekten und Bauplanern sucht – vergleichsweise unattraktiv ist, wird es immer schwieriger, geeignetes Fachpersonal zu finden. Das allgemein hohe Durchschnittsalter in Deutschland sowie der Abbau entsprechender Ausbildungskapazitäten der Länder werden die Personalbedarfe in den kommunalen Bauverwaltungen mittelfristig deutlich verschärfen. Wachsen die infrastrukturellen Nachhol- und Ersatzbedarfe bei gleichzeitig steigenden Beteiligungsbedürfnissen von Politik und Öffentlichkeit an entsprechenden Bauvorhaben jedoch weiter, kann eine solche Personalsituation in den kommunalen Stadtplanungs- und Bauämtern nur zu weiteren zeitlichen und qualitativen Einbußen bei Planung, Ausführung, Finanzierung und Prüfung von öffentlichen Investitionsvorhaben führen.
Es ist kein Zufall, dass die Länder in den Verhandlungen zur Reform des Bund-Länder-Finanzausgleichs zugestimmt haben, dass ihre Zuständigkeiten für die Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen ab 2021 an den Bund beziehungsweise an eine einzurichtende Autobahngesellschaft übertragen werden sollen. Da dazu auch das bisher zuständige Personal der Kommunen an den Bund überführt werden soll, befürchten Kritiker nun, dass kurzfristig notwendig werdende Neueinstellungen bis dahin vermieden werden. Für die Länder hat der Umstand, nicht mehr Adressat öffentlicher Kritik für den in Teilen maroden Zustand und den schleppenden Ausbau der Autobahnen zu sein, offenbar mehr Gewicht als der Erhalt ihrer föderalen Autonomie und eigener Gestaltungsmöglichkeiten. Diese könnten aber gerade mit Blick auf eine integrierte Verkehrswegeplanung und die Koordination von Schnittstellen zwischen Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen durchaus bedeutsam sein.
Die Infrastrukturplanung der Kommunen steht aber noch vor weiteren Herausforderungen. Viele Städte sind inzwischen in einer Konzernstruktur organisiert – bestehend aus Kernverwaltung und ausgelagerten Eigenbetrieben und Beteiligungen. In den zurückliegenden zwei Jahrzehnten sind es vor allem die Zuständigkeiten für die klassischen Infrastrukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge gewesen, die an entsprechende Einheiten übertragen wurden. Allerdings sind die Kommunen dabei unterschiedlich vorgegangen: Die rechtlichen Organisationsformen, die Beteiligungs- und Mitspracherechte der kommunalen Eigner in den jeweiligen Konzernteilen sowie die bilanziellen Berichts- und Gewinnabführungspflichten sind höchst vielfältig – sowohl innerhalb der einzelnen Kommunen als auch im interkommunalen Vergleich.
Infolge dieser Umstrukturierungen ist es zu einer Fragmentierung der Daseinsvorsorge gekommen: Zwar begünstigt die Stärkung dezentraler Zuständigkeiten einzelner Konzernteile eine effizienzorientierte Spezialisierung und Flexibilisierung des öffentlichen Infrastrukturbetriebs. Gleichzeitig kann die damit verbundene Entpolitisierung jedoch auch den Zusammenhalt und die Koordination aller konzerneigenen Einheiten der öffentlichen Daseinsvorsorge – zum Beispiel zum Zweck einer stadtübergreifenden Strategiebildung – erschweren. Dies gilt vor allem für größere Städte, in denen sich Konzerntöchter oft in einem immer komplexer und intransparenter werdenden Netz zu eigenständigen Satelliten entwickeln, deren Band zu den politisch letztverantwortlichen Institutionen (Stadt- oder Gemeinderat) immer loser wird. In der Folge schwindet nicht selten das Bewusstsein für den gemeinsam wahrzunehmenden Daseinsvorsorgeauftrag. Auch hierin liegt ein Grund, warum es in Deutschland inzwischen immer wieder zu Rekommunalisierungen kommt.
