Vor rund 20 Jahren begann der Einzug des New Public Management (NPM) in die deutsche Hochschulpolitik. Das Neue an diesem Zugang, und damit auch seine Probleme, werden schon in der Bezeichnung selbst deutlich.
Es geht zum einen um "Management", und ob Management mit Wissenschaft einhergehen kann, wurde schon Ende der 1990er Jahre in einem Buch problematisiert, dessen Titel "Hochschulen managen?" wohlweislich mit einem Fragezeichen endete.
Es geht zum zweiten um "Public" Management, also nicht das Management eines privatwirtschaftlichen Unternehmens, das seine Funktionslogik und Erfolgskriterien von Marktgesetzlichkeiten her bezieht, sondern um einen öffentlichen Bereich, für den nach unserer Verfassung die Bundesrepublik Deutschland als "Kulturstaat" eine politische Verantwortung trägt. Ein solches Management ist nicht auf die "unsichtbare Hand des Marktes", sondern die "sichtbare Hand des Staates" bezogen. Repräsentiert wird diese in der Hochschule traditionell in der Position des Kanzlers, die sich schon in der Humboldt’schen Universität aus der Figur des preußischen Kurators heraus entwickelt hat.
Und es geht zum dritten um ein "New" Public Management, das, anders als mit der klassischen Verwaltung häufig assoziiert, endlich ernst machen sollte mit dem Effizienzdenken auch in der öffentlichen Sphäre. Dahingehend lautet dann die skeptische Frage nicht, ob Hochschulen nach Managementprinzipien reformierbar sind, sondern ob die Politik in der Lage ist, das Hochschulsystem nach Managementprinzipien zu reformieren. Unterscheidet man nach einem Mehrebenenmodell die Makroebene von Staat und Politik, die Mesoebene der Hochschule als Organisation und die Mikroebene der Wissenschaft selbst, dann lässt sich die Frage "Wie wissenschaftsadäquat ist New Public Management?" in Hinblick auf die Beziehung zwischen Staat und Hochschule einerseits und die Beziehung zwischen Hochschule und Wissenschaft andererseits ausdifferenzieren.
Meine These lautet, dass NPM nicht entweder wissenschaftsadäquat ist oder nicht, sondern dass es gestaltet werden muss und davon seine Angemessenheit für Wissenschaftsorganisationen abhängt. Es kommt nicht nur auf den organisationalen Aspekt, den Baukasten an Methoden und Instrumenten, sondern auch auf den personalen Aspekt an, auf das, was die Akteure aus den damit gegebenen Möglichkeiten machen. Entscheidend ist das Zusammenspiel von Managementinstrumenten und Managern, von Struktur und Handeln, von Organisation und Person oder wie immer diese beiden Seiten derselben Medaille heißen. Dabei kann NPM recht hohe Anforderungen an die Akteure insbesondere in Führungspositionen stellen. Wird ihnen nicht entsprochen, führt das zu kritikwürdigen Verhältnissen, für die es eigentlich nur zwei Erklärungen gibt: Entweder sind die für die Bedienung der Managementinstrumente – auch für deren fachspezifische Modifikation und Korrektur – erforderlichen Anforderungen so hoch, dass sie die Kompetenzen der Akteure systematisch überfordern, oder aber die Kompetenzen der Akteure sind nur manchmal, aber nicht ständig zur Bewältigung dieser Komplexität zu gering. Nur im ersten Fall erweist sich NPM als nicht wissenschaftsadäquat, im zweiten Fall besteht Hoffnung, sofern man auch in den Führungsetagen des Managements auf Lernfähigkeit setzen darf.
Bevor ich mich im Folgenden mit diesen beiden Aspekten genauer beschäftige, möchte ich als Grundlage dafür mit einer kurzen Rekonstruktion des NPM beginnen. Dabei beschränke ich mich auf den Aspekt, der für meine These zentral ist, nämlich die Produkt- und Ergebnisorientierung des NPM.
Was ist NPM?
Das NPM ist die verwaltungsinterne Konsequenz verwaltungsexterner Veränderungen, die sich in einem Wandel verwaltungspolitischer Leitbilder ausdrücken.
