Im Juni 1990 führte "Die Zeit" eine Umfrage unter Persönlichkeiten aus Kultur und Politik durch (darunter Fritz Stern, Hans Modrow, Ernst Nolte, Ralph Dahrendorf, Golo Mann, Antja Vollmer und Lea Rosh) und bat darum, Namen, Datum und Hymne für einen Nationalfeiertag für das neue Deutschland vorzuschlagen.
Mit der Wiedervereinigung verloren die gesetzlichen arbeitsfreien Feiertage der DDR ihre Gültigkeit und es wurden nur die Feiertage behalten, die auch in der Bundesrepublik galten (beispielsweise der 1. Mai und die christlichen Feiertage). Außerdem wollte man generell einen Perspektivwechsel wagen. Als zutiefst geprägt vom Diskurs des Kalten Krieges und in der Bevölkerung kaum wahrgenommen oder gelebt, wurde der in Westdeutschland seit 1954 geltende Nationalfeiertag des 17. Juni diskussionslos abgeschafft, er gilt aber nach wie vor als ein nationaler Gedenktag, an dem der Opfer des SED-Regimes gedacht wird.
Der Vorschlag, den 3. Oktober als neuen Nationalfeiertag zu wählen, wurde von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) während eines nicht öffentlichen Kolloquiums den Ministerpräsidenten der alten Bundesländer am 29. August 1990 unterbreitet und schließlich angenommen.
Auseinandersetzungen um den Termin des neuen Nationalfeiertages
Vorteilhaft war zwar, dass der 3. Oktober geschichtlich nicht negativ besetzt war, aber er erinnerte auch lediglich "an etwas so Aufregendes wie ein bürokratisches Verfahren".
Aufgrund der nicht erfolgten Aussprache im Bundestag kam es immer wieder zu öffentlicher Kritik an der Wahl des 3. Oktobers als Datum des Nationalfeiertages. Unter anderem von den Historikern Arnulf Baring und Hans-Ulrich Wehler wurden Alternativen wie der 17. Juni und der 18. März vorgeschlagen. Hauptkonkurrent des 3. Oktobers blieb jedoch der 9. November.
Einer der einflussreichsten Befürworter des 9. November war im Jahr 2000 der damalige Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen), der in einem "Spiegel"-Interview erklärte: "Für mich ist immer noch die Frage, warum diese Republik nicht den Mut hatte, den 9. November zum Nationalfeiertag zu bestimmen. (…) Das ist unsere ganze Geschichte. Tiefste Trauer und Betroffenheit über das, was der deutsche Staat seinen jüdischen Bürgern und anderen angetan hat. (…) Der 9. November war aber auch die Nacht, in der die Mauer fiel, als die Menschen auf der Straße tanzten. Dieses Datum hat eine ganz besondere emotionale Qualität."
Die Gefahr, dass die Erinnerung an die Reichspogromnacht von 1938 durch die Feierlichkeiten zum Gedenken an den Mauerfall verdrängt werden könnte, wurde im Übrigen schon sehr früh von dem Publizisten und Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel benannt. Dieser kritisierte im Dezember 1989 den Westberliner Bürgermeister Walter Momper (SPD) für seine Äußerung, der 9. November würde in die Geschichte eingehen. Dabei habe Momper vergessen, "dass der 9. November seinen Platz in der Geschichte bereits hat: An diesem Tag vor 51 Jahren fand die ‚Reichskristallnacht‘ statt".
Auf der Suche nach einem Datum, das die Schwächen des 3. Oktobers überwinden könnte, wurde der 9. Oktober vorgeschlagen im Gedenken an die Leipziger Montagsdemonstrationen, die eine entscheidende Etappe der Friedlichen Revolution hin zum Zusammenbruch der DDR darstellten. Ab September 1989 "versammeln sich die Leipziger jeden Nachmittag um fünf in vier Kirchen im Zentrum der Altstadt. Die Pfarrer sprechen über Leipzig und über die Stadt Gottes. Weltliche begleiten sie in einem langen Gebet, dessen Text aus einer ungewöhnlichen Mischung aus Auszügen aus der Bibel und diversen Tageszeitungen besteht. Die Gläubigen nehmen sich an der Hand und singen die alten Kirchenlieder von Luther. Danach kehren sie zurück in die dunklen Straßen voller Menschen, in den Händen Kerzen und Fahnen, und bilden einen Zug, der bei seinem Marsch durch die Straßen stetig größer wird".
