Beim Begriff "Unternehmer" denken viele Menschen spontan an Persönlichkeiten wie Rudolf-August Oetker, den kürzlich verstorbenen Dübelerfinder Artur Fischer oder an den "Schraubenkönig" Reinhold Würth. Menschen also, die für das klassische Bild des hemdsärmeligen Unternehmertypus stehen: Sie kümmern sich nicht nur mit großem persönlichem Engagement um die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens und sind erfindungsreich, sondern übernehmen zugleich auch eine besondere Verantwortung für ihre Mitarbeiter und für ihre Heimatregion.
Dieses Bild vom klassischen Unternehmer hat seine Wurzeln in der Phase der Industrialisierung, als der Unternehmer und seine Familie auch außerhalb der Werkshallen für "ihre" Arbeiter sorgten. Erfinder und Unternehmer wie Werner (von) Siemens, August Borsig oder die Stahlbarone Alfred Krupp und August Thyssen stehen für diese Zeit, weil sie – neben ihrem unternehmerischen Beitrag zum technischen Fortschritt – eine "Vaterfunktion" gegenüber ihren Beschäftigten und deren Familien übernahmen: Sie richteten Betriebsschulen für die Arbeiterkinder und Betriebskrankenkassen ein. Auch boten sie freiwillige Sozialleistungen wie Zuschüsse zum Wohnungsbau. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Arbeiterwohnsiedlung Margarethenhöhe in Essen, die Margarethe Krupp 1906 gründete. Allerdings darf man nicht verkennen, dass diese Form von Wohltätigkeit auch ein bestimmtes Ziel verfolgte: Die Unternehmer versuchten, die Arbeiter auf diese Weise zu binden und zu "entpolitisieren".
Vom Zwischenhändler zum eigentümergeführten Mittelstand
Blickt man in die Geschichte, so zeigt sich, dass es Unternehmertum gibt, seit Menschen Gegenstände austauschen: Der erste namentlich bekannte Unternehmer lebte in Babylon und wurde mit Zwiebeln reich. Dies ist in Keilinschriften überliefert, die im heutigen Irak gefunden wurden. Seine Geschäftsidee: Er fragte sich, warum Bauern Zwiebeln zwar für den Privatgebrauch anbauten, aber nicht auf dem Markt verkauften – und schon hatte er seine unternehmerische Aufgabe gefunden. Zugleich baute er damit eines der ersten Nischenunternehmen auf.
Dieses Unternehmerbild änderte sich mit der Industrialisierung: Mit Bewunderung richtete sich nun der Blick auf die Persönlichkeiten, die völlig neue Techniken, Produkte und Verfahren hervorbrachten – und zu kommerziellem Erfolg führten. So konstatierte der österreichisch-amerikanische Nationalökonom Joseph Schumpeter bereits 1912, "dass jemand grundsätzlich nur Unternehmer ist, wenn er eine neue Kombination durchsetzt",
Als später die Unternehmen stetig wuchsen, die während der Industrialisierung gegründet worden waren, nahm die Bedeutung der Leitungsfunktion der Unternehmer noch zu: Bis ins frühe 20. Jahrhundert verstand man sie als jemanden, der organisiert und die Produktionsfaktoren verwaltet. Infolge dessen konnten allerdings die Unternehmer von den angestellten Führungskräften nur über ihr Eigentum – das Unternehmen – unterschieden werden.
Fragt man heutzutage Wirtschaftsvertreter, mit welchen Merkmalen sie Unternehmer verbinden, dann bestätigen sich weiterhin die klassischen Eigenschaften: Orientierung an den Werten eines ehrbaren Kaufmanns (Vorsicht, Solidität, Vertrauen, Verantwortung), Eigenständigkeit, langfristige Erfolgsorientierung und regionale Verankerung.