NPM ist somit Ausdruck einer Ökonomisierung, genauer gesagt des Zwangs zu höherer Effektivität und Effizienz bei der Erbringung staatlicher Leistungen ("Do more and better with less."). Es setzt auf den "schlanken Staat", der sich auf die strategische Steuerung beschränkt und umfangreiche Entscheidungsbefugnisse dezentralisiert oder sogar unter der Frage "Make or buy?" auf Private auslagerte. Zwischen Politik und Ministerialverwaltung, die sich aus der operativen Detailsteuerung zurückzieht und strategische Steuerung erst lernen muss, und das Handeln der individuellen Akteure, das gesteuert werden soll, schiebt sich deshalb die Mesoebene, auf der Organisationen mit eigener Macht und Verantwortung entstehen oder vorhandene gestärkt werden. Für den Hochschulbereich sind das die "autonomen" Hochschulen, die innerhalb eines staatlich-politisch verantworteten Gesamtkonzeptes ihre eigene Entwicklung oder Profilbildung selbst steuern und ihre neu gewonnenen Freiheiten auch dafür nutzen, zu ihrem Profil passende zivilgesellschaftliche Akteure einzubeziehen, beispielsweise über Hochschulräte. Das gesamte Konzept beruht auf der Überlegung, dass vieles von dem, was früher auf der staatlichen Ministerialebene entschieden worden ist, besser auf der sachnäheren Ebene der Universität selbst entschieden wird, der Staat aber trotzdem als Prinzipal das Heft in der Hand behält.
Im Zuge dieser "Autonomisierung" werden Aufgaben, Entscheidungskompetenzen und Verantwortung auf die Hochschulen dezentralisiert. Durch Globalbudgets, die die bisherige Steuerung über kleinteilige Haushaltstitel ablösen, erhalten sie neue Freiheitsgrade, werden aber zugleich unter eine strikte Ergebnisverantwortung gestellt. Ihre Leistungen werden in der Logik eines Produktionsprozesses betrachtet, in dem verschiedene Stufen zu unterscheiden sind, nämlich der Input, der Prozess selbst, das Produkt und die Wirkungen, die in der externen Umwelt der Organisation erzeugt werden. Als Input werden vor allem Geld, Personal, Räume und Bibliotheken angesehen, als Prozesse gelten Lehre, Forschung und die sie unterstützenden administrativen Dienstleistungen. Dies alles führt dann zu Studienplätzen und Absolvent(inn)en, Dissertationen, Publikationen, Patenten, Wissenstransfer, also den Produkten oder dem Output der Hochschule, was wiederum in ihrer Umwelt zu geringerer Akademikerarbeitslosigkeit, höherer Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft oder einem höheren Reflexionsniveau in der Gesellschaft, also Wirkungen führen soll, die als "Impact" oder "Outcome" bezeichnet werden.
Dreh- und Angelpunkt der gesamten Konstruktion sind die Produkte.
Politische Steuerung und Management
Betrachten wir zunächst die Beziehungen zwischen Staat und Hochschule, also die Frage, ob die Politik in der Lage ist, das Hochschulsystem nach Managementprinzipien zu reformieren.
Wenn der Staat Entscheidungsbefugnisse auf die "autonome" Hochschule dezentralisiert – markante Eckpunkte dafür sind vor allem die Übertragung des Berufungsrechts, die Einräumung von Globalbudgets und die Entscheidung über die interne Organisation sowie die Einführung und Schließung von Studiengängen –, dann gibt er erhebliche Steuerungsmöglichkeiten aus der Hand. Er behält aber die politische Verantwortung für die Entwicklung des Hochschulsystems und damit mittelbar auch der einzelnen Hochschulen bei. Er muss deshalb einen Rollenwechsel vornehmen und sich auf die strategische Steuerung konzentrieren. Was in der Wirtschaft, also dem privaten Management klappt – dort wäre der Staat eine Holding, die ihre Töchter vor allem über Gewinnziele und Kennzahlen steuert – scheint im Public Management aber auf Schwierigkeiten zu stoßen.