Im Jahr 2004, fünfzehn Jahre nach 1989, erklärte Thierse, "mit dem 9. Oktober hätte vor allem auch der Beitrag der Ostdeutschen zur deutschen Geschichte gewürdigt werden können".
Aber der 9. Oktober fand nicht genug Zustimmung, um sich als Alternative zum 3. Oktober durchzusetzen. Dies lag vor allem daran, dass man den Eindruck hatte, die Bürger Westdeutschlands seien durch dieses Datum nicht ausreichend repräsentiert. Eine mögliche Lösung wäre gewesen, 1990 das Beitrittsdatum der DDR zur Bundesrepublik auf den 9. Oktober zu legen und somit die Erinnerung an die Friedliche Revolution und die Vollendung der Wiedervereinigung vom Datum her abzustimmen. Dieser vom letzten Ministerpräsidenten der DDR, Lothar de Maizière (CDU), unterbreitete Vorschlag sollte den ostdeutschen Bürgern "ein gewisses Maß an Würde wahren",
Wie der 9. November gefeiert wird
Der 9. November ist weder ein gesetzlicher Feiertag noch ein offizieller Gedenktag. Trotzdem wurde die Erinnerung an den Mauerfall wachgehalten, durch verschiedene Veranstaltungen schon in den ersten Jahren nach 1989, insbesondere zu seinem fünften Jubiläum. Das Datum gewann bundesweite Bedeutung erstmalig bei seinem zehnten Jubiläum, als sowohl die Bundesregierung als auch der Berliner Senat die offiziellen Veranstaltungen organisierten.
Für die Feierlichkeiten im Bundestag am 9. November 1999 wurde der Rednerliste (darin vertreten: Michail Gorbatschow, George W. Bush, Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Wolfgang Thierse) erst im zweiten Anlauf Joachim Gauck hinzugefügt – evangelischer Pastor aus Rostock, Vertreter des Neuen Forums und damaliger Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen. Anfänglich war gar kein Beitrag aus den neuen Bundesländern vorgesehen, was unvermeidlich empfunden wurde als "ein Affront gegen alle Ostdeutschen, die sich wieder einmal als Bürger zweiter Klasse fühlen mussten".
Auch bei der Feierstunde des Berliner Senats im Roten Rathaus am Vormittag des 9. Novembers 1999 bereitete die Auswahl der Redner die größten Sorgen. Die ostdeutsche Komponente sollte zwar vorherrschend sein, "es sollte aber kein nostalgisches Bürgerbewegungs-Revival über die Ideale der Runden Tische werden".
Der Berliner Senat, der neben der Bundesregierung für die Gestaltung des zehnten Jahrestag der Maueröffnung zuständig war, betonte die Notwendigkeit, dem 3. Oktober und dem 9. November klar zu unterscheidende Profile zu verleihen. Ersterer sei ein Tag, an dem Bilanz gezogen werden sollte zur Einheit Deutschlands und zu dem, was politisch bereits erreicht wurde und was es noch zu erreichen galt. Der 9. November hingegen sei ein Tag "der historischen Vergegenwärtigung und Einordnung".
Zehn Jahre später wurde die Feier anlässlich des Mauerfalls als "Fest der Freiheit" international übertragen und mitverfolgt. An den Feierlichkeiten am Abend des 9. November 2009 nahmen neben dem Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Horst Köhler auch Vertreter der vier Besatzungsmächte – der britische Premierminister Gordon Brown, der französische Präsident Nicolas Sarkozy, die US-Außenministerin Hillary Clinton und der russische Präsident Dmitrij Medwedew – teil, ebenso Zeitzeugen und wichtige Akteure der Wiedervereinigung, so Michail Gorbatschow, Hans Dietrich Genscher, Lech Wałęsa und Miklós Németh sowie einige Mitglieder der Widerstandsbewegung der DDR wie Roland Jahn und Marianne Birthler.