Da bei Familienunternehmen Eigentum und Leitung in einer Hand liegen, kann auf der anderen Seite ein Inhaber in seinen Entscheidungen sehr flexibel agieren. Dies ist ein bedeutsamer Unterschied zu managergeführten Unternehmen. Sie werden entweder nicht mehr von Familienmitgliedern geleitet oder ihre Anteile befinden sich im Streubesitz, im Eigentum kirchlicher oder in der Hand öffentlicher Institutionen. In konzerngebundenen beziehungsweise abhängigen Unternehmen werden strategische Entscheidungen im Interesse und am Hauptsitz einer Unternehmensgruppe getroffen. Gewinne werden in der Gruppe und somit nicht notwendigerweise im einzelnen Unternehmen maximiert. Und die Interessen des einzelnen Unternehmens treten gegenüber den Konzerninteressen in den Hintergrund.
Generell besteht in managergeführten Unternehmen immer die Gefahr, dass die angestellten Geschäftsführer oder Vorstände aufgrund ihres Wissensvorsprungs eigene Ziele wie kurzfristige Gewinnsteigerung verfolgen beziehungsweise sich gegenüber einzelnen Stakeholdern opportunistisch verhalten. Beides können die Eigentümer oder Aktionäre schwer verhindern, da sie nicht jede Entscheidung unmittelbar beeinflussen können und ihnen zeitnahe Kontrollmöglichkeiten fehlen. Sie können daher nur versuchen, die angestellten Manager über Maßnahmen wie beispielsweise die Vergütung zu einem adäquaten Führungs- und Informationsverhalten zu bewegen. Dies ist jedoch mit Kosten verbunden, die in eigentümergeführten Unternehmen nicht oder kaum anfallen. Schließlich sind hier die Eigentümer oder die Familienmitglieder in der Geschäftsführung aktiv.
Gibt es den geborenen Unternehmer?
Was macht typische und erfolgreiche Unternehmer und Unternehmerinnen aus? Wie ticken sie? Ist dies angeboren? Gegen Mitte des 20. Jahrhunderts begann sich die Forschung mit der Frage auseinanderzusetzen, was das Besondere an den Unternehmerpersönlichkeiten des industriellen Zeitalters und denen sei, die beispielsweise den Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg maßgeblich vorantrieben wie der Nürnberger Waffen- und Metallfabrikant Karl Diehl, der Metro AG-Geschäftsführer Otto Beisheim oder der Verleger Axel Springer. Dahinter stand zum einen der Wunsch, das Geheimrezept für erfolgreiches Unternehmertum zu identifizieren. Zum anderen suchten nun auch die Führungsetagen in vielen Weltkonzernen, die mittlerweile aus dem Mittelstand "herausgewachsen" waren und in denen Manager das Sagen hatten, Antworten auf folgende Fragen: Wie kann der anfängliche Unternehmergeist bewahrt werden? Verliert eine Organisation zwangsläufig ihre Kreativität, sobald sie wächst und Manager statt des Eigentümer-Unternehmers das Tagesgeschäft übernehmen? Ist es gerade diese Trennung von Verantwortung und Leitung, die das Unternehmertum erstickt? Gibt es so etwas wie "unternehmerisches Management"?
Max Webers Studie zur protestantischen Ethik von 1904/05, in der er den Einfluss religiöser Erziehung auf unternehmerisches Verhalten untersuchte, kann als Vorläufer der wirtschaftswissenschaftlichen Unternehmerforschung gelten.
