"Nun haben wir ihn. Nun feiern wir ihn. Wie machen wir das?"
Am 3. Oktober wird seit 1990 der Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland gefeiert. Er wurde in Artikel 2 des Einigungsvertrages als gesetzlicher Feiertag festgelegt. Die zentralen Feierlichkeiten werden jeweils in dem Bundesland gefeiert, das den Bundesratsvorsitz innehat und von der jeweiligen Staatskanzlei organisiert. Der protokollarische Teil setzt sich aus einem ökumenischen Gottesdienst sowie einem Festakt mit anschließendem Empfang des Bundespräsidenten zusammen, an dem hohe Repräsentanten aus Staat und Gesellschaft sowie seit 1995 Bürgerdelegationen aus den 16 Bundesländern teilnehmen. Im Mittelpunkt der Festakte stehen die Reden des amtierenden Bundesratspräsidenten als Gastgeber sowie entweder von Bundespräsident, Bundestagspräsident, Bundeskanzler oder von geladenen Gästen, die von unterschiedlichen Programmpunkten eingerahmt werden. In der jeweiligen Landeshauptstadt
In diesem Beitrag wird nachgezeichnet, welcher Stil sich für die Ausgestaltung des offiziellen Festakts im Laufe der Jahre herauskristallisiert hat, wie dieser durch die Live-Übertragung im Fernsehen verbreitet und schrittweise durch die Möglichkeiten des Mediums mitgeprägt wurde.
Gemeinsames Erleben? Kritische Töne
Sowohl die Datumswahl des Nationalfeiertags als auch seine symbolische Ausgestaltung, durch die der 3. Oktober mehr die Züge eines Staats- als eines Nationalfeiertags trägt, ist umstritten.
Angesichts dieser strikten Trennung des offiziellen Festakts vom gesellschaftlichen Teil der Feierlichkeiten wird die Bedeutung der massenmedialen Vermittlung deutlich: Allein die Live-Übertragung im Fernsehen kann der interessierten Öffentlichkeit einen "vereinheitlichten Zugang"
Das Medium Fernsehen verfügt darüber hinaus über bestimmte Techniken, die ein gemeinsames "Erleben" suggerieren können. Dazu gehören zum Beispiel die bessere Sicht am Bildschirm als vor Ort
Im Zeichen der Zurückhaltung
Als gesetzlicher Feiertag durchbricht der 3. Oktober zwar den Arbeitsalltag, jedoch gab es anfänglich wenig Bestrebungen, ihn durch eine außergewöhnliche Inszenierung vom Alltag abzusetzen. Wohl auch angesichts der im In- und Ausland geführten Debatte über die Gefahr eines neu aufkeimenden Nationalismus im wiedervereinten Deutschland fielen die Organisation und die symbolische Ausgestaltung sehr zurückhaltend aus.
Der 3. Oktober soll über jeden Vorwurf eines Hurrapatriotismus erhaben sein und ein verfassungspatriotisches Signal senden. Bundespräsident Roman Herzog machte diese Maxime der Zurückhaltung 1994 explizit, indem er anmahnte, "die Liebe zu unserem Land nicht einen Augenblick zu verschweigen, uns dabei aber (…) ausgesprochen leiser Töne zu befleißigen. Nationales Trara, Fanfaren und Tschinellen sind das letzte, was wir dabei brauchen können."
Bereits die Bezeichnung als "zentrale" und nicht als "nationale" Feier verdeutlicht diesen Anspruch. Auch der Verzicht, die offiziellen Feierlichkeiten im wieder zur Hauptstadt gewählten Berlin abzuhalten, ist nicht nur als föderales Symbol, sondern auch als politische Entscheidung zu verstehen, mit der Begründung, dass eine "zentrale Hauptstadt-Feier (…) weder dem vereinten Deutschland noch Berlin nützen" würde.
