Als sich die Kampfbomber aus 2.000 Metern Höhe auf die Stadt stürzten, durchriss das schrille und markdurchdringende Heulen ihrer Sirenen die Stille der Nacht. "Plötzlich gab es eine Explosion auf dem Krankenhausgelände", berichtete ein Arzt. "Fensterscheiben klirrten und fielen auf mein Bett. Ich sprang auf, griff meine Kleidung und rannte ins Freie. In diesem Moment stürzte das Haus hinter mir zusammen. Überall lagen Trümmer und unter den Trümmern hörten wir Stöhnen. (…) Zwei Ordensschwestern, 4 Krankenschwestern und 26 Patienten sind bei dem Angriff getötet worden."
Mit diesem Angriff der deutschen Luftwaffe auf die polnische Stadt Wieluń am 1. September 1939, um etwa 4.35 Uhr, begann der Zweite Weltkrieg. Ohne Vorwarnung trafen die Bomben eine schutzlose Stadt und ihre Bewohner im Schlaf. Rund 1.200 Menschen wurden getötet, 90 Prozent des Stadtkerns zerstört. Wieluń war die erste zerbombte Stadt des Krieges. Im Ort hatten sich keine militärischen Einrichtungen oder Einheiten befunden, keine Kriegserklärung war dem Angriff vorangegangen. Die erste militärische Operation des Zweiten Weltkrieges war ein Kriegsverbrechen.
In den ersten zweieinhalb Jahren dehnte die Wehrmacht den deutschen Herrschaftsbereich auf halb Europa aus, doch schon im zweiten Kriegsjahr brachten britische Bomber den Krieg zurück nach Deutschland. Mit jedem weiteren Jahr erweiterte die Royal Air Force ihren Einsatzradius, seit 1943 zusammen mit den United States Army Air Forces. Abgesehen von schweren Angriffen auf Leipzig 1943/44 blieb Sachsen vom Luftkrieg weitgehend verschont – bis zum 13. Februar 1945.
In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 wurden die Dresdner Innenstadt und angrenzende Viertel durch zwei Angriffswellen der Royal Air Force vollständig zerstört. Ein Flammenmeer verschlang Straßen und Häuser und die darin Schutz suchenden Menschen. Aus der Hitze entwickelte sich ein orkanartiger Feuersturm, der den Asphalt schmelzen ließ, Bäume entwurzelte und Mauern emporschleuderte. In den haushohen Flammen verbrannten Menschen, viele erstickten in den Kellern, weil die Feuersbrunst der Luft den Sauerstoff entzog. 15 Quadratkilometer Stadtfläche brannten aus. Zwischen 19.000 und 25.000 Frauen, Männer
Bis zu diesem Zeitpunkt hatten viele Dresdnerinnen und Dresdner geglaubt, dass sie mit zunehmender Dauer des Krieges dem Frieden näher wären als den Kampfhandlungen. Das Gegenteil war der Fall. Wehrmacht und Volkssturm bekämpften mit allen Mitteln den Friedensschluss in einem Krieg, den sie schon lange verloren hatten. Je länger sie das Ende hinauszögerten, desto totaler wurde die Niederlage. Mit jeder weiteren Woche und jedem zusätzlichen Tag vergrößerten die alliierten Bomberflotten die Ruinenflächen deutscher Städte. Im Untergangsszenario des "Dritten Reichs" war das Inferno von Dresden nur eine weitere Kulisse.
Totaler Krieg
Nicht erst seit der Rede des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels 1943 im Berliner Sportpalast anlässlich der verlorenen Schlacht von Stalingrad war der Zweite Weltkrieg ein "totaler Krieg". Von Anfang an war die ganze Gesellschaft für den Krieg mobilisiert worden, standen sich die Volkswirtschaften der kämpfenden Staaten gegenüber, mit ihren Arbeitern, Unternehmern, Wissenschaftlern, Ärzten, Geistlichen und Landwirten.
