Obwohl militärische Organisationen in der historischen Rückschau in Kriegs- und Krisenzeiten immer auf Frauen angewiesen waren, gelten Krieg und Militär nach wie vor als typisch männliche Domänen. Sie wurden in der Vergangenheit als die wichtigsten Institutionen in der Konstruktion von Männlichkeit angesehen; militärische Männlichkeit konstituierte sich aus der Verknüpfung von Körperkraft, Heterosexualität, Mut, Kampfeswillen, der Bereitschaft, für die Nation zu sterben und die Schwachen, die "FrauenundKinder",
Der Gebrauch von Waffen und die damit verbundenen Möglichkeiten, über Leben und Tod zu entscheiden und Macht und Gewalt auszuüben, sind zentral für die Definition militärischer Männlichkeit und wurden immer auch als klar definiertes Abgrenzungskriterium zwischen den Geschlechtern in ein waffentragendes männliches und ein nicht waffentragendes weibliches Geschlecht verwendet. Frauen waren in fast allen europäischen Staaten bis vor kurzem formal von Kampfpositionen ausgeschlossen. Zwar war es ihnen im Rahmen der Selbstverteidigung als Sanitätssoldatinnen erlaubt, Waffen zu gebrauchen, und sie erhielten auch eine dementsprechende Ausbildung. Dies galt allerdings nicht für Kampfhandlungen. "Bewaffnung (ist) die langlebigste und stabilste Grenze, die Frauen zu überschreiten hatten, um vollständig anerkannte Soldatinnen zu werden."
Die Verknüpfung von Waffengebrauch und militärischer Männlichkeit war in der sozialen Praxis allerdings keineswegs so eng, wie es die offizielle Linie vorgab: Je nach historischem Kontext, den Erfordernissen der militärischen und politischen Führung und den Ambitionen einzelner Frauen nahmen Frauen immer auch aktiv an Kampfgeschehen teil. Neben der wohl berühmtesten historischen Kämpferin und französischen Nationalheldin Johanna von Orleans, die im 15. Jahrhundert während des Hundertjährigen Krieges unter französischen Truppen England und Burgund besiegte, kämpfte beispielsweise eine Frau namens Gesche Meiburg bei der Belagerung Braunschweigs durch die Truppen Herzog Friedrich Ulrichs von Braunschweig-Wolfenbüttel 1615 und verteidigte erfolgreich die Stadt. Dorothy Lawrence war als Kriegsreporterin in Männerkleidern im Ersten Weltkrieg an der Front und schaffte es 1915 als Mann verkleidet bis in die Spezialeinheiten britischer Militärs.
Diese historischen Beispiele führten jedoch nicht dazu, dass die Verbindung von Soldatenehre, Männlichkeit und Waffengebrauch aufgehoben wurde, waffentragende Frauen wurden im Gegenteil in der öffentlichen Wahrnehmung tabuisiert, mystifiziert oder als "Flintenweib" diskriminiert. Auch die Flakhelferinnen kehrten nach Kriegsende wieder nach Hause zurück und erfüllten ihre traditionelle Hausfrauenrolle. Traumatische oder auch emanzipatorische Erfahrungen, die sie in diesen Einsätzen erlebten, fanden in der Nachkriegszeit keinen Raum für Aufarbeitung. Erst seit den 1990er Jahren werden die vielfältigen Erfahrungen und komplexen Verflechtungen von Frauen in Kriegen und Konflikten als Opfer und Täterinnen aufgearbeitet.
Mit dem Ende des Kalten Krieges und der Restrukturierung militärischer Organisationen von Wehrpflichtarmeen zu Berufsarmeen öffneten sich viele europäische Armeen teilweise oder ganz für Frauen. Kampfpositionen blieben in vielen Ländern für Frauen allerdings nach wie vor verschlossen.