Im Gegensatz zu anderen Nationalfeiertagen wie zum Beispiel dem französischen 14. Juli, an dem die Champs-Élysées einem trikoloren Fahnenmeer gleichen, werden nationale Symbole am Tag der Deutschen Einheit eher sparsam eingesetzt. Durch das gemeinsame Singen der Nationalhymne, die den offiziellen Festakt beschließt und bei der sich alle Anwesenden im Festsaal erheben, erhält die Feier jedoch ein typisches Element eines Nationalfeiertags.
Von den Fahnen der Bundesländer im Festsaal bis hin zur Ländermeile auf dem Bürgerfest ist dagegen der Föderalismus präsent. Die länderbezogene Ausgestaltung des 3. Oktobers verleiht ihm nicht nur historische Tiefenschärfe, sondern erfüllt eine weitere wichtige Funktion, indem sie eine gemeinsame Identifikationsgrundlage bereitstellt, welche die dichotome Gegenüberstellung von Ost- und Westdeutschen aufbricht.
Darüber hinaus ist das deutsche Bekenntnis zur europäischen Integration sowohl in den Festreden als auch in der symbolischen Ausgestaltung präsent und wurde insbesondere in den Anfangsjahren stark herausgestellt. So feierte das Saarland bereits zweimal – am 3.10.1993 und am 3.10.2009 – ein grenzüberschreitendes "Europa-Fest".
Ebenso zeigen die Festakte eine vergangenheitsbewusste Perspektive. Das Holocaustgedächtnis und die Reflexion der deutschen Tätergeschichte haben ihren Platz in den Reden am Tag der Deutschen Einheit. Mit dem Fall der Mauer solle nichts vergessen sein, betonte beispielsweise Bundesratspräsident Henning Voscherau am 3. Oktober 1991: "Im Gegenteil, die Spuren nationalsozialistischer Gewaltherrschaft sind uns zu gemeinsamem Erinnern aufgetragen. Auch das heißt Einheit."
Auch die Bedeutung des demokratischen Systems für das gemeinschaftliche Zusammenleben im vereinigten Deutschland wird anlässlich des 3. Oktobers hervorgehoben. Im Sinne des Verfassungspatriotismus lässt sich darüber hinaus auch der Anspruch bewerten, ein realistisches Bild der Situation zu zeichnen, das die "hartnäckige Vereinigungskrise"
Insgesamt waren die Festakte in den Anfangsjahren eher nüchterne und zurückhaltende Zeremonien, die vor allem durch Reden und klassische Musikeinlagen geprägt waren. Die mehrmals gezeigten Darbietungen von Kindern standen darüber hinaus in einem starken Kontrast zu den in anderen europäischen Ländern zum Nationalfeiertag üblichen Militärparaden. In Saarbrücken sang beispielsweise 1993 ein Kinderchor die Hymne "Frei und schön wie Lieder und hell wie Sonnenschein soll für alle Brüder die Welt von morgen sein"
Die zurückhaltende Inszenierung des Nationalfeiertags knüpft somit an die Traditionen der alten Bundesrepublik an, die sich von den militärischen Zeremonien und Massenveranstaltungen der DDR abgegrenzt hatte.
Feiern per Fernbedienung: Nüchterne Anfänge bei ARD und ZDF
Daniel Dayan und Elihu Katz haben (an einmaligen Fernsehereignissen) gezeigt, dass die Fernsehübertragung eines Ereignisses dessen dominante Botschaft durch bestimmte Präsentationsmodi hervorheben kann: "Fernsehen hilft dabei, die einschlägigen Merkmale, durch welche diese Identität der Feierlichkeiten verkündet wird, zu übermitteln und ermöglicht den Zuschauerinnen und Zuschauern, die Wesensart des Ereignisses zu identifizieren."
Die ersten Übertragungen des offiziellen Festakts durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten entsprachen dem von den Staatskanzleien vorgegebenen Skript eines nüchternen, den Verfassungspatriotismus inszenierenden Staatsaktes, und so waren die Möglichkeiten einer effektvollen Fernsehübertragung ohnehin gering. Ein geschlossener Raum bietet nur eine limitierte Anzahl von Kameraeinstellungen auf Bühne und Publikum. Bei nur sehr kurzen Pausen zwischen Reden und künstlerischen Darbietungen haben die Kommentatorinnen und Kommentatoren nur wenig Gelegenheit zur Intervention. Allenfalls können sie einige Hinweise zum Veranstaltungsort geben und die jeweiligen Reden in aller Kürze zusammenfassen.