Inzwischen geht man davon aus, dass kulturelle und gesellschaftliche Normen und Werte die Person maßgeblich beeinflussen und unternehmerisches Verhalten also nicht angeboren ist, sondern erlernbar. Werden in Elternhaus und Schule den Kindern und Jugendlichen kreative Freiräume gelassen, wird ihnen zugestanden, dass sie Dinge ausprobieren dürfen und gleichzeitig mit Risiken auch Verantwortung für ihr eigenes Handeln übernehmen, dann bilden sich Eigenschaften heraus, die unternehmerisches Denken und Handeln ermöglichen. Hierzu gehört auch im Sinne von Wilhelm von Humboldt das "forschende Lernen", also ein verstärktes Lernen durch Handeln. Ebenso wichtig ist das Lernen aus Fehlern. Es geht also um Eigenschaften und Techniken, die generell nicht nur für die Gesellschaft, sondern für jeden einzelnen von Kindesbeinen an wichtig sind. Letztlich muss schließlich jeder Mensch Verantwortung für sein Leben übernehmen, so der Schweizer Publizist Robert Nef – was jeder Mensch auch von klein auf mit entsprechender Unterstützung seines sozialen Umfeldes kann. Damit rückt jedoch auch die Alltäglichkeit des Unternehmertums, des unternehmerischen Handelns in den Vordergrund: Jeder kann erfolgreich als Unternehmer tätig werden und sein, wenn er dies anstrebt – und sei es, um zum Unternehmer seiner eigenen Arbeitskraft zu werden, wie es heutzutage in zahlreichen Bereichen wie beispielsweise den Kreativ- oder Dienstleitungsbranchen üblich ist.
Unternehmerinnen – Die Unsichtbaren auf dem Vormarsch
Das Bild des "heroischen Einzelkämpfers", das im frühen 20. Jahrhundert aufkam, sorgte dafür, dass Unternehmertum lange als eine vorrangig männliche Angelegenheit wahrgenommen wurde.
Unternehmerinnen hat es jedoch immer schon gegeben, sie waren – und sind – nur weniger sichtbar. Im Handwerk beispielsweise hatten Meisterwitwen das Recht, die Geschäfte ihres verstorbenen Mannes weiterzuführen, ohne jedoch volle Zunftrechte zu besitzen. In Köln waren im 17. Jahrhundert sogar reine Frauenzünfte in frauentypischen Berufen wie der Weißnäherei bekannt.
Allerdings mussten Frauen lange Zeit von (vermeintlich) typisch weiblichen Verhaltensmustern abweichen, um als Unternehmerin anerkannt zu werden. Dies spiegelt sich beispielsweise in der Beschreibung der Modeschöpferin Jil Sander als "Magnolie aus Stahl"
Mittlerweile hat sich die öffentliche Wahrnehmung gewandelt: Unternehmerinnen sind heute selbstverständlicher geworden und werden auch stärker in ihrer Vielfalt gesehen: von der Handwerkerin oder der akademisch gebildeten Freiberuflerin bis zur erfolgreichen Leiterin des alteingesessenen großen Familienunternehmens im Stahlbau. Allerdings zeigen Studien, die die Presseberichterstattung in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre untersucht haben, auch, dass sich die Sichtbarkeit von Unternehmerinnen nur langsam ändert: Immer noch liegt die Gesamtzahl der Berichte über sie signifikant unter der Artikelanzahl zu Unternehmern. Auch werden weiterhin althergebrachte Stereotype und traditionelle Rollenbilder durch Klischees und Metaphern transportiert. Ein Thema, das beispielsweise immer wieder in Artikeln über Gründerinnen und Unternehmerinnen aufgegriffen wird, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Zweifellos ist dies eine Frage, die viele arbeitende Mütter beschäftigt. Mit dieser Art der Berichterstattung werden familienbezogene Aufgaben aber automatisch nur den Frauen zugeschrieben – das wiederum betont die doppelte Last, die Frauen im Berufsleben zu tragen haben. Und die unternehmerische Karriere wird zur "Nebensache".
Statistisch betrachtet sind frauengeführte Unternehmen im Durchschnitt immer noch kleiner als die Unternehmen von Männern. Das liegt aber nicht daran, dass Frauen keine größeren Unternehmen führen können oder wollen. Es liegt vielmehr daran, dass deutlich mehr Frauen eine Selbstständigkeit in Teilzeit ausüben. Entsprechend liegen die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden von selbstständigen Frauen mit 31,8 Stunden pro Woche deutlich unter denen von selbstständigen Männern mit 44,2 Stunden. Nicht zuletzt aufgrund ihres geringeren Arbeitsumfangs verdienen selbstständig arbeitende Frauen daher auch erheblich weniger als selbstständige Männer.
