This is Automation" betitelte die Firma General Electric einen fast 30-minütigen Lehrfilm.
Auffällig ist, dass sich, sei es im US-amerikanischen, sei es im deutschen Diskurs, bestimmte Topoi finden, die die Debatte seit ihrem Beginn in den 1950er Jahren kontinuierlich prägen. Sie wirken merkwürdig vertraut und wenig überraschend. Seit mehr als einem halben Jahrhundert sind es ähnliche Argumentationsfiguren, Versprechungen, behauptete Notwendigkeiten und Befürchtungen, die mit der Automatisierung der Arbeitswelt einhergehen und die nur leicht variieren. Bereits im Kontext des sogenannten Maschinensturms
Im Folgenden steht die westdeutsche Debatte um Automatisierung von den 1950er bis in die 1980er Jahre im Mittelpunkt. Es wird der auffälligen Persistenz der Argumentationsfiguren nachgegangen, vor allem anhand der Debatte um die Automatisierung der Industriearbeit.
Zeitliche Konjunkturen
Die Automatisierung der Arbeitswelt wurde bereits in den 1950er Jahren und erneut in verdichteter Weise in den 1970er und 1980er Jahren auf breiter gesellschaftlicher Ebene erörtert. Diese Konjunkturen sind wenig überraschend. Die Entwicklung von Computern und die damit verbundenen Vorstellungen eines "Elektronengehirns" lösten in engem Zusammenhang mit der Kybernetik als Wissenschaft der Steuerung und Regelung in den 1950er Jahren eine Automatisierungsdebatte aus, auch wenn Automatisierungsprozesse und Computerisierung erstens nicht gleichzusetzen sind und zweitens zu dieser Zeit weitaus stärker Gegenstand des Diskurses als Realität der Arbeitswelt waren. Insbesondere der Einsatz von (rechnergestützt) numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen (NC/CNC) in Fabriken seit den 1950er Jahren, aber auch erste Automatisierungen, beispielsweise in der Erdöl- und der chemischen Industrie, sorgten für Diskussionen. Der Einsatz von Industrierobotern seit den 1970er Jahren, die Mikroelektronik und die Hoffnungen auf computerintegrierte Produktion in den 1980er Jahren bildeten den Hintergrund für eine erneute gesellschaftliche Debatte. Nach einer euphorischen Phase mit hohen Erwartungen kehrte in den 1980er Jahren allerdings Ernüchterung ein, nachdem man vielfach feststellen musste, dass die Potenziale der Automatisierung überschätzt worden waren.
Der Diskurs war durchgängig von einer Polarisierung charakterisiert, die sich gleichfalls bis heute findet. Während von Unternehmen, Management und Ingenieuren tendenziell die Vorteile der Automatisierung, ja ihre Notwendigkeit für Wohlstand und Fortschritt im eingangs genannten Sinn betont wurden, drehten sich die Argumente von Soziologen, Medien und Gewerkschaften weitaus stärker um die Gefahren der Automatisierung, vor allem um das Verschwinden der Arbeit, die Ersetzung des Menschen und mögliche Dequalifizierungsprozesse.
Diskurse um Technik sind immer auch Legitimations- und Aushandlungsprozesse sowie Teil eines Verständigungs- und Bewältigungsprozesses. Sie verweisen auf Leitbilder zur Arbeit, zur Gesellschaft und zum Menschsein. Daher ist es sowohl für die historische Forschung als auch für gegenwärtige Debatten wichtig zu verstehen, dass seit den 1950er Jahren stets ähnliche Argumentationsmuster zu finden sind. Sie verdeutlichen nicht nur den hohen Stellenwert von Erwerbsarbeit in der Gesellschaft, sondern offenbaren auch Konzepte von Arbeitsverhältnissen und -inhalten, Vorstellungen und Erwartungen zur Bedeutung der Menschen im Arbeitsprozess sowie das jeweilige Konzept der Arbeitsgesellschaft.
