Die 1980er Jahre sind zuletzt verstärkt in den Fokus geschichtswissenschaftlicher Betrachtungen gerückt. Das liegt zum einen daran, dass die übliche 30-jährige Sperrfrist für viele Archivalien inzwischen ausgelaufen ist, zum anderen daran, dass dieses Jahrzehnt bislang häufig "übergangen" wurde, da vor allem die Ereignisse unmittelbar vor und nach der Zäsur 1989/90 größeres Interesse auf sich zogen. Insbesondere der westliche Teil Deutschlands erschien lange Zeit geradezu als "untererforscht", etwa im Vergleich zur DDR, die seit ihrem Untergang einen dankbaren, weil "abgeschlossenen" Forschungsgegenstand darstellt.
Was machte die Jahre 1980 bis 1989 aus? Es war das letzte Jahrzehnt der deutschen Teilung, das letzte Jahrzehnt des Kalten Krieges, das letzte Jahrzehnt mithin auch jener bunten "Insel West-Berlin". In den 1980er Jahren erlebten die Neuen Sozialen Bewegungen eine Blütezeit, hervorgerufen und befördert durch Krisensymptome, die unter anderem mit den Stichworten NATO-Doppelbeschluss, Waldsterben, Brokdorf, Tschernobyl, Volkszählung oder Aids verbunden sind. Zugleich wurden Entwicklungen angelegt, die erst später Wirkung entfalteten und bis heute relevant sind – etwa die Digitalisierung des Alltags, der Finanzmarktkapitalismus oder die Öffnung der europäischen Binnengrenzen.
Bereits diese kurze Skizze zeigt, dass der Versuch, historische Prozesse in handlichen Zehnjahresschritten denken zu wollen, zwangsläufig zum Scheitern verurteilt ist. Sie zeigt aber auch, dass die vermeintlich so langweiligen "Kohl-Jahre", die heute mancher "Westalgiker" zurückzusehnen scheint, bei genauerer Betrachtung historisch weitaus spannender sind als gemeinhin angenommen.