In einem der berühmtesten philosophischen Gleichnisse eines der bedeutendsten abendländischen Philosophen sitzen Menschen gefesselt in einer Höhle vor einer Felswand. Die Fesseln hindern sie daran, sich in Richtung Höhleneingang umzusehen. An der Wand vor ihnen erblicken sie Schatten, die – dank des Lichts eines flackernden Feuers vor dem Höhleneingang – von Gegenständen und Geschehnissen außerhalb der Höhle schemenhaft auf die Felswand geworfen werden. Die Schattenbilder stellen somit nur die Erscheinung der Dinge dar, die von den Gefesselten aber – zumindest im Rahmen ihres derart eingeschränkten Laien- und Alltagswissens – für die eigentliche Realität gehalten wird. Die Projektionsmechanik und somit die Täuschung in dieser Urbehausung des Menschen zu durchschauen, ist nur denjenigen möglich, denen es gelingt, sich aus den Fesseln zu befreien, sich umzublicken und den Weg aus der düsteren Höhle ans Licht anzutreten.
Platon zeichnet in seinem hier nur grob skizzierten Höhlengleichnis nicht nur ein sehr missliches Bild von der menschlichen Erkenntnislage, sondern weist dem Menschen zugleich auch eine missliche Position in der Welt zu, von der er in diesem Szenario entfernter kaum sein kann. Das Höhlengleichnis ist in einem zunächst sehr allgemeinen Sinne Menschenbild und Weltbild zugleich. Es beinhaltet dabei in kondensierter Form Elemente von Menschen- und Weltbildern, die sich in vielen Kulturen, in früheren wie späteren und auch in aktuellen Weltbildern wiederfinden. So verhandelt das Höhlengleichnis beispielsweise nicht nur die Fragen, welche die Beziehung des Menschen zur Welt ist, ob er zu objektiver Erkenntnis in der Lage ist und was er tun muss, um wahres Wissen zu erlangen, sondern auch, ob der Mensch frei ist, von welcher Art seine Freiheit sein kann, ob er selbst zu seiner Befreiung in der Lage ist oder der Hilfe anderer bedarf, etc.
Ohne die Spuren auch nur ansatzweise durch die komplette Geistesgeschichte hindurch verfolgen zu können, sei hier nur an die vier Fragen erinnert, die Immanuel Kant über 2000 Jahre nach Platon zu den Grundfragen der Philosophie erklärte. Sie dürfen als Fragen gelten, die Menschen zu allen Zeiten, in allen Kulturen, in verschiedensten weltanschaulichen Denk- und Überzeugungssystemen gestellt haben und nach wie vor stellen, für die sie aber zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Kulturen auch unterschiedliche Antworten gefunden haben: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der (diese Fragen stellende) Mensch?
Es verwundert nicht, dass der Begriff "Weltbild", als er in seiner althochdeutschen Form Ende des 10. Jahrhunderts vermutlich erstmals auftaucht, mit Bezug auf Platons Ideenlehre verwendet wird, um einen Unterschied zwischen den wahrheitsverbürgenden "Ideen" und ihren Abbildern in der bloßen Erscheinungswelt zu behaupten. "Weltbild" wird dabei als ein Modell gefasst, in dem die bloßen Schatten und Abbilder geordnet und mit Bedeutung versehen werden können.
Der Begriff ist jedoch längst nicht mehr gelehrten Traktaten vorbehalten. Wenn wir beispielsweise alltagssprachlich von einem Menschen sagen, dass er ein "verschrobenes Weltbild" habe, dann meinen wir in aller Regel, dass sein Weltbild eher eigentümlich geordnet ist und dass die Bedeutungen, die bestimmten Dingen und Geschehnissen darin gegeben werden, eher befremdlich sind, also von einem in der Gemeinschaft etablierten und vertrauten Bild von den Verhältnissen abweichen. Dies ist jedoch eine Feststellung, die durchaus ihr oben bereits angeklungenes akademisches Pendant hat: Etablierte Weltbilder haben eine wichtige soziale Funktion, die darin besteht, den Mitgliedern einer Gemeinschaft ein Modell anzubieten – gelegentlich auch aufzuzwingen –, durch das sie die Dinge und Ereignisse der Welt betrachten, deuten und sinngebend erklären und verstehen können beziehungsweise sollen. Insofern als Weltbilder die Anschauungen größerer und kleinerer Gruppen über die Welt und den Menschen prägen, soll der Begriff "Weltbild" im Folgenden in starker Nähe zum Begriff "Weltanschauung" und vornehmlich in sozialwissenschaftlicher Perspektive erörtert werden, ohne damit abweichenden Verständnissen ihren jeweiligen ideengeschichtlichen, kontextuellen und terminologischen Nutzen absprechen zu wollen.
