Der Mensch sucht nach Orientierung und strebt nach sinngebenden Erklärungen: für seine eigene Existenz, für nichtalltägliche Erfahrungen, für die Welt als Ganzes. Ob religiöse Vorstellungen, politische Ideologien oder wissenschaftliche Paradigmen – aus diesem menschlichen Bedürfnis haben sich im Laufe der Geschichte verschiedenste Systeme von Annahmen und Überzeugungen über die Beschaffenheit der Welt, ihre Ordnung sowie die Position des Menschen innerhalb dieser Ordnung entwickelt, die unmittelbar auf sein Handeln in der Welt zurückwirken und Verhaltensweisen, Wahrnehmungs- und Deutungsmuster sowie Wertevorstellungen strukturieren – "Weltbilder" im übertragenen Sinn.
Diese hat der Mensch entsprechend seiner jeweiligen Mittel und Möglichkeiten stets auch visuell festgehalten – in tatsächlichen "Weltbildern". Sowohl wissenschaftlich inspirierte, kosmologische Modellzeichnungen als auch symbolisch aufgeladene Darstellungen der Schöpfung aus dem christlichen Mittelalter zeugen von den jeweils herrschenden Weltwahrnehmungen und Weltverständnissen und sind Ausdruck einer Interpretation der Wirklichkeit durch den Menschen. Auch die Karten der heutigen Zeit, vermeintlich objektive Abbilder der Welt, sind geprägt von ihrem zeitlichen und soziokulturellen Kontext.
Dem Konzept des Weltbildes ist Pluralität also inhärent. Dies führt immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen: Man denke etwa an den klassischen Weltbildkonflikt um das heliozentrische Modell des Sonnensystems zu Beginn der Neuzeit, die Konfessionskriege im Europa des 16. und 17. Jahrhunderts oder den Streit zwischen "Evolutionisten" und "Kreationisten" über den Ursprung der Menschheit und der Welt. Die Koexistenz voneinander abweichender Deutungs- und Überzeugungssysteme birgt stets eine Herausforderung, der wir uns auch in der heutigen – postkolonialen – Zeit nicht entziehen können.