Ersetzung versus Befreiung
Der Topos der "Ersetzung des Menschen" ist vermutlich die am häufigsten zu findende, medienwirksamste und plakativste Diskursfigur in der Debatte um Automatisierung. Sie ist jedoch vielschichtiger, als es auf den ersten Blick erscheint. Sie changiert zwischen, erstens, der Idee der Beseitigung der Fehler- und Störquelle Mensch; zweitens, der Idee der Befreiung der Menschen von monotoner, unangenehmer und körperlich belastender Arbeit; drittens, der Angst vor Ersetzung, die zu Arbeitslosigkeit und, viertens, dem Überflüssigwerden der Menschen im Arbeitsprozess führe.
Störquelle Mensch.
Seitens Ingenieuren und Management wurde die Ersetzung des Menschen häufig gleichgesetzt mit der Überwindung der menschlichen Fehlerhaftigkeit, mit höherer Produktivität und präziseren Arbeitsprozessen. Vor allem unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Beginn der 1950er Jahre wurde dies deutlich in Vorstellungen einer "menschenleeren Fabrik". Besonders prägnant formuliert findet sich diese Vision in einem vielzitierten englischem Beitrag in der Zeitschrift "Fortune" aus dem Jahr 1946, der das Programm der Ersetzung von Menschen bereits im Titel führte: "Machines Without Men". Die Autoren beschrieben eine automatisierte Fabrik, in der flexible Maschinen billige Produkte herstellen. Die mit Sensoren ausgestatteten Maschinen würden besser arbeiten als Menschen, besser sehen, besser hören, besser tasten und besser Information verarbeiten. Automatisierung schien eine reibungslose, ununterbrochen ablaufende, fehlerfreie Produktion zu versprechen. Der Mensch wurde dagegen als Grenze der Automatisierung wahrgenommen; die Technik sei ihm in einer Weise überlegen, dass sie auf den unvollkommenen Menschen Rücksicht nehmen müsse. "Die begrenzte Reaktionsgeschwindigkeit des Menschen", so wurde beispielsweise konstatiert, "konnte mit der Arbeitsgeschwindigkeit der Maschinen häufig nicht mehr Schritt halten".
Ersetzung als Befreiung.
Bald, bereits seit Mitte der 1950er Jahre, hielten sich Ingenieure und Unternehmensvertreter allerdings damit zurück, diese Erwartungen eindeutig zu formulieren – eine interessante Verschiebung im Automatisierungsdiskurs. Das Bild der "menschenleeren Fabrik" wurde fortan nicht gleichermaßen unbefangen als Vorteil dargestellt. Zu sehr war es zu einem von Gewerkschaften und Medien immer wieder gezeichnetem Schreck- und Feindbild geworden. Stattdessen wurde die "Befreiung" des Menschen hervorgehoben. In den 1970er Jahren war beispielsweise nicht mehr von Ersetzung die Rede, sondern von der "Befreiung vom Takt", von schwerer körperlicher, monotoner oder gefährlicher Arbeit zugunsten anspruchsvollerer, verantwortlicherer (Steuerungs-)Tätigkeiten. Automatisierung wurde daher bereits seit den 1950er Jahren und erneut in den 1970er und 1980er Jahren auch als Überwindung der Restriktionen und Unmenschlichkeiten des Taylorismus gedeutet.
Noch in den 1950er und 1960er Jahren war das Verschwinden körperlicher Arbeit allerdings nicht nur ein Fortschrittsversprechen hin zu einer humanen Arbeitswelt. Es war zugleich ein massiver Transformationsprozess, der das "Ende des Malochers" einleitete und auch kritisch kommentiert wurde. Die Soziologen Hans Popitz und Hans-Paul Bahrdt argumentierten in ihrer Studie "Technik und Industriearbeit" beispielsweise gegen die negative Konnotation der körperlichen Arbeit. Sie wiesen auf die vielfältigen Formen der Arbeit hin, die der Geschicklichkeit, der Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit, des Körpereinsatzes und der Erfahrung bedurften.
Ersetzung und Angst vor Arbeitslosigkeit.
Dies prägt insbesondere den Diskurs der Gewerkschaften und Soziologen, eng verbunden mit Bedenken wegen möglicher Dequalifizierungsprozesse. Bereits in den 1950er Jahren hatte der Kybernetiker Norbert Wiener dramatische Bilder gemalt. Das Problem der Arbeitslosigkeit als Preis der Automatisierung sei "eine sehr wesentliche Schwierigkeit der modernen Gesellschaft".
Anthropologische Angst vor der Ersetzung.