Bilder, Weltbilder und Sprache
Nachdem wir mit Platons zu philosophischen Zwecken verfasstem Bild von fiktiven Höhlenmenschen begonnen haben, wollen wir nun einen Blick auf sozial- und kulturwissenschaftlich bedeutsame empirische Befunde werfen, uns dabei aber zunächst weiter in Höhlen aufhalten. Zwar dürfen wir in Bestattungen beziehungsweise Artefakten wie Gräbern und Grabbeigaben, die teilweise über 100.000 Jahre alt sein dürften, weitaus frühere Hinweise auf weltanschauliche Annahmen unserer Vorfahren vermuten, doch wollen wir, um die Beziehung von "Bild" und "Weltbild" wie auch "Menschenbild" zumindest ein wenig näher zu beleuchten, nicht die frühesten Bestattungsstätten, sondern die etwas jüngeren frühesten Bilder in den Blick nehmen.
Nach heutigem wissenschaftlichen Kenntnisstand begannen Menschen, vielleicht auch schon ihre unmittelbaren Vorfahren – die Neandertaler – vor spätestens etwa 40.000 Jahren damit, Höhlenwände zu bemalen. Die bislang ältesten Nachweise dafür finden sich in der Cueva de El Castillo an der nordspanischen Küste und am Felsen von Castanet in Südfrankreich. Zu den frühesten dort und anderswo bezeugten Abbildungen gehören Handabdrücke; darüber hinaus finden sich teils geritzte, teils gemalte abstrakte Symbole, größtenteils deutlich später entstandene Darstellungen von Tieren und Menschen, manchen Interpretationen nach findet sich auch die Darstellung der menschlichen Vulva. Das human- und sozialwissenschaftliche Interesse an diesen prähistorischen Dokumenten ist vor allem auf den Symbolismus gerichtet, der uns in Form dieser Zeichnungen und Gemälde vor Augen tritt. Wir sehen in diesen und noch weit früher, vielfach in Afrika gefertigten Artefakten – etwa in Schmuckstücken, bemalten Eierschalen, Muscheln und Steinen – frühe Hinweise darauf, dass die artspezifische geistige Entwicklung unserer Vorfahren sich als Entwicklung zu einem besonderen, auch ästhetische Bedürfnisse artikulierenden Symbol- und damit zu einem besonderen Kulturwesen vollzog.
Entwicklungsgeschichtlich sowie human- und kulturwissenschaftlich ist ebenso bemerkenswert, dass die Phase, in der Menschen dazu übergingen, Werkzeuge und Materialien zu nutzen, um sich mitsamt ihren ästhetischen Bedürfnissen und ausgewählten Weltansichten in Bildern zu dokumentieren, den homo faber (den werkzeuggebrauchenden Menschen) zum homo pictor (dem bildnerischen Menschen) erweiterte und damit die Entwicklung zu unserer Spezies, dem homo sapiens (dem vernunftbegabten Menschen), einleitete.
Die Frage, inwieweit Weltbilder von jeweiligen Sprachen dermaßen geprägt sein könnten, dass sie für Angehörige anderer Sprachgemeinschaften nicht vollständig verstehbar sind und von ihnen mitunter sogar als irrational abgelehnt werden, hat nach wie vor einige Brisanz. Bestimmte Weltbilder einer Sprachgemeinschaft gegenüber Weltbildern einer anderen Sprachgemeinschaft als rationaler auszuzeichnen, wird schlichtweg schwierig. Interkulturelle Konflikte, die in der Menschheitsgeschichte häufig als Konflikte um Welt- und Menschenbilder auftraten, können als Ergebnisse von sprachbasierten ethnozentrischen Befangenheiten erklärt werden, die aber vor dem Hintergrund der Sprachabhängigkeitsthese kaum überwindbar scheinen. Ludwig Wittgensteins bekannte Feststellung, wonach die Grenzen meiner Sprache die Grenzen meiner Welt bedeuten, würde selbstverständlich auch unsere Bilder von der Welt betreffen.