Die TV-Übertragung von ökumenischem Gottesdienst und Festakt wurde jährlich wechselnd auf die beiden öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aufgeteilt. Weder konkurrierten ARD und ZDF also miteinander, noch mit privaten Fernsehsendern, sodass eine effektvollere Inszenierung auch aus ökonomischer Perspektive nicht erforderlich war.
ZDF und ARD transportierten und verstärkten also die Botschaft des zurückhaltenden Feierstils.
Die Übertragungen des Festakts hatten meistens keinen effektvoll gestalteten Vorspann, sondern blendeten einfach den Titel der Sendung ein, der zumeist schlicht hieß "Festakt zum Tag der Deutschen Einheit." Eine Ausnahme von derartiger Praxis bildete die Produktion des Bayerischen Rundfunks von 1996. Die Übertragung des Festakts wurde mit einer kurzen Dokumentation des Einigungsprozesses eingeleitet: mit Bildern von der Einigungsfeier vom 3. Oktober 1990, von Feuerwerk und wehenden Deutschlandfahnen sowie mit der zu hörenden Nationalhymne. Es erfolgte am Ende auch eine Abmoderation, die einen Appell an die Zuschauer richtete: "Sechs Jahre deutsche Einheit – das soll keine Schlussbilanz oder auch keine Zwischenpause sein, sondern das Signal für neues Kräftesammeln. Schließlich ist die deutsche Einheit keine Maschine, die von alleine läuft; erst die Menschen erwecken diese beiden Worte zum Leben."
1998 hingegen überließ die Übertragung der ARD die Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer sich selbst mit Sicht auf den sich langsam füllenden Festsaal sowie mit der Geräuschkulisse des sich formierenden Orchesters und der Unruhe der eintreffenden Gäste. Erst nach einigen Minuten meldete sich der Kommentator zu Wort und führte in den bevorstehenden Festakt ein. Oftmals fand keine oder nur eine sehr diskrete Abmoderation statt, wie zum Beispiel anlässlich des 3. Oktobers 2001 in Mainz, bei dem der Moderater den Zuschauerinnen und Zuschauern für ihr Interesse dankte und noch einen "friedlichen Feiertag"
Das Fernsehen wurde bei den Live-Übertragungen in den ersten Jahren insgesamt, wie es die Autoren einer stichprobenartigen Untersuchung des Festakts vom 3. Oktober 1997 treffend formuliert haben, "hoch konventionell und gewissermaßen andächtig eingesetzt".
Gesteigerte "Außeralltäglichkeit" im neuen Jahrtausend
Die Live-Übertragungen lassen – im Rahmen der durch den Festakt vorgegebenen Möglichkeiten – eine Entwicklung zu einer aufwendigeren Inszenierung erkennen. Beispielsweise wird nun mit Reportagen und Kommentaren an- und abmoderiert, es gibt doppelte Berichterstattung vom Ort des Geschehens und aus dem Fernsehstudio, Interviews mit Gästen des Festakts in der Live-Übertragung, vermehrt Kameraeinstellungen von außerhalb des Festsaals, oder die dauerhafte Einblendungen des Logos der Feierlichkeiten.
Am deutlichsten zeigt sich die Abkehr von der sparsamen Inszenierung auf der Ebene der Festakte selbst. Die Staatskanzleien bemühten sich im Laufe der Zeit um immer mehr Abwechslung, von der auch die Live-Übertragung profitierte.