In der kommunalen Konzernstruktur ist eine natürliche Spannungslage angelegt, die mit Blick auf die wirtschaftlichen und haushalterischen Vorteile dieser Struktur durchaus beabsichtigt ist. Kommunale Eigenbetriebe und Beteiligungen dürfen – je nach Rechtsform – zwar nicht ausschließlich dem Gewinnerzielungszweck verpflichtet sein, müssen aber sowohl im Eigeninteresse als auch im Interesse der kommunalen Eigner möglichst rentabel arbeiten. Dazu sind sie in ihrer Struktur, Arbeitsweise und Refinanzierung – noch stärker als die öffentliche Verwaltung – dem Wirtschaftlichkeitsprinzip und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen verpflichtet. Dies gilt in besonderer Weise für die Bereitstellung beitrags- oder gebührenfinanzierter Infrastrukturen wie den ÖPNV, die Trink- und Abwasserwirtschaft, die Energieversorgung sowie die Strom- und Telekommunikationsnetze. Entsprechend verfolgen kommunale Kernverwaltung und Eigenbetriebe bei der Bereitstellung und dem Unterhalt von Infrastrukturen auch jeweils eigene Interessen. Unterschiedliche Planungskulturen und -logiken in rechtlich selbstständigen Einheiten befördern zudem eine Fokussierung auf die Infrastruktur im eigenen Verantwortungsbereich. Auch das entsprechende Know-how sowie die Daten- und Informationserfassung zum Zustand der jeweiligen Anlagenbestände werden oft isoliert und gemäß dem unternehmerischem Eigenbedarf vorgenommen. Dabei gibt es verschiedene Infrastrukturen, für die sowohl in der Kernverwaltung als auch bei einzelnen Konzerntöchtern gemeinsame Zuständigkeiten bestehen. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, begründen oft diverse technische Schnittstellen entsprechende Koordinationsbedarfe.
Mit der Einführung der Doppik auf kommunaler Ebene wurde diesem Umstand in vielen Städten und Gemeinden insofern Rechnung getragen, als neben Instrumenten wie der Kosten- und Leistungsrechnung auch eine Anlagenbuchhaltung eingeführt wurde, um die Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Leistungserbringung zu erfassen und die Anlagenbestände städtischer Infrastrukturen als Vermögen zu inventarisieren. Da diese Erfassung oft stichtagsbezogen zur Einführung der Anlagenbuchhaltung erfolgt ist, musste die Mehrzahl der Vermögensbestände in ihrem Wert durch Schätzungen taxiert werden. Nicht nur aufgrund dieser Näherungswerte, sondern auch wegen der gesetzlich normierten Abschreibungsdauern ist die Anlagenbuchhaltung als Planungsinstrument zur Schätzung zukünftiger Infrastrukturbedarfe deshalb noch deutlich ausbaufähig. Denn zum einen erfolgt die Zustandserfassung bestehender Infrastrukturen oft nicht einheitlich und systematisch, zum anderen sind die realen Abschreibungszeiträume aufgrund erhöhter Abnutzungseffekte meist deutlich kürzer.
Eine stärkere Verzahnung von Datenbeständen der einzelnen Bauverwaltungen, die meist über detaillierte Kenntnisse zum Zustand ihrer Infrastrukturen verfügen, und den Kämmereien könnte längerfristige Finanz- und Tragfähigkeitsplanungen für zukünftige infrastrukturelle Ersatz- und Erweiterungsbedarfe erleichtern. Dabei geht es nicht um eine Aufwertung der Kämmereien im Sinne einer Zentralisierung. Vielmehr bedarf es einer Governance, die die Schnittstellen sowohl zwischen einzelnen Einheiten der Kernverwaltung als auch zwischen Kernverwaltung und Auslagerungen kontinuierlich pflegt.