Es gibt nämlich keine klaren Erfolgskriterien wie an Märkten mit den roten oder schwarzen Zahlen, sondern es geht um politische Fragen, zu denen es bekanntlich unterschiedliche Auffassungen gibt. Welche Bedeutung soll Wissenschaft und Hochschulen als regionalen Standortfaktoren zukommen? Welche Rolle soll Exzellenz in der Wissenschaft spielen, und gibt es sie nur in der Forschung, oder auch in anderen Leistungsbereichen eines dann nicht nur vertikal, sondern auch horizontal differenzierten Hochschulsystems? Was ist damit in dem Spannungsfeld zwischen messbarer Performanz und medialer Reputation gemeint? Wie viele Studienplätze soll das Land angesichts der absehbaren demografischen Entwicklung finanzieren? Wie verteilen sich die auf die Bachelor- und Masterstufe, auf die Fächergruppen, auf Universitäten und Fachhochschulen? Sollen diese beiden Hochschultypen sich überhaupt noch voneinander unterscheiden und kooperieren, oder sollen sie sich aneinander angleichen und konkurrieren? Und wie soll das alles im Zeitalter von Schuldenbremsen finanziert werden? Das alles sind politisch brisante Fragen, deren Klärung auf Seiten des Staates nicht nur konzeptionelle Kompetenz und Kraft erfordert, sondern auch in seiner eigenen Binnenorganisation Konsequenzen nach sich ziehen müsste. Den Ministerien kommt sehr viel stärker eine planende und vorbereitende Rolle gegenüber der Politik sowie eine vermittelnde Rolle gegenüber den Hochschulen zu, sodass die Position der Planungsabteilungen gegenüber den Regionalreferenten gestärkt werden müsste. Auch innerhalb der Parlamente müsste die Rollenverteilung zwischen Haushalts- und Wissenschaftsausschuss neu austariert werden, denn wenn nicht mehr wie früher über Haushaltstitel, sondern über Ziele und Ergebnisse gesteuert wird, müsste die Expertise des Fachausschusses gegenüber den Haushältern stärker in den Vordergrund treten.
Statt einer strategischen Planung nach Managementprinzipien ist jedoch vielfach entweder ein Ausweichen oder ein Überreagieren zu beobachten. Ein Ausweichen fand beispielsweise unter dem "Hochschulfreiheitsgesetz" in Nordrhein-Westfalen statt, das im Januar 2007 in Kraft trat. Das Gesetz selbst bestimmte zwar in Paragraf 6: "Zur Steuerung des Hochschulwesens entwickelt das Land strategische Ziele und kommt damit seiner Verantwortung für ein angemessenes Angebot an Hochschulleistungen nach. Auf der Grundlage dieser strategischen Ziele werden die hochschulübergreifenden Aufgabenverteilungen und Schwerpunktsetzungen und die hochschulindividuelle Profilbildung abgestimmt." Eine solche strategische Zielbildung durch Ministerialverwaltung oder Parlament hat aber nie stattgefunden, stattdessen also: Ausweichen. Auch die Behauptung von Svenja Schulze, der derzeitigen Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen, deshalb müsse ein neues, diesmal ein "Hochschulzukunftsgesetz" her, ist nichts weiter als ein erneutes Ausweichverhalten, denn die gewünschte "Landeshochschulentwicklungsplanung" ist damit noch lange nicht in der Welt. Das Problem liegt in einem Vollzugsdefizit, dem durch immer neue Gesetze nicht beizukommen ist. Allerdings ist in dem im September 2014 verabschiedeten Gesetz entgegen dem Regierungsentwurf aus einer parlamentarischen Initiative heraus die Beteiligung des Parlaments an der Planung festgelegt worden. Das könnte eine höhere Verbindlichkeit schaffen und die Ministerialverwaltung stärker in eine Vermittlerrolle zwischen Politik und Hochschulen bringen.
Eine Überreaktion wäre es demgegenüber, wenn in Sachsen-Anhalt der ehemalige Finanz- und derzeitige Wissenschaftsminister Hartmut Möllring seine Drohung gegenüber der Universität Halle-Wittenberg wahr machte. Für den Fall, dass diese keine "Strukturvorschläge" für seine nach dem Rasenmäherprinzip vorgesehenen Budgetkürzungen liefere (angesichts der Rhetorik von "Profilbildung" eine interessante Variante von "Ironie des Staates"), hatte er angekündigt, "kommt auf uns sehr viel Arbeit zu, weil wir dann für die Uni Halle wieder in die Kameralistik statt ins Budgetverfahren fallen würden".
Manchmal hört man auch Stimmen, nach denen der Staat überhaupt nicht selbst planen, sondern nur mit den einzelnen Hochschulen bottom up entstandene Zielvereinbarungen aushandeln dürfe. Sie übersehen dabei, dass aus der Summe von Einzelvorstellungen noch lange keine vernünftiges Gesamtsystem entsteht und deshalb das Instrument der Zielvereinbarung "Teil eines hierarchischen Führungskonzeptes ist",
Aber auch ein reines Top-down-Verfahren, in dem Ziele vorgegeben und dann in Leistungen der Hochschulen umgesetzt werden sollen, scheitert, zum einen, weil außerhalb der Hochschulen das Wissen über die Umsetzungsmöglichkeiten in den Hochschulen zu gering ist, zum anderen aber auch wegen der für Hochschulen typischen Zielambiguitäten. Insgesamt handelt es sich bei solchen Verfahren nicht um Landesplanung, sondern – so der Gruppenleiter "Planung und Controlling" im nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerium Helmut Fangmann – nur um "eine geschickte Inszenierung unter diesem Label".