Und auch wenn frauengeführte Unternehmen häufig kleiner sind und sich vorrangig in bestimmten Sektoren wie der Bekleidungs- und Textilbranche oder der Medien- beziehungsweise Unternehmensdienstleistungsbranche finden, sagt dies doch nichts über ihre generellen Entwicklungschancen aus. So hat eine Studie des IfM Bonn festgestellt, dass Unternehmen, die von Frauen geführt werden, nicht grundsätzlich weniger innovativ sind als die von Männern geleiteten.
Familienunternehmen
Unternehmer und Unternehmerinnen genießen in Deutschland hohe Wertschätzung. Schließlich tragen sie maßgeblich zur Entwicklung und Stabilisierung der Volkswirtschaft bei. So besitzen die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die in einem mittelständischen Familienunternehmen arbeiten, in der Regel einen deutlich krisensichereren Arbeitsplatz als beispielsweise die, die in einem managergeführten Unternehmen beschäftigt sind. Das belegt eindrucksvoll eine Studie, die große Familienunternehmen und große managergeführte Unternehmen verglichen hat.
Größere Familienunternehmen schneiden aber nicht nur im Hinblick auf die Beschäftigung besser ab als Nichtfamilienunternehmen. Sie leisten durch ihre starke Innovationsorientierung auch einen großen Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft. So investierten beispielsweise 2012 die großen Familienunternehmen 3,3 Prozent ihres Jahresumsatzes in Forschung und Entwicklung, während der Anteil für alle Unternehmen in Deutschland nur bei 1,9 Prozent lag.
Eine besonders erfolgreiche Gruppe sind in dieser Hinsicht die sogenannten Hidden Champions. Hierbei handelt es sich um mittelständische Unternehmen, die sowohl regional verwurzelt als auch gezielt auf ausländischen Märkten unterwegs sind. Nach dem Motto "Think global and local" verfolgen die Unternehmer und Unternehmerinnen die Strategie der Nischenmarktführerschaft mit lokaler Einbettung in ihrer Heimatregion: Sie produzieren in engem Kundenkontakt hoch spezialisierte Produkte, die sie weltweit vertreiben und deren Einsatz sie unmittelbar betreuen. Eine weitere Stärke: Dadurch, dass sie individuelle Kundenprobleme – gleich ob technischer oder organisatorischer Art – lösen, kann ihr Angebot nicht ohne Weiteres von Mitbewerbern kopiert werden. Ihr Erfolgsgeheimnis liegt also in ihren Qualitätsstrategien, die sie mit der Konzentration auf ihre Kompetenzen verbinden.
Damit sind sie so erfolgreich, dass durchaus auch größere Unternehmen versuchen, die Qualitätsführerschaft beziehungsweise die Positionierung in einer Marktnische zu erreichen – die Großen kopieren also die Kleinen im Hinblick auf deren Vorteile. Eine Maßnahme in Großunternehmen und Weltkonzernen besteht beispielsweise darin, dass gezielt Unternehmensteile ausgegliedert werden, um so die Flexibilität von kleinen Unternehmen nachzuahmen. Ein anderer Weg ist, die Strategie der kundenindividuellen Produktion von kleineren Unternehmen zu imitieren: Dank der technologischen Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte ist dies Großunternehmen und Weltkonzernen teilweise auch möglich. Ihr Vorteil dabei: Aufgrund ihrer Größe können sie in weit höherem Maße als kleinere Weltmarktführer gezielt Personal-, Zeit- und Kapitalressourcen für zusätzliche Dienstleistungen und die Entwicklung innovativer Produkte nutzen.
Gleichwohl stehen die Familienunternehmen in Deutschland nicht im unmittelbaren Wettbewerb zu den Großunternehmen, sondern häufig in Ergänzung zu diesen. So finden sich in vielen Regionen Zuliefercluster und kleine, rechtlich selbstständige Unternehmen, die von den Großunternehmen Verwaltungs-, Vertriebs- und Dienstleistungsaktivitäten übernommen haben. Allein zwischen 2001 und 2009 wuchs das Arbeitsplatzangebot in den kleinen und mittleren Unternehmen, die beispielsweise wissensorientierte Dienstleistungen wie Unternehmensberatungen anbieten, um rund 37 Prozent, in den Großunternehmen hingegen lediglich um rund sieben Prozent.