Gleichzeitig geriet die Zivilgesellschaft in das Fadenkreuz des Militärs, weil sich viele Generalstäbler von der Bekämpfung der Bevölkerung eine größere Wirkung auf den Kriegsverlauf versprachen als von Offensiven an der Front. Bereits in einem Manöverbericht der Royal Air Force aus dem Jahr 1923 hatte man lesen können, dass der moderne Krieg "ein Wettstreit der Moral" sei,
Auch wenn das moral bombing der Royal Air Force keine wahrnehmbare Wirkung auf den Kriegswillen der deutschen Bevölkerung hatte: Als Abnutzungskrieg führten die Teppichbombardements zu einer erheblichen Beeinträchtigung der deutschen Kriegführung. So waren zwar 80 Prozent der Hamburger Industrieanlagen schon zweieinhalb Monate nach der verheerenden Bombardierung vom 25. Juli bis 3. August 1943 wieder funktionsfähig, aber infolge dieses Angriffs wurden 45 Prozent aller deutschen Jagdflugzeuge im Reich stationiert, die dann an der Front fehlten.
Dresden wurde schließlich von der über Jahre perfektionierten Militärmaschinerie Großbritanniens getroffen, das einen aufgezwungenen Krieg führte, den das NS-Regime aus irrationalen und menschenverachtenden Gründen nicht beendete.
Wie liegt die Stadt so wüst
Unter den vielen Kindern, die bei den Luftangriffen auf Dresden am 13. und 14. Februar 1945 ums Leben kamen, waren auch elf Kreuzschüler. Rudolf Mauersberger, der Kantor des Dresdner Kreuzchores, hielt nach 1951 seine Erinnerungen in einem Bericht fest. "Als ich endlich zur Kreuzschule kam, war alles menschenleer und wie ausgestorben. Das Gebäude brannte noch. Man konnte sich nicht aufhalten, weil man dauernd mit schlimmster Atemnot kämpfen mußte (…). So eilte ich im Laufschritt wieder zurück, auf den Großen Garten zu. Ich erfuhr dann erst, daß der Alumneninspektor mit den Alumnen aus dem brennenden Haus in den Großen Garten geflüchtet war. Diese Maßnahme entsprach den allgemeinen, auch immer wieder durch den Rundfunk gekommenen Anweisungen und Aufforderungen. Auf der Tiergartenstr. schossen die Tiefflieger ebenfalls in die Menge, wobei der Alumneninspektor, Herr Studienrat Gebauer, schwer verwundet wurde, der Hausinspektor und ein dreizehnjähriger Junge aus dem Kreuzchor, der neben Herrn Gebauer lag, getötet wurden. Die anderen Jungen sind unterwegs getötet worden, ein kleiner Zehnjähriger vor der Kreuzschule, drei noch im Haus durch Lungenriß und die übrigen, die nicht Alumnen waren, kamen in der elterlichen Wohnung mit ihren Angehörigen ums Leben."
Über keine andere zerstörte Stadt des Zweiten Weltkrieges ist so viel Fachliteratur und Belletristik publiziert worden wie über Dresden. Einer der auflagenstärksten Dresden-Romane wurde von Henri Coulonges verfasst und in der französischen Originalfassung 1979 veröffentlicht. Der deutsche Titel des Buches, "Dresden starb mit dir, Johanna", nennt die Protagonistin der Handlung, ein zwölfjähriges Mädchen, dessen Schicksal mit dem der Kruzianer und ihrem Kantor eng verwoben ist. Sie sieht die Kruzianer und ihren Kantor zum ersten Mal im Großen Garten, dem historischen Stadtpark Dresdens, als Johanna von Tieffliegern angegriffen wird. "Die Flugzeuge kletterten kerzengerade in die Höhe, kippten dann über einen Flügel ab und kamen der Reihe nach im Sturzflug herunter. Die Feuerstöße schienen sich jetzt auf alles, was sich bewegte, zu richten. Salve auf Salve. Um besser sehen zu können, ging sie mitten auf die Fahrbahn, wieder beschattete sie die Augen mit der Hand. Und plötzlich erhob sich hinter ihr – unmittelbar hinter ihr, meinte sie – ein apokalyptisches Dröhnen. Instinktiv warf sie sich hinter die kleine Mauer. Die prasselnden Geschosse streiften sie fast, sie wurde mit Erdbrocken und Steinsplittern bedeckt, und das Krachen der Feuerstöße zerriß ihr buchstäblich das Trommelfell; ein riesiger Schatten strich über sie hin. (…) Zum ersten Mal in ihrem Leben empfand sie so etwas wie Haß gegen diesen namenlosen, gesichtslosen Feind, der im Dunkel der Nacht gekommen war, eine wehrlose Stadt zu morden und das Leben in ihr zu verwüsten."