In der Modernisierungsforschung sind solche "Reformfassaden" als Entkoppelung von Talk und Action oder als "Organization of Hypocrisy"
Ich sehe hier eigentlich nur zwei Auswege: Entweder man unterscheidet stärker zwischen Zielen für das Hochschulsystem und Zielen für die jeweilige Hochschule.
Oder man beschränkt sich auf rein inkrementelle Strategien (die sich übrigens auch im Management von Unternehmen finden lassen und je nach Situation dort sehr erfolgreich sein können) und entwickelt aus den Vorschlägen der Hochschulen heraus allgemeinere Ziele. Das wäre eine eher politische Logik. Nach dem Garbage-can-Modell beispielsweise entscheidet Politik nicht linear planerisch, sondern situativ: Es werden nicht zunächst Probleme analysiert und dann Lösungen entwickelt, sondern es liegen schon immer eine Reihe von Lösungen in der Luft, die nach passenden Problemen rufen. Danach bedarf es überhaupt keiner konkreteren strategischen Ziele, um Defizite zu identifizieren, sondern was ein Defizit ist, wird jeweils nach Lage der Dinge – Welche Wählergruppen sind wie betroffen? Wann finden die nächsten Wahlen statt? – situativ, ex post bestimmt.
In beiden Fällen bedarf es hierarchischer Elemente, die über rein prozedurale Vorgaben hinausgehen und durch die Ministerialverwaltung in der Form eines "multirationalen Managements"
Das Zwischenfazit lautet also: Ausgeschlossen ist die Verbindung von Politik und NPM nicht. Sie ist zwar anspruchsvoll, aber erreichbar.
Hochschulmanagement und Wissenschaft
Soweit zu dem Verhältnis von Makro und Meso. Wie sieht nun innerhalb der Hochschule das Verhältnis zwischen Management und Wissenschaft, zwischen Meso und Mikro aus? Zunächst einmal: Trotz aller Kritik hat die Produktorientierung des NPM durchaus ihr Gutes! Produkte sind nämlich messbar und bringen dadurch mehr Transparenz in die Hochschule. Zahlen über Absolvent(inn)en, Studienabbrecher(innen), Forschungsergebnisse und Zitierungen, über verliehene Doktorgrade und Habilitationen können als Grundlage für Bewertungen und Vergleiche dienen. Sie bilden die Basis für ein Controlling, das wiederum zu einer höheren Diskussionskultur in der Hochschule beitragen kann. Wer etwas verändern will, muss nicht mehr im Blindflug agieren, sondern kann rational mit Zahlen argumentieren. Die Ergebnisorientierung führt bei der Diskussion über Veränderungsmaßnahmen zur Fokussierung auf Ziele und liefert dadurch klarere Kriterien für Erfolg oder Misserfolg solcher Maßnahmen. Das ist nicht zu verachten, vor allem wenn man auf die Zeiten vor dem NPM schaut, in denen Mitte der 1990er Jahre in der Hochschulrektorenkonferenz ein Politiker gesagt haben soll, "Man könnte in die deutschen Hochschulen einen Sack Geld mit einer Milliarde DM werfen und es würde noch nicht einmal Plumps sagen."
In dieser "Vermessung der Welt" liegt aber auch eine Gefahr. Wenn das Management einer Hochschule nach dem Motto verfährt "Hauptsache, das Ergebnis stimmt, alles andere ist mir egal!", führt das zu eine Verkürzung auf Studienplätze, Absolvent(inn)en, Publikationen, Drittmittel und dergleichen, und die schwer oder überhaupt nicht zu messenden Prozesse, das Forschen, Lehren und Lernen selbst, treten in den Hintergrund. Diese Entwicklung ist auch aus anderen Bereichen bekannt. Ob es im Fernsehen, in Theatern und Opernhäusern das Diktat der Quote oder im Fußball der bloße Ergebnisfußball ist, stets geht es um gemessene Effizienz, und das macht einfach keinen Spaß. Von dem österreichischen Skispringer Thomas Morgenstern wird erzählt, dass er eine Krise dadurch überwunden habe, dass er sich einfach darauf konzentriert habe, "schön zu springen", und weil er dann nicht mehr so verkrampft war, stimmten auch irgendwann wieder die Ergebnisse.