Und trotz allem Erfolg, den die Familienunternehmen seit Jahrzehnten in Deutschland genießen – sie haben durchaus auch mit Tücken zu kämpfen: Denn gerade das, was sie so erfolgreich gemacht hat, der familiäre Zusammenhalt über Generationen hinweg, ist unter Umständen ein Hindernis für die zukünftige Unternehmensentwicklung. So hat eine Untersuchung des IfM Bonn gezeigt, dass gerade Unternehmer und Unternehmerinnen der ersten Generation die Treiber für Innovationen und Neuerungen sind.
Vorbild Deutschland
Die positive Entwicklung der Familienunternehmen in Deutschland findet gleichwohl seit geraumer Zeit weltweit Anerkennung – manche Nationen versuchen sogar, das deutsche Modell "Mittelstand" zu kopieren, um so die eigene Wirtschaftskraft anzukurbeln. Im August 2012 beispielsweise beschrieb der US-amerikanische Journalist Peter Ross Range den deutschen Mittelstand als secret weapon, nachdem er die deutsche Volkswirtschaft umfassend analysiert hatte.
Es darf aber auch nicht vergessen werden, dass für die Entwicklung des Mittelstands letztlich auch der ordnungspolitische Rahmen ursächlich ist, innerhalb dessen sich die Unternehmen frei bewegen. So kommt seit der Amtszeit von Ludwig Erhard als Bundeswirtschaftsminister (1949–1963) der Mittelstandspolitik auf Bundes- und Landesebene ein hoher Stellenwert zu: Seither wird jede kleine unternehmerische Initiative von den politisch Verantwortlichen als ebenso wertvoll angesehen wie die Aktivitäten umsatzstarker Unternehmen. Entsprechend sind mittelstandspolitische Maßnahmen sowohl auf Bundes- als auch Länderebene zu finden. So wirkte bereits Ende der 1960er Jahre die damalige Bundesregierung einer wirtschaftlichen Konzentration zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen entgegen. Eine Dekade später wurden bundesweit die Gründungen von Organisationen wie der Bundesagentur für Außenwirtschaft und der Außenhandelskammern initiiert, die die mittelständischen Unternehmen bei der zunehmenden Internationalisierung berieten und unterstützten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in der DDR viele der ostdeutschen Familienunternehmen in volkseigene Betriebe überführt oder die Unternehmer sind nach Westdeutschland geflohen. Nur wenige Handwerksbetriebe im Privatbesitz überlebten während der Zeit des Sozialismus. Nach der Wiedervereinigung wurden in den 1990er Jahren dann die Voraussetzungen für die Entwicklung von mittelständischen Unternehmen in den neuen Bundesländern geschaffen.
Und seit Mitte der 1990er Jahre kommt der Unterstützung von Gründungen jeglicher Art, auch aus Hochschulen heraus, sowie der Ausbildung unternehmerischer Fähigkeiten eine große Bedeutung zu. Dies zeigt sich nicht zuletzt an den vielen Förderprogrammen auf Bundes- und Landesebene, die seither aufgelegt worden sind.
Unternehmertum im Wandel
Unternehmer und Unternehmerinnen finden sich heute in vielen Bereichen unserer Wirtschaft. Und unternehmerisches Handeln findet heutzutage auch ohne die Bindung an ein Unternehmen beziehungsweise an einen Betrieb statt. Stattdessen steigt die Zahl der Selbstständigen, die Unternehmer ihrer eigenen Arbeitskraft sind: 1950 waren nur nur 32,5 Prozent der Erwerbstätigen und 23,1 Prozent der Selbstständigen im Dienstleitungsbereich tätig; 60 Jahre später sind es bereits 73,8 Prozent aller Erwerbstätigen. Dies belegt den Strukturwandel der Arbeit hin zu wissensintensiven Beschäftigungen – nicht zuletzt, weil viele der neuen Unternehmer einen Hochschulabschluss besitzen, teilweise aber auch eine Promotion. Daneben verzeichnen aber auch die künstlerischen Berufe hohe Zuwächse – und auch hier sind Menschen unternehmerisch tätig.