Propaganda und Legenden
"Tiefflieger" und der "Mord an einer wehrlosen Stadt" sind nur zwei einer Reihe von Schlüsselbegriffen, die mit Dresden verbunden sind, seitdem Goebbels die Zerstörung Dresdens zu einem beispiellosen Kultur- und Humanitätsverbrechen der Alliierten erklärt hatte. Dabei sind auch Überlieferungen, die belegbar falsch sind oder deren Wahrheitsgehalt nicht beweisbar ist, zum Teil der kollektiven Erinnerung geworden. Die im März 1945 polizeiintern festgehaltene Zahl von rund 20.000 Dresdner Bombenopfern etwa war durch das Hinzufügen einer Null manipuliert worden. Angeblich habe es 200.000 Tote gegeben: Auf diesen um das Zehnfache höheren Wert beriefen sich noch Jahrzehnte nach Kriegsende viele Autoren und viele Dresdner.
Und auch die "Tiefflieger" tauchen in zahlreichen Erinnerungen und literarischen Verarbeitungen auf, obgleich es für sie keinen wissenschaftlich belegbaren Nachweis gibt. Rein technisch wären die britischen Bomber nicht in der Lage gewesen, im Sturzflug mit ihren Bordwaffen auf die Geflohenen im Großen Garten zu schießen. Zudem hätte der zu diesem Zeitpunkt wütende Feuersturm ein solches Manöver verhindert. Die amerikanischen Langstreckenjäger des Typs P-51 Mustang, die am 14. Februar den Tagangriff der United States Army Air Forces auf Dresden eskortierten, waren in Kämpfe mit deutschen Jagdflugzeugen verwickelt. Bei einem gegnerischen Angriff auf die eigenen Bomber war es den Jägern verboten, den Verband zu verlassen und etwa Bodenziele zu bekämpfen. Gegen einen erneuten Anflug der Jäger nach der Bombardierung sprechen der knappe Benzinvorrat in den Flugzeugtanks und die rasche Entwarnung vom Mittag des 14. Februar im Luftraum um Dresden.
Einige Dresden-Legenden streute das NS-Propagandaministerium gezielt. Die Legende aber, die Royal Air Force habe Phosphorbomben abgeworfen, war keinesfalls im Sinne der Propaganda. Phosphor wurde von den Alliierten nicht als Brand-, sondern lediglich als Zündmittel eingesetzt. Es war für die deutsche Regierung wichtig, zu versuchen, die Gerüchte von reinen Phosphorbomben zu zerstreuen. Denn Phosphor entzündet sich in Kontakt mit Sauerstoff immer wieder selbst, Löschversuche sind dann vergeblich. Das Gerücht von Phosphorbomben konnte die Bevölkerung dazu verleiten, das Löschen von vornherein zu unterlassen.
Eine von der Stadt Dresden 2004 berufene Historikerkommission konnte keine Beweise für die Verwendung von Phosphorbomben oder den Einsatz von Tieffliegern finden.
1993 waren im Stadtarchiv Akten des Bestattungsamtes entdeckt worden, denen zufolge zwischen dem 18. Februar und dem 17. April 1945 rund 19.000 Tote beigesetzt worden waren. Anhand von Sterbebüchern und Todesmeldungen aus Dresden und Schlesien konnte statistisch nachgewiesen werden, dass die Zahl der Flüchtlinge in der Stadt wesentlich geringer gewesen sein muss, als zuweilen behauptet wird. Die Annahme, Zehntausende Menschen seien aufgrund von Temperaturen von bis zu 2000°C rückstandslos verbrannt, konnte durch die Auswertung archäologischer Befunde und durch Brandgutachten widerlegt werden. Der im Jahr 2010 vorgelegte Abschlussbericht der Historikerkommission kommt zu dem Ergebnis, dass bei der Bombardierung Dresdens bis zu 25.000 Menschen ums Leben kamen.