Zugleich verändern Krieg und Kriegsführung ihr Gesicht: Der verstärkte Einsatz von unbemannten Flugobjekten und Drohnen fordert nicht nur die Konfliktparteien und die Zivilbevölkerung auf neue Weise heraus, auch die militärische Geschlechterordnung bleibt hiervon nicht unberührt, insbesondere, wenn der traditionelle Kämpfer die Grundlage soldatischer Selbstdefinition ist, wie dies besonders für die US-Streitkräfte gilt.
Zur symbolischen Bedeutung von Waffen für Militärkulturen
Es lassen sich historisch fünf verschiedene Dimensionen des Waffengebrauchs (bezogen auf Handwaffen, kleine Waffen) herausarbeiten:
Die Waffe als soziales Symbol: Die Waffe dient der Trennung der Gesellschaft in zivile und militärische Räume. Sie fungierte historisch auch als Differenzierungsmerkmal unterschiedlicher sozialer Schichten und unterschiedlicher Truppengattungen. Jede Truppengattung innerhalb des Militärs besitzt ihren eigenen Waffenstolz, der ihre soldatische Ehre und Männlichkeit definiert.
Die Waffe als religiöses Symbol: Die Waffe symbolisierte im christlich geprägten Raum über viele Jahrhunderte hinweg die Verbindung zwischen Krieg und Christentum im Sinne des "Schwert Gottes".
Die Waffe als nationales Symbol: Waffen dienen immer auch der Herstellung eigener positiver Selbstdefinition und Kampfeskraft. Die eigenen Waffen werden als stärker und machtvoller bewertet als die des Feindes.
Die Waffe als Symbol von Sexualität und Männlichkeit: Waffen besitzen immer auch eine sexuelle Konnotation. So wird die Waffe als Phallus gesehen, der in die (als weiblich definierten) feindlichen Gebiete eindringt. Auf der Ebene von Männlichkeit symbolisieren sie sozial anerkannte männliche Eigenschaften wie Mut, Stärke, Kampfeskraft, Schutz und Verteidigung. Waffen symbolisieren ein "embodiment of violent, often militarized models of masculinity, which, in turn, have broader socio-political ramifications".
Die Waffe als Person: Waffen werden, gerade im Rahmen militärischer Sozialisation, zu engen Freunden, sie sind die "Braut des Soldaten", ein Kamerad oder ein Teil des eigenen Körpers. Sie werden zu Partnern, emotionaler Stütze und damit im militärinternen Diskurs verweiblicht.
Aus den bisherigen Ausführungen zur engen historischen Verknüpfung von militärischer Männlichkeit und Waffengebrauch ließe sich schlussfolgern, dass für Soldatinnen der Umgang mit Waffen eine besondere Herausforderung darstellt. In der sozialen Praxis zeigt sich hingegen zunächst das Gegenteil: Für Soldatinnen ist die Möglichkeit, an der Waffe ausgebildet zu werden, oft ein wichtiger Grund, sich für den Dienst zu entscheiden. Viele sind begeistert von der Schießausbildung und sehr stolz, wenn sie die Ausbildung erfolgreich absolvieren und dabei teilweise besser abschneiden als ihre männlichen Kameraden.
Auf der anderen Seite zeigt sich im Diskurs um den Waffengebrauch auch die Schwierigkeit der Frauen auf, ein positives soldatisches Selbstbild zu entwickeln. Sie identifizieren sich einerseits nicht mit dem vorgegebenen militärischen Weiblichkeitsideal – die schwache und zu beschützende Frau –, können aber andererseits nur unter großen Anstrengungen die Identität des Soldaten als Kämpfer übernehmen, da der Diskurs um unterschiedliche körperliche Leistungsfähigkeit von Frauen und Männern sehr dominant ist. So werden das Tragen und der Gebrauch von Waffen von vielen Soldatinnen explizit als körperlich sehr anspruchsvolle Aufgabe beschrieben, der sie als Frau nicht gut gewachsen sind. Soldatinnen sind damit in einer ambivalenten Position: Die Ausbildung an und der Gebrauch von Waffen sind zentral, um an militärischer Männlichkeit zu partizipieren und damit "richtige" Soldaten zu werden. Zugleich müssen sie damit umgehen, dass sie immer auch als Frauen mit bestimmten weiblich konnotierten Eigenschaften gesehen werden.