Eingeleitet durch ein Konzert unter der Leitung von Daniel Barenboim war der Höhepunkt des Abends die Inszenierung des Mauerfalls durch den Fall tausender Dominosteine entlang des ehemaligen Mauerverlaufs. Den Abschluss bildete der Auftritt eines bekannten DJs.
Der Erfolg des Festes in puncto Besucherzahlen und Fernsehzuschauer ließ erneut Forderungen laut werden, den 9. November zum Nationalfeiertag zu küren.
Ad acta gelegt schien die Kritik, die noch 1999 an den Feierlichkeiten im Bundestag geäußert worden war, dies nicht zuletzt dank Kanzlerin Merkel, die die Feierlichkeiten zum 9. November 2009 mit einem Spaziergang entlang der Bösebrücke in der Nähe der Bornholmer Straße begann, wo 1989 nachts der erste Grenzübergang geöffnet worden war. Begleitet wurde sie von Gorbatschow, Wałęsa und Vertretern der Bürgerrechtsbewegung der ehemaligen DDR und rückte somit symbolisch die nationalen und internationalen Akteure der Revolution ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
An der Zwanzigjahrfeier waren erstmals neben den offiziellen Stellen wie Berliner Senat und Bundesregierung auch ehemalige Protagonisten der Friedlichen Revolution aktiv beteiligt. Insbesondere die Robert-Havemann-Gesellschaft und die Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen organisierten 2009 zahlreiche öffentliche Veranstaltungen, in denen der Fokus größtenteils auf die nationalen und internationalen Ereignisse gerichtet war, die letztendlich zum Niedergang der DDR und ihrer Hauptvertreter geführt hatten. Die Robert-Havemann-Gesellschaft war außerdem federführend an einer großen Open-Air-Ausstellung am Alexanderplatz beteiligt, in der der Verlauf der Friedlichen Revolution mit all ihren Akteuren und der Weg hin zur Einheit dargestellt wurden. Der Schwerpunkt wurde auf die Oppositionsbewegung der DDR-Bürger gelegt, ohne dabei die internationalen Aspekte zu übergehen.
Der 25. Jahrestag des Mauerfalls wurde ebenfalls von Berliner Senat und Bundesregierung gemeinsam gestaltet und war genau wie die Zwanzigjahrfeier ein großes öffentliches Event mit gewaltiger medialer Resonanz und hunderttausenden Zuschauern. Volksfest und künstlerische Performance waren die Hauptelemente. Auf einer Strecke von 15 Kilometern entlang des ehemaligen Mauerverlaufs wurden achttausend leuchtende Ballons aufgestellt. Am Abend ließ man dann ausgehend vom Brandenburger Tor, wo die Hauptbühne stand, die Ballons zu den Klängen der "Ode an die Freude" steigen. Diesmal erklärte "Spiegel Online": "Ein modernes Erinnern, entstaubt und frisch, gelang erstaunlich gut."
Wenngleich eine so überwältigende Gedenkfeier den Eindruck erweckt, man wende sich nun mehr der jüngeren Vergangenheit und den positiveren Aspekten der deutschen Geschichte zu, ist die Erinnerung an den 9. November 1938 nicht gänzlich aus den Veranstaltungen verschwunden. So erklärte Kanzlerin Merkel zur Eröffnung des Fests der Freiheit 2009: "der 9. November markiert eine wahrhaft glückliche Stunde der deutschen und der europäischen Geschichte (…). Doch für uns Deutsche ist der 9. November auch ein Tag der Mahnung. Heute vor 71 Jahren wurde in der Reichspogromnacht das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte aufgeschlagen: die systematische Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden und vieler anderer Menschen."