Der Topos der "Ersetzung des Menschen" hat eine weitere Dimension. Insbesondere in den 1950er Jahren wurde angesichts der Möglichkeit, dass Technik, vor allem das sogenannte Elektronengehirn, den Menschen ersetzen könne, Erschrecken geäußert. Wiener sprach von der "unheimlichen Fähigkeit" der Maschinen, "menschliches Verhalten nachzuahmen".
Die Sorge um die Position des Menschen im Arbeitsprozess durchzieht die Debatten seit den 1950er Jahren, und auch im Kontext von Industrie 4.0 spielt sie wiederum eine erhebliche Rolle. Hier finden sich allerdings Konjunkturen und Wandlungen im Diskurs. In den 1950er Jahre dominierte das Entsetzen über die Möglichkeit, der Mensch sei in all seinen Tätigkeiten, auch den geistigen, ersetzbar.
Ende der Arbeitsgesellschaft versus Kompensationsthese
Der Topos der "Ersetzung des Menschen", der einerseits Fortschritts- und Wohlstandsversprechen einer von anstrengender Arbeit befreiten Welt, andererseits Angst vor Arbeitslosigkeit, Existenzverlust und dem Überflüssigwerden des Menschen in anthropologischer Hinsicht implizierte, war, wiederum seit den 1950er Jahren, eng verknüpft mit dem Topos des "Endes der Arbeitsgesellschaft". Für eine Gesellschaft, die sich wesentlich über Erwerbsarbeit definierte, war die Frage nach der Bedeutung und dem Stellenwert von Arbeit zentral, nicht nur in anthropologischer, sondern vor allem auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht. Das Verhältnis von Muße, Freizeit und Arbeit wurde intensiv diskutiert.
Vor dem Hintergrund der "Ächtung des Müßiggangs"
In den 1970er und 1980er Jahren wiederholte und intensivierte sich, nun in einer ökonomisch krisenhafteren Zeit, die Debatte um das Ende der Arbeitsgesellschaft. Automatisierung war inzwischen ein realer Prozess, nicht mehr nur der antizipierende Diskurs, wie es zumeist in den 1950er Jahren noch der Fall war. Nicht nur in den Medien war das Ende der Arbeitsgesellschaft immer wieder Thema. Es entspann sich ein Diskurs, der von Soziologen, Philosophen und Ökonomen geführt wurde und sich bis zum Anfang des neuen Jahrtausends erstreckte. Im "Merkur" diagnostizierte Ralf Dahrendorf 1980, dass der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgehe.
Gegen die Unkenrufe vom Ende der Arbeitsgesellschaft wurde die sogenannte Kompensationsthese gesetzt: Verschwindende Arbeitsplätze würden stets durch neu entstehende kompensiert und daher könne keine Rede vom Ende der Arbeitsgesellschaft sein.
Historisch betrachtet ist die Persistenz der Ängste vor Arbeitslosigkeit und dem Ende der Arbeitsgesellschaft bemerkenswert, weil die Entwicklungen, mit denen sie verbunden waren, mit einer Erhöhung der Erwerbsquote einhergingen und das Ende der Arbeitsgesellschaft nicht kam. Die Ängste scheinen daher, so wird heute häufig argumentiert, irrational, unnötig und die Kompensationsthese treffender zu sein. Doch greift diese Sichtweise zu kurz. Notwendig ist ein geschärfter Blick auf die Konzepte, die Rhetorik und die impliziten Vorstellungen, die sich im Diskurs zeigen.
Der Topos von der "Ersetzung" beziehungsweise des "Verschwindens der Arbeit" entspricht erstens einer anthropozentrischen Sichtweise, denn die Arbeit verschwindet nicht, sondern sie wird von Technik, von Maschinen gemacht. Sie verschwand in Teilen für den Menschen, der sich bislang als zentral in Arbeitsprozessen dachte. Es ist zweitens eine Perspektive westlicher Industriestaaten, keine globale. Und drittens offenbaren die Diskurse bis in die 1980er Jahre hinein, wie stark aus der Perspektive der Industriegesellschaft argumentiert wurde. Dies betraf nicht nur das Verschwinden der körperlichen Arbeit, sondern vor allem die Gleichsetzung des Verschwindens bestimmter Formen der Industriearbeit mit dem Ende der Arbeitsgesellschaft. So konstatierte beispielsweise Dahrendorf 1982 in der "Zeit": "Der Weg zurück in die Arbeitsgesellschaft ist uns verbaut."