Mit dem seit 2002 wiederkehrenden Einsatz dramaturgischer und audiovisueller Elemente konnten nun Emotionen transportiert und suggeriert werden. So begrüßte der Kommentator des MDR die Zuschauerinnen und Zuschauer zum Festakt 2004 in Erfurt mit einem Bild aus dem Festsaal und leitete über zu Bildern von der Einigungsfeier vom 3. Oktober 1990 mit den Worten: "In den vergangenen 14 Jahren lagen Freud und Leid gerade der Menschen in Ostdeutschland oft beieinander, doch der Jubel der Nacht vom 3. auf 4. Oktober 1990 (sic!) bleibt unvergessen. Bevor der Festakt in wenigen Momenten beginnt, zeigen wir Ihnen noch einmal die Bilder, die die Welt bewegten."
Am 3. Oktober 2007 in Schwerin wurde während des Festakts ein an der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg entstandener Kurzfilm gezeigt, in dem sich Kinder aus ganz Deutschland mit dem Deutschlandlied und seinen zentralen Themen Glück, Freiheit und Vaterland befassten. Auch die Anmoderation im Fernsehen forderte die Zuschauer zu dieser Auseinandersetzung auf: "Was bedeutet uns unsere Nationalhymne? Der Tag der Deutschen Einheit ist vielleicht der richtige Tag, um auch einmal darüber nachzudenken."
2014 in Hannover wurden während des Festakts Frauen und Männer der DDR-Bürgerbewegung in Bild- und Toncollagen mit ihrem Wirken und ihren Motiven in den Mittelpunkt gestellt. Ebenso wurden Bilder von Montagsdemonstrationen, Maueröffnung, politischen Meilensteinen auf dem Weg zum 3. Oktober 1990 und ein Rückblick auf die Jahre seit 1990 gezeigt. Der dramaturgisch geschickt inszenierte Festakt erzeugte "Gänsehautgefühl und feuchte Augen beim Publikum"
Schlüsselereignisse der Vergangenheit – fernsehgerecht inszeniert
Am Tag der Deutschen Einheit gedachten die Festrednerinnen und -redner von Anfang an des Endes der DDR-Diktatur und der Wiedervereinigung und würdigten damit sowohl die Rolle der DDR-Bürger als auch die Leistungen der Regierung Kohl. Ungeachtet aller Forschungskontroversen über die Angemessenheit des Revolutionsbegriffs für die Ereignisse von 1989/1990
Die seit 2002 in die Festakte integrierten Filme, Bild- und Toncollagen setzten die historische Zäsur wirkungsvoll in Szene und rückten sie so zunehmend in das Zentrum der Feierlichkeiten. 2005 in Potsdam beispielsweise wurden während des offiziellen Festakts Teile des Dokumentarfilms "Wie im Flug … 15 Jahre Deutsche Einheit" vorgeführt. Nur kurze Zeit nach dem 9. November 1989 entstanden, zeigte er die Berliner Grenzanlagen von der Ostseite. Der die Bilder live kommentierende ostdeutsche Schauspieler und Synchronsprecher Hans Teuscher rief die mörderischen technischen Details des Sicherheitssystems und die Opfer der Berliner Mauer ins Gedächtnis und schuf eine beklemmende Atmosphäre im Saal, die die Fernsehsender und auch die Printmedien weiterverbreiteten: "Die beklemmenden Bilder flimmern über zwei Großbildschirme in Potsdams Caligari-Halle und nehmen die rund 1000 versammelten Gäste beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit gefangen. 15 Jahre nach der Wiedervereinigung scheint es notwendig, wieder eindringlich an die Vergangenheit zu erinnern."