Militärische Männlichkeit in Zeiten von Drohneneinsätzen
Insbesondere die Erfahrungen der USA in den Kriegen in Afghanistan und Irak haben in den vergangenen Jahren zu einer massiven Ausweitung von Entwicklung und Einsatz von Drohnen und/oder unbemannten Flugobjekten geführt.
Zugleich ist in den USA eine intensive Debatte über die Ethik der Kriegsführung entbrannt. Im jüngst von der Nichtregierungsorganisation Human Rights Watch veröffentlichten "World Report 2014" werden die USA massiv für ihren Drohneneinsatz kritisiert, da dieser keinerlei rechtliche Grundlage besäße. Der Tod von Zivilisten in Kriegsgebieten durch Drohnen würde ohne Untersuchung oder Entschädigung der Überlebenden bleiben. Drohneneinsätze distanzierten die Truppen von der Anwendung von Gewalt, öffentliche Diskussionen hätten bisher kaum stattgefunden und die Kollateralschäden seien hoch, da nur sehr schwer zwischen Kämpfern, verdächtigen Personen, Zivilisten, zwischen Frauen, Kindern und Jugendlichen ("military aged males" MAM) zu unterscheiden ist. "Within a war strike zone, all MAMS are guilty, all women and children are innocent, but no one is protected."
Der verstärkte Drohneneinsatz verändert nicht nur die Form, die ethischen Rahmenbedingungen und Voraussetzungen von Kriegen, er greift auch tief in die militärische Geschlechterordnung ein und fordert die soldatische Identität heraus. Drohnenpiloten und -pilotinnen werden innerhalb der amerikanischen Streitkräfte als feige angesehen, sie widersprechen militärischer Kriegskultur, in der erst das Bestehen des direkten Kampfes als Zeichen von Männlichkeit gilt. Der Job galt zunächst als so unbeliebt, dass die militärische Führung auf Soldaten und Soldatinnen im Ruhestand zurückgreifen musste. Das Töten auf Knopfdruck, ohne Kampf "Mann gegen Mann", entspricht nicht dem Ideal hegemonialer militärischer Männlichkeit, das sich in den USA insbesondere durch die Kampfeinsätze in Afghanistan und im Irak verfestigt hat. Ein Job, den ebenso Frauen oder nerds ausführen können, stellt das Gegenteil von dem dar, was einen "echten" Soldaten ausmacht, wie Aggression, physische Stärke oder Mut.
Um die Anerkennung von Drohnenpiloten und -pilotinnen in den Streitkräften zu erhöhen, führte der frühere US-Verteidigungsminister Leon Panetta Anfang 2013 eine neue militärische Auszeichnung ein, die die Verdienste von Drohnenpiloten besonders würdigen sollte. Bereits Mitte 2013 mit dem Wechsel der Verteidigungsminister wurde diese Medaille wieder zurückgenommen, nachdem Veteranenorganisationen und Kongressmitglieder Druck auf die Regierung ausgeübt hatten. Sie fürchteten, dass durch die Einführung einer derartigen Auszeichnung die anderen Auszeichnungen wie die Purple Heart, die bei Verwundung oder Tod im aktiven Kampfgeschehen verliehen wird, degradiert würden. John Hamilton, einer der nationalen Abgeordneten des Veteranenverbands, begrüßte diese Entscheidung mit den Worten: "This decision will clearly keep medals that can only be earned in combat in their high order of precedence."
Diese Argumente, Ängste und Diskussionsstränge sind nicht neu: Der Blick in die Geschichte zeigt, dass auch die Einführung von Feuerwaffen im 18. Jahrhundert als Gefahr für Männlichkeit wahrgenommen wurde, da der distanzierte Gebrauch im Gegensatz zum bis dahin geführten körperlich sehr anspruchsvollem Kampf mit Hieb- und Stichwaffen als Zeichen von Feigheit gewertet wurde. Auch hier war die Möglichkeit, dass Frauen ebenso in der Lage sein könnten, eine Feuerwaffe zu bedienen, ein wesentlicher Motor, die Verwendung des Schwertes zu romantisieren und zu schützen.