Die Folge dieser Entwicklung: Heute stellen viele der modernen Unternehmer und Unternehmerinnen ihre Produkte nicht mehr (nur) mit Hilfe anderer Menschen her, sondern allein mit ihrer eigenen Arbeitskraft. Die technologische Entwicklung der vergangenen Jahre hat dazu geführt, dass kleine und kleinste Betriebsgrößen möglich sind und die Wertschöpfung räumlich ungebundener ist. Im Gegensatz zu früher können somit Gründer in bestimmten Branchen wie dem Dienstleistungsbereich mit einem sehr viel kleineren Betriebsumfang starten, als er beispielsweise für eine industrielle Gründung erforderlich ist. Zu früheren Zeiten benötigten Gründer für die Realisierung ihrer Idee nicht nur Fachwissen, sondern auch Kapital für die erforderlichen Produktionsmittel. Heute reichen neben dem Fachwissen bisweilen auch schon ein Laptop, gute Kontakte und ein Internetanschluss aus. Deshalb steigt auch die Zahl der Gründungen in den Freien Berufen stetig an: Im vergangenen Jahr wagten 81100 Personen diesen Schritt, verglichen mit 1994 hat sich ihre Anzahl insgesamt um rund 130 Prozent erhöht.
Die technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen in den vergangenen Jahrzehnten haben zudem dazu geführt, dass die Grenzen zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung fließend geworden sind: Bestimmte Dienstleistungen, beispielsweise in den Kommunikationsberufen oder in der (nicht)technischen Beratung, können problemlos sowohl von Angestellten als auch von Selbstständigen erbracht werden. Dadurch ist zugleich der Weg in die berufliche Selbstständigkeit – und damit ins Unternehmertum – zu etwas Alltäglichem geworden. Die Entwicklung von selbstständiger und abhängiger Beschäftigung hat aber auch das klassische Bild von einem Unternehmen verändert: Früher herrschte das Leitbild "Starte klein und wachse" vor, viele der erfolgreichen großen Familienunternehmen sind aus kleinsten Anfängen entstanden. Im 21. Jahrhundert ist dies jedoch nicht mehr selbstverständlich: Immer mehr Existenzgründer gründen, um anschließend das Unternehmen zu verkaufen. Manche von ihnen gründen dann unter Umständen erneut ein Unternehmen. Und bei manchen Geschäftsmodellen wie Internetplattformen stellt sich sogar die Frage, ob es sich überhaupt noch um ein "Unternehmen" im althergebrachten Verständnis handelt.
All dies hat dazu geführt, dass Unternehmertum heute in vielerlei Form zu finden ist: Es gibt prekäres Unternehmertum, serielle Unternehmer, die ein Unternehmen nach dem anderen gründen, Sozialunternehmer, bei denen weniger die Gewinnmaximierung als der Beitrag zum Wohle anderer im Vordergrund steht, sowie Kulturunternehmer in den kreativen Branchen. Gleichwohl sind manche dieser Formen nicht neu: So gab es beispielsweise Gründungen aus der Not und in Folge von Katastrophen bereits vor Jahrhunderten: In den Niederlanden führten im 16. und 17. Jahrhundert sowohl Naturkatastrophen als auch Kriege dazu, dass die Landbevölkerung in die Städte zog. Da es dort keine Arbeitsplätze gab, gründeten sie einen Handwerksbetrieb oder ein Handelsunternehmen. Die Folge dessen war, dass 1620 bereits jeder zehnte Einwohner in Amsterdam ein eigenes Unternehmen besaß.