Nur ein kurzer Gang in ein Antiquariat, um eine gedruckte Ausgabe in der Hand zu halten: Anders, als vielfach vermittelt, ist Hitlers Propagandaschrift "Mein Kampf" (1925/26) nicht verboten. Der bayerische Freistaat, nach 1945 Rechtsnachfolger des Eher-Verlages, verfügt über die Urheberrechte und kann Neuauflagen, den Abdruck von Auszügen, auch neue Übersetzungen untersagen. Doch schon heute ist der Volltext leicht im Internet auffindbar. Und Ende 2015, 70 Jahre nach dem Todesjahr des Autors, wird der Text gemeinfrei. Auf der Justizministerkonferenz im Juni 2014 herrschte indes Einigkeit darüber, "dass eine unkommentierte Verbreitung von Hitlers ‚Mein Kampf‘ auch nach Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist zum 31. Dezember 2015 verhindert werden soll".
Anfang 2016 wird eine kommentierte, umfängliche Edition des Buches vorliegen, die vom Institut für Zeitgeschichte (IfZ) in einem groß angelegten Projekt verwirklicht wird und von der überwiegenden Mehrheit der publizistischen, wissenschaftlichen und politischen Öffentlichkeit im Vorfeld begrüßt worden ist. Dieses Projekt, zunächst gefördert vom Freistaat Bayern, trifft aber auch auf Kritik. Einige argumentieren, das Buch sei es nicht wert, in einem aufwändigen Verfahren ediert zu werden. Andere schrecken grundsätzlich vor der Vorstellung einer Neuveröffentlichung der antisemitischen Hetzschrift in Deutschland zurück, ob unkommentiert oder kommentiert.
Die öffentliche Diskussion über den Umgang mit "Mein Kampf" wird 2016 unter neuen Voraussetzungen geführt werden, wenn die Rechtslage, etwa in Hinblick auf ein Verbot wegen Volksverhetzung, geklärt und die wissenschaftliche Edition des IfZ verfügbar ist. Diese Ausgabe der APuZ zielt darauf ab, Grundlagenwissen zu vermitteln: zur Entstehungshistorie, zu Form und Inhalten, zur Rezeptionsgeschichte, zu Zielsetzungen und Zuschnitt der Edition des IfZ sowie zur Rolle des Buches in so unterschiedlichen Kontexten wie Geschichtsunterricht und Rechtsextremismus nach 1945.