Fazit und Ausblick
Die Art und Weise, wie Arbeit organisiert wird, bestimmt Lebensweisen, Konsum, Identität und, in einer Arbeitsgesellschaft wie der der westlichen Gesellschaften seit dem 18. Jahrhundert, auch die Frage der Selbstdeutungen der Menschen. Die Automatisierungsdiskurse, insbesondere in den 1950er bis in die 1980er Jahre, machen diese gesellschaftliche und anthropologische Bedeutung von Arbeit überdeutlich. Auffällig ist die Persistenz der eng verknüpften Topoi der "Ersetzung des Menschen", des "Verschwindens der Arbeit" und des "Endes der Arbeitsgesellschaft".
Heute haben sich, auch im Zuge der Digitalisierung, neue Formen der Arbeit ausgebildet. Die damit verbundenen Diskurse sind noch detailliert zu untersuchen, drehen sich jedoch offensichtlich um die Ambivalenzen neuer Selbstständigkeit, Freiheit und Flexibilität einerseits und Prekarisierung und Ausbeutung andererseits. Darüber hinaus gleichen die Argumentationsfiguren auffällig den hier beschriebenen. Das "Ende der Arbeit" und die "Ersetzung des Menschen" durch Maschinen sind wieder Thema;
Die Persistenz der Argumentationsfiguren mag den Eindruck erwecken, es handle sich um die stets gleichen Bedenken, um aufgeregte Diskurse, die sich im Laufe der Zeit als haltlos erweisen werden, gleichwohl aber bei jedem Automatisierungsschub erneut auftauchen. Gleichwohl wäre diese Lesart, wie bereits angedeutet, zu einfach und würde die historische Entwicklung unterschätzen. Sicher, Arbeit verschwand nicht. Doch handelte es sich um gravierende Transformationsprozesse. Ein Diskurs um Technik ist immer auch ein Aushandlungsprozess über das, was gesellschaftlich erwünscht und machbar ist. Selten tritt genau das ein, was versprochen und befürchtet wird, zumal die Akteure zumeist ihrer Zeit verhaftet bleiben und die zukünftigen gesellschaftlichen Veränderungen aufgrund der Komplexität und des Zusammenwirkens verschiedener technologischer Entwicklungen nicht vorauszusehen sind. Mit der Automatisierung der Arbeitswelt ging jedoch das Verschwinden von Tätigkeiten und von Berufen einher, und sektorale Verschiebungen traten ein. Die Entstehung neuer Arbeitsplätze und Tätigkeitsfelder bedeutete massive Veränderungen der Arbeitswelt, der Arbeitserfahrungen, der Qualifikationen und Berufsstrukturen. Automatisierungsprozesse erzeugten immer auch Verlierer: Arbeitskräfte, deren Qualifikationen und Kompetenzen nicht den neuen Jobs entsprachen.
Die Veränderungen, die mit dem derzeitigen Digitalisierungsschub bevorstehen, sind noch nicht absehbar. Eine Tendenz seit Beginn der Verwendung von Computern im Arbeitsprozess scheint jedoch unverkennbar: Computer, Roboter, Automatisierung durchdringen immer mehr Bereiche. Es gelingt, sie immer mehr Tätigkeiten übernehmen zu lassen. Die Zahl der "technischen Delegierten" (Bruno Latour) steigt. Sie schreiben einfache Sportreportagen, beraten Finanzberater, ersetzen Lehrende und werden teils schon an Hotelrezeptionen eingesetzt. Ob dies zu einer "Ersetzung des Menschen" führen wird, zu neuen Jobs für Menschen, während die alten von Robotern übernommen werden, oder zu einer ganz neuen Form der Mensch-Computer-Kollaboration, wie es derzeit im Diskurs um Industrie 4.0 betont wird, bleibt abzuwarten. Die Tätigkeiten und Strukturen der Arbeitswelt werden sich mit der Digitalisierung verändern, wenn auch vermutlich in anderer Weise, als es derzeit debattiert wird. Der erneute Diskurs ist aber als Teil gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse unabdingbar, auch mit den altbekannten Argumenten.