Der 9. Oktober auf dem Weg zum lokalen Feiertag
Es war die "Initiative Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober" (kurz "Initiative 9. Oktober"), die den 9. Oktober als festen Gedenktag einrichten wollte. Sie besteht aus ehemaligen Aktivisten der Bürgerrechtsbewegungen und nichtstaatlichen Einrichtungen, die einen direkten Bezug zum Herbst 1989 haben, darunter die Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke" im ehemaligen Sitz der Stasi, die Universität Leipzig, das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig und die Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen.
Mitte der 1990er Jahre begann die Initiative mit öffentlichen Treffen und dem traditionellen Friedensgebet und erreichte dann zum zehnten Jahrestag 1999 erstmals Breitenwirkung, als vor der Nikolaikirche als einem der ersten Denkmäler der Friedlichen Revolution eine Säule zur Erinnerung an die Ereignisse errichtet wurde. Zum traditionellen Ablauf des 9. Oktobers gehören mittlerweile drei Elemente: das Friedensgebet in der Nikolaikirche, die Rede zur Demokratie und das Lichtfest. Die Auswahl der Redner für die Rede zur Demokratie ging bis dato in zweierlei Richtungen. Zunächst wurden Vertreter der Bundesrepublik als Redner eingeladen (die Präsidenten von Bundestag und Bundesrat, der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, der Bundespräsident), die dazu aufgerufen wurden, sich für die offizielle Anerkennung des 9. Oktober einzusetzen. In jüngerer Zeit wandte man sich eher Persönlichkeiten aus Polen, Ungarn und der Tschechischen Republik zu, um die internationale Komponente der Revolution von 1989 zu betonen. Im Laufe der Zeit wurden die Feierlichkeiten nicht mehr nur von der "Initiative 9. Oktober", sondern auch vom Land Sachsen, dem sächsischen Parlament und der Stadt Leipzig organisiert.
Ebenso wie die Gedenkfeier zum Mauerfall erreichte auch die zum 9. Oktober ihren bisherigen Höhepunkt zum zwanzigsten Jahrestag, als 2009 der Tag in Leipzig zum lokalen Feiertag gekürt wurde. Die Feierlichkeiten begannen mit der Einweihung der Demokratieglocke am Augustusplatz, danach folgte die offizielle Zeremonie mit Bundespräsident Horst Köhler, dem Bürgerrechtler Werner Schulz, dem Leipziger Bürgermeister, dem Landtagspräsidenten und dem sächsischen Ministerpräsidenten. Highlight war nach wie vor das abendliche Lichtfest mit rund 150.000 Teilnehmern. Im Anschluss daran wurde der Teil des Leipziger Stadtrings abgelaufen, auf dem zwanzig Jahre zuvor die Montagsdemos stattgefunden hatten. Das symbolische Wachrufen der Ereignisse in der kollektiven Erinnerung ermöglichte es, auch die Menschen, die an den Protesten 1989 nicht teilgenommen hatten, "zwanzig Jahre später physisch einzubinden in eine ‚authentische‘ Veranstaltung, die basierend auf ihrem historischen Vorbild, ein starkes Gefühl emotionaler Bindung erzeugte".
Zentrales Argument der Leipziger Gedenkfeier ist, was auch in der Rede zur Demokratie von Bürgerrechtler Werner Schulz 2009 klar zum Ausdruck kam: "Ohne den 9. Oktober in Leipzig hätte es den 9. November in Berlin nicht gegeben. Und nicht den 3. Oktober 1990."
Der 25. Jahrestag des 9. Oktobers im Jahr 2014 wurde nach dem bis dahin etablierten Ablauf gestaltet.
Schlussfolgerungen
Trotz des wachsenden öffentlichen Interesses an den Gedenkfeierlichkeiten des 9. Oktobers und des 9. Novembers wird wahrscheinlich der 3. Oktober Nationalfeiertag bleiben. Auffallend ist jedoch, dass – wie eingangs ausgeführt – im Laufe der Jahre immer wieder Alternativvorschläge laut wurden, die Unterstützung auch von Vertretern höchster Stellen fanden. Das Problem scheint nicht zu sein, dass die Deutschen "unfähig" sind, zu feiern. Die Schwierigkeit scheint vielmehr darin zu liegen, eine angemessene Sprache zu finden, der es gelingt, den jüngsten zeitgeschichtlichen Ereignissen wie der Friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung Rechnung zu tragen, ohne dabei allzu große Nabelschau zu betreiben oder ein übertriebenes Medienspektakel zu entfachen. Der 3. Oktober ist bekannt als ein Tag, an dem sich Staatsmänner und politische Elite selbst feiern, ohne dabei das Volk allzu sehr mit einzubeziehen.