Das gilt nicht nur im Sport, in dem die Kriterien für gute und schlechte Ergebnisse mit Sieg, Unentschieden und Niederlage immerhin noch eindeutig sind, sondern erst recht in den "weicheren" Bereichen gesellschaftlicher Kommunikation wie Wissenschaft, Medien oder Kunst, in denen Kriterien von "Erfolg" oder "Qualität" nicht eindeutig sind und sich überdies Urteile häufig erst nach längerer Zeit bilden lassen. Alexander Kluge hat 1961 mit Helmut Becker ein Buch über "Kulturpolitik und Ausgabenkontrolle" geschrieben, in dem es ein Kapitel über die "Rechnungsprüfung in der Oper" gibt. 40 Jahre später hat er in einem Interview dazu gesagt: "Wir haben uns damit befasst, was ein Controller sagen könnte, wenn er die Oper einsparen möchte. Eigentlich können Sie das meiste im geistig-künstlerischen Bereich einsparen. Doch dann sitzt der Mensch im Gefängnis der Wirklichkeit, in dem er sich nicht frei bewegen kann. Mit einer völligen Rationalisierung tötet man einen wesentlichen Teil im Menschen und damit das Gemeinwesen, die Fähigkeit der Menschen, sich untereinander zu verbinden. Man kann die geistigen Bedürfnisse der Menschen nicht planwirtschaftlich behandeln. Man weiß nicht genau, was in einem Menschen passiert, wenn er musiziert oder Musik hört, aber man weiß, dass eine Gesellschaft glücklicher ist und reicher, wenn sie Musik zulässt."
Gilt dieser Gedanke von Kluge wirklich auch für die Wissenschaft? Der Träger des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften, Jean Tirole, hat kürzlich ein Zeitungsinterview zu Fragen der Wirtschaftspolitik gegeben, das mit der Frage endet "Was werden Sie nach Erhalt des Nobelpreises tun?", und seine Antwort lautet "In den nächsten Wochen wird sich natürlich viel ändern, und ich freue mich, dass mein Wort jetzt mehr gehört wird. (…). Doch ich hoffe, dass ich sehr schnell wieder in meinen Elfenbeinturm zurückkehren kann – zu meiner Forschung, meinen Kollegen und meinen Studenten. Das ist meine Leidenschaft."
Zahlen über Publikationen und Zitationen, Absolventen und Drittmittel, Evaluationsergebnisse, Rankings und Erfolge in Wettbewerben, das ist wichtig, werden deshalb nicht überflüssig. Aber sie können nur Anlass für Diskussionen und Beurteilungen sein, in denen es um das Verständnis der Zahlen geht, und das ist mehr als die richtige Anwendung technischer Regeln. Bei allem Messen und Steuern bleibt stets ein nicht planbarer Rest, der von subjektiven Einschätzungen, Interpretationen und auch Kontroversen abhängig bleibt, die der linearen Logik des NPM fremd sind, von denen aber der Erfolg der Sache ebenso abhängt. Wird dieser Zusammenhang aufgelöst, drohen entweder "Evaluitis", exekutiert durch bleichgesichtige Bürokraten,
Das Buch von Ada Pellert "Die Hochschule als Organisation" trägt deshalb den Untertitel "Die Kunst, Experten zu managen".
In der Betriebswirtschaftslehre wird diese Verbindung im Rahmen des "Resource-based View"
Bei dem Konzept der "Transaktionalen Führung" geht es nach dem Grundgedanken des "do ut des" um Techniken des Tausches (Transaktionen) mit Belohnungen und Leistungsanreizen. Sie haben ersichtlich eine große Nähe zu der Fokussierung des NPM auf das "objektive" Messen von Ergebnissen und Produkten. Es wäre aber wichtig, sie stark mit Ansätzen der "Transformationalen Führung"
Fazit
Das Fazit aus all dem fällt kurz aus. Das NPM ist nicht so schlecht, ohne Zahlen und Managementinstrumente geht es nicht. Vor allem gibt es kein Zurück zu dem Bürokratie- oder dem Planungsmodell. Allerdings stehen Lernprozesse an, sowohl auf der Makroebene des Staates als auch auf der Mesoebene der Organisation Hochschule. Lernziel ist die wissenschaftsadäquate Beherrschung der Instrumente, die Verbindung von Technik und Kompetenz, von Objektivität und Subjektivität. Ein wesentlicher Beitrag dazu liegt in der Entwicklung von Führungskompetenzen in Politik, Ministerialverwaltung und Hochschulen. Wenn diese Kompetenzentwicklung gelingt, dann, aber auch nur dann, ist das NPM auch wissenschaftsadäquat.