Die US-Streitkräfte riefen eine massive Imagekampagne ins Leben, die in einer Vielzahl von Videos im Internet den Job des Drohnenpiloten als sehr anspruchsvollen und wichtigen Teil militärischer Kriegsführung darstellt. Viele der Drohnenpiloten in diesen Videos sind Soldatinnen, die den Job gleichberechtigt mit den männlichen Soldaten erledigen. Dies ist insofern erstaunlich, als dass Frauen in den USA immer noch von direkten Kampfeinsätzen on the ground ausgeschlossen sind. Auch hieran zeigt sich, dass Drohneneinsätze nach wie vor nicht als gleichberechtigt anerkannte Kriegseinsätze gelten und dass Frauen hier die Positionen besetzen, die von den Männern nicht ausgefüllt werden wollen. Auch die Tatsache, dass der Beruf der Drohnenpilotin auch in der Schwangerschaft ausgeübt werden kann, trägt nicht zur Steigerung seines Images bei: So arbeitete eine 34-jährige Soldatin noch im neunten Monat ihrer Schwangerschaft im Cockpit als Drohnenpilotin auf einem Luftwaffenstützpunkt in Las Vegas. Sie begründete dies damit, dass sie ihren Kindern beweisen wolle, dass sie einen guten Job mache und dass sie keinesfalls so sein wolle wie die Frauen in Afghanistan, die sie in ihrer Arbeit beobachtete: "The women there are no warriors."
In den Selbstdarstellungen der Drohnenpiloten und -pilotinnen werden die Drohnen selbst von tödlichen Objekten zu beschützenden Subjekten, denen etwas Mütterliches anhaftet: Drohnen gelten als Augen und Ohren der Bodentruppe, sie beschützen die Soldatinnen und Soldaten vor Ort, die auf die Hinweise vertrauen, die sie durch die Drohnenpiloten und -pilotinnen erhalten.
Schluss
Traditionelle militärische Männlichkeit wird durch die Öffnung der Armeen für Frauen und die Veränderungen in den Waffentechnologien existenziell herausgefordert. Soldatinnen können sich innerhalb der Streitkräfte eigene Räume öffnen, über die Möglichkeit des Waffengebrauchs können sie an militärischer Männlichkeit partizipieren. Waffen dienen damit zwar nicht mehr der strikten Trennung der Geschlechter in Waffentragende und Nichtwaffentragende, in männliche Kämpfer und weibliche Zivilistinnen, sie stehen jedoch stets im Zentrum von Aushandlungsprozessen über den Charakter des Soldatenberufs und der Kriegsführung.
Die Einführung neuer Waffensysteme bedeutet auch die Infragestellung etablierter und bewährter geschlechtlicher Strukturen und Zuschreibungen. Die zunehmende Technisierung von Kriegswaffen, die historisch immer wieder mit der Aufwertung kognitiver und der Abwertung körperlicher Fähigkeiten einherging, stellt traditionelle Männlichkeitskonzepte in Frage und ermöglicht mehr Frauen die Teilhabe an soldatischer Identität. Gegenwärtig scheint die militärische Männlichkeit eines Drohnenpiloten noch nicht die gleiche Anerkennung wie die des klassischen Kämpfers zu besitzen. Es bleibt abzuwarten, wie der zunehmende Einsatz bewaffneter Drohnen auch in den europäischen Nationen die Kriegsführung und die damit verbundenen Rollen und Zuordnungen zu den Kategorien "männlich" und "weiblich" verändert, ob neue, exklusiv männlich definierte Bereiche entstehen, die dazu dienen, die Verknüpfung von Soldatentum, Ehre und Männlichkeit aufrechtzuerhalten, oder ob der Soldatenberuf noch mehr als bisher ein "Job wie jeder andere" wird, in dem Frauen und Männer relativ gleichberechtigt miteinander arbeiten.