Den Befürwortern des 9. November ist es nicht gelungen, einen neuen Gründungsmythos entstehen zu lassen, dies vor allem aufgrund der Mehrdeutigkeit des Datums und laut dem Politologen Herfried Münkler auch aufgrund der räumlichen Eingeschränktheit des Mauerfalls, den das westdeutsche Volk schließlich nur als Beobachter verfolgt hat.
Gleichwohl entwickeln sich Formen des Gedenkens, wie beispielsweise das Leipziger Lichtfest oder die Feierlichkeiten zum Tag des Mauerfalls, die eine neue Tendenz in der kollektiven Erinnerung der Deutschen deutlich werden lassen. Vor allem die Hervorhebung dieser beiden Daten, die in der Öffentlichkeit immer stärker gefeiert werden, zeigt den Wunsch, die Ereignisse von 1989 und 1990 getrennt zu betrachten und daran zu erinnern, dass die Wiedervereinigung zwar schnell vollzogen wurde, ihr Erfolg aber keinesfalls selbstverständlich war. Wenn man den Fokus auf die Revolution von 1989 legt, werden dadurch die nachfolgenden Schwierigkeiten außer Acht gelassen, die während des praktischen Prozesses der Wiedervereinigung aufgetreten sind. Die Friedliche Revolution, die dem Mauerfall vorangegangen war – und für die sich die Bezeichnung "die erste gelungene und gewaltfreie Revolution in der deutschen Geschichte"
Die Feierlichkeiten zum 20. und 25. Jahrestag des Mauerfalls und der Montagsdemo am 9. Oktober zeigen den Versuch, jenseits der institutionellen oder offiziellen Ebene eine Ausdrucksform für das Gedenken zu finden, mit der das Volk selbst unmittelbar angesprochen und zur Interaktion und aktiven Beteiligung aufgefordert wird. Während der 9. Oktober sich vornehmlich an ein deutsches Publikum richtet, stößt der 9. November, sei es aufgrund der Tragweite des Mauerfalls oder aufgrund der Anziehungskraft Berlins, auf internationale Aufmerksamkeit und zeichnet weltweit ein positives und überzeugendes Bild von Deutschland. Auch wenn sie auf unterschiedliche Reaktionen treffen, scheinen beide Feierlichkeiten von dem Bemühen geprägt zu sein, ein neues, positiv besetztes Image Deutschlands aufzubauen. Im Gegensatz zum 3. Oktober ist der Ablauf der Feierlichkeiten stark emotional geprägt und scheint eine neue Tendenz abzuzeichnen, weg von der öffentlichen Selbstdarstellung, von der die Bundesrepublik während der Teilung Deutschlands geprägt war, in der staatliche Feierlichkeiten zumeist ein "enormes Defizit was öffentliche Emotionen in institutionalisierten Zeremonien anbelangt"
Es ist schwierig, aus einem fortlaufenden Prozess wie der Entstehung einer kollektiven Erinnerung an die Friedliche Revolution und Wiedervereinigung dauerhafte Schlussfolgerungen zu ziehen. Es scheint sich jedoch ein "Wandel in der Erinnerungskultur der Deutschen zu vollziehen, in der immer mehr Bezug auf die jüngste Geschichte genommen wird"
Die Weiterentwicklung einer kollektiven Erinnerung der Deutschen hat schlussendlich nicht, wie befürchtet, zu einer Vernachlässigung der Erinnerung an den Holocaust geführt, die nach wie vor zumindest im öffentlichen Diskurs maßgeblicher und "ethisch orientierender"
Übersetzung aus dem Italienischen: Alina Plachky, Heidelberg.