Die vorangegangenen Hinweise auf die Bedeutung von frühen Bildzeugnissen für unser Verständnis vom Menschen markieren im Wesentlichen einen historischen Zeitpunkt in der frühen Vergangenheit unserer Spezies, wobei diese historische Markierung unter anderem den Zweck hat, unsere Spezies von Vorgängerversionen zu unterscheiden und den Auftritt des "eigentlichen" Menschen ins rechte Bild zu setzen. In diesen ersten Hinweisen wird allerdings nicht nur ein ungefährer historischer Zeitpunkt markiert, sondern es klingt in ihnen auch an, aus welchen Gründen Menschen sich Bilder von ihrer Umwelt, ihrer Welt und sich selbst machen. Interessanterweise klingt es insbesondere in der Art und Weise an, in der wir heutigen Menschen versuchen, uns Bilder davon machen, was es mit diesen viele Jahrtausende alten Bildartefakten unserer Vorfahren auf sich haben mag.
Einige exemplarische Fragen mögen das verdeutlichen: Sind zum Beispiel die frühen Handabdrücke an Höhlenwänden Dokumente eines Besitzanspruches, der fremden Eindringlingen klar machen sollte, dass die Höhle bereits vergeben war? Oder sind sie eine weit darüber hinaus gehende Artikulation von persönlicher Identität, gewissermaßen der persönliche Handabdruck als prähistorischer Vorgänger des modernen Fingerabdrucks, vielleicht der individuellen Handschrift? Wurden die Tierzeichnungen im Rahmen religiöser schamanistischer Rituale angebracht, die dazu dienten, die Jäger mental auf eine erfolgreiche Jagd einzustimmen? Oder halten diese Zeichnungen die ästhetisierend bewundernde Verehrung der Schönheit und Stärke der abgebildeten Tiere fest? Und wie ist es mit den geritzten Zeichnungen, die den meisten Betrachterinnen und Betrachtern wahrscheinlich rätselhaft erscheinen, von manchen Anthropologinnen und Archäologen aber sehr konkret als weibliche Geschlechtsteile gedeutet werden?
Erfolgen all diese Deutungen unbefangen, also unbeeinflusst von Bildern, die wir heutigen Menschen von unserer Umwelt, von Kunst, Religion, Kosmologie, von Mann und Frau, Materie und Geist und von uns selbst haben? Anders gefragt: Verweist die Art und Weise, in der wir Spuren uns weitgehend unbekannter Zeiten, Welten, Menschen und Ereignisse zu verstehen und einzuordnen versuchen, nicht zugleich auch darauf zurück, von welcher Art diejenigen aktuellen Welt- und Menschenbilder sind, in deren Rahmen wir diese Deutungs- und Einordnungsversuche unternehmen? Auffällig ist jedenfalls, dass die üblichen wissenschaftlichen Interpretationen selbst simpelste prähistorische Felszeichnungen nicht einfach als Kritzeleien aus reiner Langeweile während Schlechtwetterphasen verstanden wissen wollen, sondern ihnen eine tiefere Bedeutung geben möchten, die derjenigen entspricht, die Bilder – auch Welt- und Menschenbilder – ganz generell für die Spezies Mensch haben. Oft prägt unser Bild von uns selbst als Teil unserer modernen Weltbilder offenbar auch in den Wissenschaften das Bild, das wir von unseren Vorfahren und deren Hinterlassenschaften haben beziehungsweise haben möchten.
Es finden sich viele Beispiele dafür, dass unterschiedliche Bedürfnisse, die Welt und den Menschen zu sehen, auch in ein- und derselben Sprachgemeinschaft zu unterschiedlichen und gelegentlich miteinander in Konflikt stehenden Welt- und Menschenbildern führen können. Voneinander abweichende Gottes- und Religionsvorstellungen, Rassentheorien, konkurrierende politische Ideologien und aus all diesen Elementen zusammengesetzte Überzeugungssysteme haben die gesamte Menschheitsgeschichte hindurch zu blutigen Konflikten enormen Ausmaßes geführt. Denken wir hier nur an die Frage nach der Herkunft des Menschen und seiner Stellung in der Welt: Ist er ein höheres Säugetier, das sich sehr spät nach der Entstehung des Lebens auf der Erde, vor etwa 200.000 Jahren aus der Linie der Menschenaffen – spezifischer aus der Unterordnung der Trockennasenaffen – entwickelt hat? Ist er also ein Naturprodukt? Oder wurde er von einem übermächtigen Gott im Rahmen göttlicher Weltschöpfung vor rund 10.000 Jahren als die Kreatur geschaffen, wie wir sie heute kennen, damit er gottähnlich über Tiere und Pflanzen herrsche, über die gesamte Schöpfung wache und sie im Sinne Gottes, quasi als Werkzeug des Schöpfers, fortentwickle?