The Benchmark
Ungeachtet oder gerade wegen des Berichts ist die Diskussion um die Höhe der Opferzahlen in Dresden nicht abgeflaut. Es gibt Dresdner, die im Kommissionsbericht einen Angriff auf ihre Identität sehen. Denn wie keine andere deutsche Stadt beruht Dresdens Selbstverständnis auf den Erfahrungen und Folgen des Bombenkrieges. Dresden reklamiert für sich, gleichsam als Synonym für Zerstörung und schuldlos erlittenes Leid zu gelten. Für diese Wahrnehmung haben die Opferzahlen eine zentrale Bedeutung, ihre Höhe hat Einfluss auf den Status von Dresden als Benchmark für kriegszerstörte Städte nicht nur des 20., sondern auch des 21. Jahrhunderts. Denn auch in späteren bewaffneten Auseinandersetzungen wurden und werden verheerte Städte überall auf der Welt mit "Dresden 45" verglichen oder gleichgesetzt.
Dieses seit Jahrzehnten gebräuchliche Bild von der "Opferstadt", das auch die DDR propagandistisch einsetzte, nutzen heutige Neonazis in ganz Deutschland für ihre politischen Argumentationen und Demonstrationen. Seit 1998 versuchen Rechtsextreme, ihre Slogans zu verbreiten, indem sie sich bei Gedenkveranstaltungen unter die Dresdner mischen. Im Jahr 2000 organisierte die Junge Landsmannschaft Ost erstmals einen nächtlichen "Trauermarsch" unter dem Motto "Ehre den Toten des Bombenterrors", dem sich 500 Personen anschlossen. Seit 2005 werden die "Trauermärsche" von der rechtsextremen NPD organisiert. Im selben Jahr verzeichnete die Demonstration mit 6.500 Marschierern die höchste Teilnehmerzahl. Wenige Wochen zuvor hatte die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag die Zerstörung Dresdens als "Bombenholocaust" bezeichnet und damit den Angriff auf die Stadt mit dem Völkermord an sechs Millionen Europäern jüdischen Glaubens oder jüdischer Herkunft gleichgesetzt. In den Folgejahren wuchs der Widerstand gegen die Neonazis stetig an.
Seit Oktober 2009 ist das Bündnis "Nazifrei – Dresden stellt sich quer" der Hauptorganisator von Demonstrationen gegen die "Trauermärsche" der NPD. Seit 2010 folgen jährlich etwa 10.000 Menschen dem Aufruf eines breiten Bündnisses aus Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Stadtverwaltung und weiteren zivilgesellschaftlichen Gruppen und schirmen am Abend des 13. Februar mit einer Menschenkette die innere Altstadt ab, um Dresden, so die damalige Oberbürgermeisterin Helma Orosz, "zu einer Festung gegen Intoleranz und Dummheit" zu machen. Proteste und Sitzblockaden auf dem Weg der Rechtsextremen führten mehrmals dazu, dass diese nicht oder nur sehr eingeschränkt marschieren konnten. Es haben sich zudem zahlreiche Bürgerinitiativen und Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit der Geschichte ihrer Stadt auseinandersetzen und die Diskussion mit der breiten Öffentlichkeit suchen. Als Reaktion auf die NPD-Demonstrationen hat sich in Dresden somit eine kritische Erinnerungs- und Forschungskultur entwickelt, so vielfältig und kreativ wie in keiner anderen deutschen Stadt. Auch das ist Dresden.
Täterspuren
Seit 2011 erinnert der "Mahngang Täterspuren" an die Geschichte der Stadt im Nationalsozialismus, an die Bücherverbrennung von 1933, den Novemberpogrom und die brennenden Synagogen von 1938, an Berufsverbote und "Arisierungen", an die bedeutende Rüstungsindustrie Dresdens, an die Überfälle der Wehrmacht auf die europäischen Nachbarstaaten und die Hinrichtung von rund 1300 politischen Häftlingen in Dresden sowie den Staatsterror gegen Tausende ideologisch verfolgter Dresdnerinnen und Dresdner. Denn Dresden war im Februar 1945 längst nicht mehr – wie die NS-Propaganda vorgab – die weltberühmte Kunstmetropole der Vorkriegszeit und Hort europäischer Kultur, die ihre "Unschuld" bewahrt hätte.