Ebenso setzte der Film "Vorher-Nachher-Bilder" ein, um das Ende der DDR-Diktatur zu visualisieren: Eine Einstellung zeigte ein von der Mauer verdecktes Haus in unmittelbarer Nähe eines Wachturms. Das gesamte Bild, von kühlen Farben und vor allem von Grau dominiert, veränderte sich durch einen fließenden Übergang zu einer exakt gleichen, jedoch späteren Aufnahme der Straße: Der Wachturm und die Mauer waren verschwunden, die Straße nun begrünt und das Bild voller Farbe. Diese Farbgestaltung wurde auch mit anderen Perspektiven wie zum Beispiel auf den Potsdamer Platz wiederholt. Neben der historischen Zäsur wurden so auch der Aufbau Ost und die ökonomischen Konsequenzen der Vereinigung – ein wiederkehrendes Thema der Einheitsfeiern – visuell unterlegt. Dieses Vorher-Nachher-Motiv war auch in der ostdeutschen Lokalberichterstattung zum 3. Oktober ein beliebtes Mittel, um die seit 1990 realisierten Fortschritte in der eigenen Stadt oder Region zu verdeutlichen. Durch die Überblendung der Bilder und die musikalische Dramaturgie von einem leisen, traurigen Spiel mit einem Crescendo hin zu fröhlicher Musik war dieser Kunstgriff im Fernsehen jedoch um ein Vielfaches effektiver.
2006 in Kiel wurde eine Visualisierung der deutschen Nachkriegsgeschichte und des bisher im Einigungsprozess Erreichten geboten. Ein Zusammenschnitt von Archivbildern begann mit der berühmten Pressekonferenz Walter Ulbrichts vom 15. Juni 1961. Nachdem Ulbricht versichert hatte, niemand habe die Absicht, eine Mauer zu errichten, stoppte die Aufnahme und das Gesicht Ulbrichts wurde, begleitet von mehreren Paukenschlägen, herangezoomt. Anschließend begann das Orchester im Saal Beethovens "Ode an die Freude" zu spielen. Die Archivbilder setzten wieder ein und zeigten "Schlüsselbilder einer mörderischen Grenze"
Zusammenfassung und Ausblick
Insbesondere in den Anfangsjahren zeigte die zurückhaltende Inszenierung des 3. Oktobers ein sich der nationalen und internationalen Vorbehalte bewusstes, wiedervereintes Deutschland. Die Live-Übertragungen des offiziellen Festakts passten sich dem verfassungspatriotischen Stil an und potenzierten ihn. Als Staatsakt konzipiert, der die Bedeutung der staatlichen Eliten unterstrich, war der 3. Oktober Gegenstand wiederkehrender Kritik. Für die Legitimationsfunktion des offiziellen Festakts war die massenmediale Berichterstattung, insbesondere durch das Fernsehen, essenziell. Die Live-Übertragung ermöglichte der Öffentlichkeit den Zugang und suggerierte eine Teilnahme am Geschehen.
Sowohl die Gestaltung der Zeremonien selbst und mithin auch die Live-Übertragung durch ARD und ZDF entwickelten sich im Laufe der Jahre hin zu einer immer aufwendigeren Inszenierung. Die verstärkte Einbindung audiovisueller Elemente führte zu einer fortschreitenden Ästhetisierung der Feiern und einer Anpassung an Visualisierungskriterien. Sie steigerten nicht nur die Außeralltäglichkeit des Festakts, sondern bezeugen auch die mediale Prägung von Erinnerungskulturen. In der visuellen Konstruktion des 3. Oktobers wurden die Ereignisse von 1989/1990 als historische Zäsur in Szene gesetzt und als wichtiges Element des neuen Gründungsmythos versinnbildlicht. So wurden die Festakte zunehmend emotionaler und sind Ausdruck einer Veränderung der deutschen Erinnerungskultur, in der überdies die jüngste deutsche Vergangenheit verstärkt in den Vordergrund rückt.
Das 25. Jubiläum der Einheit steht bevor. Es ist anzunehmen, dass sich die Tendenz zur fortschreitenden Außeralltäglichkeit, Ästhetisierung und Emotionalisierung, die im Übrigen auch bei den Bürgerfesten zu beobachten ist, sowohl auf der Ebene des Ereignisses als auch in der Fernsehübertragung fortsetzen wird.
Dieser Artikel basiert im Wesentlichen auf einem Kapitel der 2010 im Campus Verlag erschienenen Studie der Autorin: Gefeierte Nation. Erinnerungskultur und Nationalfeiertag in Deutschland und Frankreich seit 1990, Frankfurt/M.–New York 2010.