Ob man eher zur ersten (evolutionstheoretischen) oder zur zweiten (kreationistischen) Annahme neigt, hängt in starkem Maße davon ab, ob man die Beantwortung dieser Frage eher in einem wissenschaftlich geprägten oder eher in einem religiös geprägten Welt- und Menschenbild eingeordnet wissen möchte.
Formen, Elemente und Funktionen von Weltbildern
Versuchen wir, einige der bisherigen Hinweise und Überlegungen zu einer komprimierten Charakterisierung von Weltbildern zusammenzuführen. Unter dem Begriff "Weltbild" fassen wir unterschiedliche systematisierte Sichtweisen auf die Welt zusammen, die in den meisten Fällen ein ganz bestimmtes Menschenbild mittransportieren oder sogar in den Mittelpunkt stellen. Weltbilder sagen häufig etwas über die Position des Menschen in der Welt und damit – wie etwa in Platons Höhlengleichnis – über seinen Zugang und seine Beziehung zur Welt aus. Dies betrifft durchaus auch naturwissenschaftlich ausgerichtete Bilder vom Kosmos, wie etwa das geozentrische und das heliozentrische Weltbild. Der wichtigste Grund für die katholische Kirche, Kopernikus’, Keplers und Galileis heliozentrische Lehren so vehement zu bekämpfen, lag darin, dass es gemäß ihres eigenen Weltbildes einer Schmähung des Menschen gleichkam, als Krone göttlicher Schöpfung aus dem ruhenden Mittelpunkt des Universums in bedrohlicher Rotation an seine unbedeutenden Ränder geschleudert zu werden.
Der mittlerweile gebräuchliche und keineswegs eindeutig bestimmte Begriff des Weltbildes subsumiert unterschiedlichste Formen von Weltanschauungen beziehungsweise Ordnungsvorstellungen und Überzeugungssystemen. So werden zum Beispiel politisch-ökonomischen Anschauungen wie Kommunismus, Faschismus, Konservatismus, Kapitalismus und Imperialismus jeweils zugehörige Welt- und Menschenbilder zugeordnet; dasselbe gilt für wissenschaftliche Anschauungen wie Geozentrismus, Heliozentrismus, Materialismus, für die sogenannte marxistische Wissenschaft in einigen kommunistischen Ländern oder auch für die sogenannte völkische Wissenschaft im deutschen Nationalsozialismus. Als die historisch überdauerndsten und einflussreichsten Weltbilder haben sich Überzeugungssysteme aus den großen religiösen oder religionsähnlichen Traditionen erwiesen. Bei der präziseren Bestimmung einer Religion zeigen sich sprachtheoretische Problematiken, auf die bereits hingewiesen wurde. Da der Begriff "Religion" europäischen Ursprungs ist und seit der Aufklärung unter anderem dazu benutzt wurde, die christlichen von nichtchristlichen Überzeugungssystemen abzuheben beziehungsweise ihre Gemeinsamkeiten aufzuzeigen, handelt es sich um einen stark eurozentrisch geprägten Begriff, der es erschwert, nichteuropäische Religionsverständnisse angemessen zu erfassen und einzuordnen.
Unter Mythen werden vorwissenschaftliche Erzählungen verstanden, die hinsichtlich ihrer wichtigsten Inhalte Autorität, höhere Wahrheit und zeitüberdauernde allgemeine Relevanz beanspruchen. Sie handeln häufig (wie zum Beispiel im Prometheus-Mythos, im hinduistischen Purusha-Mythos, in der biblischen Schöpfungsgeschichte oder in Herrschaftsmythen) von den Ursprüngen der Welt, des Menschen, natürlicher Phänomene (Erdbeben, Blitze, Gestirne) oder kultureller Errungenschaften. Damit liefern Mythen eine Erklärung dafür, wie die Gegenwart in der Vergangenheit begründet ist und geben beidem dadurch Sinn. Sigmund Freud und C. G. Jung sehen in Mythen Projektionen menschlicher Erfahrungen, Probleme und Schwächen auf übermenschliche Wesen, zum Beispiel Götter, und prähistorische Begebenheiten.