Fazit und Ausblick
Kommunale Infrastruktur- und Investitionspolitik erweist sich als eine komplexe und mehrdimensionale politische Planungs- und Steuerungsaufgabe, die diverse Schnittstellen zu nahezu allen anderen kommunalen Politikfeldern aufweist. Da viele Infrastrukturen von Bürgerinnen und Bürgern tagtäglich genutzt werden, birgt das Politikfeld hinreichend (mediales) Erregungspotenzial. Marode oder nicht funktionierende Infrastrukturen entfalten mithin hohen politischen Druck. In einer Zeit, in der die Finanz- und Haushaltspolitik aufgrund gestiegener Konsolidierungspflichten – auch auf kommunaler Ebene – viel von ihrem ursprünglich "dienenden" Charakter verloren hat und immer mehr "erzieherische" Momente aufweist, wird jedoch auch in den Städten und Gemeinden eine vorausschauende Infrastrukturplanung immer schwieriger. Dabei wäre sie dringend notwendig: Angesichts der hohen Investitionsbedarfe und der langen Planungs- und Abschreibungshorizonte müsste die Umstellung auf klimaresiliente und ressourceneffiziente Technologien schon heute forciert werden. Wenn aber die investitionspolitischen Gestaltungsspielräume der Kommunen durch restriktive finanz- und haushaltspolitische Maßgaben – zum Teil auch durch die Aufsichtsbehörden der Länder durchgesetzt – immer weiter beschnitten werden, sind oft nur noch reine Unterhaltungsinvestitionen möglich. Besonders klamme Kommunen können selbst solche Investitionen oft kaum leisten.
Bei genauerer Betrachtung wird hier ein Nachhaltigkeitsdilemma erkennbar: Ein austeritätspolitisch begründeter Verzicht auf Investitionen mag kurz- und mittelfristig dazu beitragen, Haushaltsdefizite und Schuldenstände abzubauen. Allerdings begründet ein jährlicher Aufwuchs bestehender Investitionsbedarfe aufgrund einer Vernachlässigung des kommunalen Anlagevermögens umso größere haushalterische Nachhaltigkeits- beziehungsweise Tragfähigkeitslücken in der Zukunft. Denn ohne eine kontinuierliche Pflege bestehender Infrastrukturen wachsen entsprechende Aufwendungen exponentiell. Die Verschiebung der Lasten auf spätere Zeiten, die Kritiker oft gegen eine (übermäßige) öffentliche Verschuldung ins Feld führen, erfolgt im Falle einer zu restriktiven Haushaltspolitik in die andere Richtung: Defizitäre Infrastrukturen belasten gegenwärtige Generationen und haben nachteilige volkswirtschaftliche Effekte.
Diese sehr starke Vereinfachung verdeutlicht, welche Folgen es haben kann, wenn einzelne Politiken und handlungsleitende Paradigmen einseitig und isoliert verfolgt werden. Kommunale Infrastruktur- und Investitionspolitik ist immer auch Finanz- und Haushaltspolitik und bedarf deshalb eines integrierten Planungsansatzes, der auf einem fach- und periodenübergreifenden Diskurs aufsetzt. Voraussetzung dafür ist – gerade auch in fiskalisch schwierigen Zeiten – ein gesamtstädtischer Gestaltungsanspruch, mit dem Perspektiven aufgezeigt werden können, die über das einzelne Haushaltsjahr und den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung hinausweisen. Mit neuen Beteiligungsverfahren und Planungsinstrumenten können dann auch unterschiedliche Akteure und Stakeholder (einschließlich der Bürgerinnen und Bürger) in derartige Prozesse einbezogen werden.
Instrumente wie Bürgerhaushalte, Leitbild- und Strategieprozesse sowie Beteiligungsverfahren in Planungsphasen großer Infrastrukturprojekte stoßen in Deutschland bisher zwar auf mäßige Resonanz und werden auch von den Verwaltungen kritisch rezipiert. Denn oft wird das Verhältnis von Aufwand und Ertrag in den ohnehin personell unterbesetzten Verwaltungen hinterfragt. Nichtsdestotrotz bieten sie aber erste Ansätze, um (wieder) auf breiterer gesellschaftlicher Basis über die Frage zu diskutieren, wie die Kommunen ihren Daseinsvorsorgeauftrag auch mit Blick auf die öffentlichen Infrastrukturen wahrnehmen sollten. Daraus dürften sich dann auch Anstöße für die Frage ergeben, wie bisher isolierte Fachplanungen für einzelne Infrastruktursysteme zusammengeführt werden können, um die notwendig werdenden Transformationsprozesse in den Kommunen zu gestalten.