Im übertragenen Sinne war die "Kulturstadt Dresden" bereits seit 1933 zerstört, waren ihre Gebäude von innen her ausgehöhlt worden, sodass man nur noch die Fassade aufrechterhielt. Denn die Schauspieler, Sänger, Tänzer, Musiker, Regisseure und Bühnentechniker, Schriftsteller, Journalisten, Verleger, Universitätsdozenten, bildenden Künstler, Kuratoren, Galeristen und Impresarios, die aus "rassischen", politischen oder geschlechtsspezifischen Gründen erst ausgegrenzt und dann verfolgt wurden, hatten einen entscheidenden Anteil am guten Ruf und Ruhm der Stadt als bedeutende Kulturmetropole Europas gehabt. Sie hatten ihren Beitrag in den Avantgarde-Labors der Stadt geleistet und die berühmten Repräsentationsbauten Dresdens mit Leben gefüllt. Der Verlust an Kreativität, schöpferischen Impulsen und Anziehungskraft, die den Bauwerken erst ihren Sinn gaben, ist noch heute spürbar.
Die Shoah war in der Stadt Dresden in Gestalt der geschundenen und vom Tode gezeichneten jüdischen Zwangsarbeiter sichtbar. Und mit der Erfahrung und den Techniken der Vernichtungslager wurden auf dem Dresdner Altmarkt die Toten der alliierten Bomberangriffe verbrannt.
Als der ausgebombte Polizeibeamte Franz Harry Schnaubelt am 16. oder 17. Februar 1945 vom Dresdner Stadtrand kommend zu seinem zerstörten Haus in die Innenstadt ging, bemerkte er in seiner Straße zwei Männer und eine Frau, die aus einem Keller stiegen. Sie trugen Koffer mit Adressaufklebern des Nachbarhauses und waren Ausländer. Obgleich die Frau den Polizeibeamten flehentlich bat, sie laufen zu lassen, fesselte er die beiden Männer. Der Frau gab er zu verstehen, dass sie gehen könne, doch sie blieb bei ihren Freunden. Zwischenzeitlich hatte sich eine aufgebrachte Menschenmenge um die kleine Gruppe versammelt, vor allem Frauen bewarfen die drei Fremden mit Steinen. Von einem zufällig vorbeikommenden Feldwebel erhielt Schnaubelt sechs Patronen für seine ungeladene Dienstwaffe. Daraufhin schoss er auf seine am Boden sitzenden Gefangenen. Da sie noch atmeten, wurden sie von den Umstehenden gesteinigt.
Bridge 14 FEB 45
Einigen wenigen Dresdnern und Zwangsarbeitern jüdischer Herkunft oder jüdischen Glaubens rettete die Zerstörung Dresdens – als unbeabsichtigter Kollateralnutzen der alliierten Bombardements – das Leben. Im Chaos des Durcheinanders konnten sie fliehen und sich bis zum Kriegsende verstecken. Die Bomber am Himmel hatten sie als Freunde begrüßt – so sehnte sich der 17-jährige Roman Halter danach, "in einem dieser Flugzeuge zu sein und in die Freiheit zu fliegen".
Die britischen Bomber-Besatzungen des Dresden-Angriffs mussten nur vier Stunden nach ihrer Rückkehr auf ihre englischen Heimatbasen am Abend des 14. Februar 1945 zum nächsten Angriff aufsteigen: Bestimmungsort Chemnitz.
Der in Dresden geborene Künstler Gerhard Richter schuf im Jahr 2002 eine irritierende Fotoarbeit mit dem Titel "Bridge 14 FEB 45": Es zeigt ein Überflugbild einer Stadt, die von unzählbar vielen Bombenkratern zerfurcht ist. Doch es handelt sich um Köln, nicht um Dresden. An diesem einschneidenden Datum der Dresdner Geschichte wurde nicht nur die Stadt an der Elbe angegriffen. Während Dresden im gesamten Zweiten Weltkrieg acht Luftangriffe zählte, waren es in Köln 262. Dabei wurden 25.000 Kölnerinnen und Kölner getötet. 2000 Stunden lang befand sich die Stadt im Alarmzustand. Am Ende des Krieges waren 90 Prozent der historischen Innenstadt zerbombt, statt zuvor 770.000 Einwohner hatte Köln 1945 nur noch 20.000. Während die Domstadt bis in den Grund zerstört und nahezu unbewohnbar wurde, lebten in Dresden im April 1945, also rund zwei Monate nach den Bombardierungen, noch rund 368.000 Menschen. Ende 1944 waren es rund 566.000 Einwohner gewesen.