Rituale sind menschliche Handlungen, die durch festgelegte Abläufe und Mittel alltägliche Lebensbereiche in einen höheren, oft spirituellen und kosmischen Zusammenhang einordnen. Von dieser Einbindung menschlicher Verhältnisse in eine höhere Ordnung werden die Stabilisierung oder Wiederherstellung der (sozialen und emotionalen) Ordnung und damit Sicherheit und Sinngebung erwartet. Da Rituale wie zum Beispiel Beschneidung, Kommunion oder Gelöbnisfeiern sich häufig auf mythische Überlieferungen einer Kultur beziehen, stellen auch sie die Gegenwart in eine (bewährte) Tradition und tragen damit zur Sinngebung sowohl der Vergangenheit als auch der Gegenwart bei. Sie berühren Grundfragen der Existenz und orientieren dadurch das menschliche Miteinander. Sie vermögen die Welt einfacher und handhabbarer zu machen und erleichtern in schwierigen Lagen Entscheidungen. Rituale dienen in diesen Zusammenhängen auch der Strukturierung und der Rhythmisierung biologischer und sozialer Abläufe, wie sich das etwa in Initiationsritualen und festgelegten Abläufen in Politik, Wissenschaft und Religion zeigt.
Utopien verweisen auf Wunsch- und Zielvorstellungen, deren Verwirklichung nicht unbedingt erwartet, aber als motivierendes Ideal verfolgt wird. Meist sind Utopien zukunftsgerichtet und entwerfen eine Welt, die auf gesellschaftlicher, individueller und universaler Ebene besser ist als die gegenwärtige. Dadurch stellen sie die gegenwärtigen Verhältnisse zwar immer infrage, ordnen diese aber in eine Fortschrittslinie ein, die auch der Gegenwart zum Beispiel als einer notwendigen Entwicklungsstufe Sinn verleiht. Die Sinngebung betrifft damit auch ein utopisches Menschenbild, sowohl einer Gesellschaft als auch ihrer Individuen (beispielsweise die Verwirklichung eines paradiesischen Gottes- oder Arbeiterstaates, einer reinrassigen Volksgemeinschaft, einer vollständig wissenschaftlich beherrschten Welt oder die Erlangung spiritueller Erleuchtung). Utopien sind Bestandteil vieler Weltbilder und begründen oft, warum die weltanschaulichen Ideale (noch) nicht vollkommen verwirklicht sind und warum es lohnt, diese Ideale weiter zu verfolgen und das gesellschaftliche wie auch persönliche Denken und Verhalten daran zu orientieren.
Kulturell seit langer Zeit etablierte Mythen, stetig aktualisierte Rituale mitsamt anhaltend vergegenwärtigten, vorwärtsgerichteten Utopien integrieren Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und tragen so in erheblichem Maße dazu bei, dass Weltbilder ihren sozialen und psychologischen Funktionen für Gemeinschaften und Individuen gerecht werden können. Weltbilder lassen sich vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen als Ausdruck des gesellschaftlichen und individuellen Bedürfnisses verstehen, dem eigenen Dasein, der Erfahrung des Nichtalltäglichen sowie der Welt als Ganzem einen Sinn zu geben, der die begrenzte biologische Lebensspanne und gegenwärtige Kontexte weit überschreitet.
Ausblick
Mag die Thematisierung und Untersuchung von Weltbildern in den Sozial- und Kulturwissenschaften durchaus eine gewisse Tradition haben, so steckt die gründlichere, nicht nur theoretisch, sondern vor allem auch empirisch fundierte wissenschaftliche Beschäftigung mit Welt- und Menschenbildern immer noch in den Anfängen. Dies hat nicht zuletzt auch damit zu tun, dass sich – wie zuvor bereits angedeutet – in den Wissenschaften selbst Bilder vom Menschen und der Welt etabliert haben,