Im Juni 2014 gab die Bundesregierung zum 15. Mal mit ihrem Rüstungsexportbericht Auskunft über die deutschen Rüstungsexporte des zurückliegenden Jahres und die ihnen zugrunde liegende Politik. Wie in den Jahren zuvor handelte es sich dabei eher um allgemeine Trends denn um Einzelfallbegründungen. Der Bericht zeigte nicht nur, dass die Ausfuhr von kleinen und leichten Waffen 2013 erheblich angestiegen ist, sondern machte auch deutlich, dass Deutschland seine Position als einer der größten Rüstungsexporteure der Welt weiter gefestigt hat. Deutsche Rüstungsgüter sind auf dem Weltmarkt nach wie vor sehr gefragt. Nicht mehr ausschließlich EU- und NATO-Staaten zählen dabei zu den wichtigsten Abnehmern deutscher Rüstungsunternehmen, sondern zunehmend sogenannte Drittstaaten.
Erstmals, seitdem sich die rot-grüne Bundesregierung 2000 in den "Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" auf die Veröffentlichung eines solchen Berichts geeinigt hatte, ist der Bericht in diesem Jahr noch vor der parlamentarischen Sommerpause erschienen. Die große Koalition aus CDU/CSU und SPD folgt damit der Vereinbarung im Koalitionsvertrag, die Berichterstattung bei Rüstungsexporten zu verbessern.
Obwohl die Bundesregierung bemüht ist, die Transparenz zu verbessern, bleiben zahlreiche Fragen weiterhin offen: Wie ist es generell um die Rüstungsexportkontrolle in Deutschland bestellt? Welche Bedeutung hat die von Bundeskanzlerin Angela Merkel angestoßene "Ertüchtigungsinitiative"? Und welche Rolle spielt das Parlament bei der Kontrolle von Rüstungsexporten?
Deutsche Waffen auf dem Weltmarkt
In Folge der Finanzkrise von 2009 sinken die Verteidigungsausgaben innerhalb der EU. Die Ausgaben für Rüstungsbeschaffungen in den europäischen NATO-Staaten sind um 17 Prozent von 60 Milliarden US-Dollar 2010 auf nunmehr 50 Milliarden US-Dollar 2013 gefallen (vgl. Tabelle 1 in der PDF-Version). Dieser Verlust veranlasst deutsche und europäische Rüstungsunternehmen, neue Märkte zu erschließen und durch Ausfuhren von Rüstungsgütern an Drittstaaten zu kompensieren, weshalb entsprechende Exporte in den vergangenen Jahren zunehmen.
Laut des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) hatte Deutschland im Zeitraum von 2009 bis 2013 einen Anteil von 7 Prozent am weltweiten Rüstungshandel und liegt damit auf dem dritten Platz hinter den USA (29 Prozent) und Russland (27 Prozent).
Das Beispiel der Klein- und Leichtwaffen verdeutlicht, wie stark der Anteil der deutschen Rüstungsausfuhren an Drittstaaten in den vergangenen Jahren zugenommen hat. So erteilte die Bundesregierung 2011 schon immerhin 42 Prozent aller Ausfuhrgenehmigungen an Drittstaaten, 2012 aber betrug dieser Anteil bereits 55 Prozent. 2013 gingen sogar 62 Prozent der deutschen Rüstungsexporte an Drittstaaten.
EU-Staaten als Abnehmer deutscher Rüstungsgüter bleiben zwar weiterhin wichtig, ihre Bedeutung nimmt aber ab. Interesse an hochmodernen und teuren Waffensystemen wie U-Booten, Panzern oder Kampfflugzeugen äußern heute eher zahlungskräftige Staaten im Nahen und Mittleren Osten sowie in Asien. Solche aufstrebenden Staaten sind darüber hinaus nicht nur an deutschen Waffen, sondern auch an der Rüstungstechnologie interessiert, um ihre eigene Rüstungsindustrie aufzubauen.
Auch die Zahlen der EU, die eine regional differenzierte Betrachtung erlauben, untermauern diesen Trend. 2012 wurden rund 20 Prozent der deutschen Rüstungsexporte an die EU-Mitgliedsstaaten ausgeführt. Immerhin noch 17 Prozent der Genehmigungen erteilte die Bundesregierung für die Ausfuhr nach Nordamerika. Mit rund 34 Prozent gingen mehr als ein Drittel aller deutschen Ausfuhren an Staaten des Nahen und Mittleren Ostens. Der größte Abnehmer in der Region war Saudi-Arabien, was auf die umfangreiche Lieferung von Überwachungstechnologie zurückzuführen ist. Addiert man die einzelnen asiatischen Regionen (vgl. Tabelle 2 in der PDF-Version) zusammen, entfallen auf den Kontinent immerhin noch 11,5 Prozent aller Ausfuhren. Die Zusammenschau verdeutlicht, dass deutsche Rüstungsgüter nicht in allen Weltregionen gleichermaßen nachgefragt oder von der Bundesregierung zur Ausfuhr genehmigt werden. Gerade vor dem Hintergrund der von Bundeskanzlerin Merkel angestoßenen Neuausrichtung der Rüstungsexportpolitik sind Staaten außerhalb Europas zu wichtigen Abnehmern avanciert. Selbst der Arabische Frühling und die damit verbundenen Umstürze in zahlreichen Staaten in Nordafrika sowie im Nahen und Mittleren Osten haben nur kurz zu einem Einhalten bei Rüstungsexporten geführt, die grundsätzliche Politik bei Rüstungsexporten gegenüber diesen Ländern aber nicht geändert.
Rüstungsexporte als Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik?
Rüstungsexporte sind in Deutschland nach dem Außenwirtschafts- und dem Kriegswaffenkontrollgesetz genehmigungspflichtig. Neben diesen zwei Gesetzen sowie dem Grundgesetz (Art. 26, Abs. 2) bilden auch die Politischen Grundsätze der Bundesregierung sowie der EU-gemeinsame Standpunkt (2008/944/GASP) für die Ausfuhr von Militärgütern die rechtliche und politische Grundlage für den Export von Rüstungsgütern und Kriegswaffen.
In der Theorie bindet der Wortlaut dieser Dokumente die politischen Entscheidungsträger sehr eng, in der Praxis offenbart sich aber ein großer Interpretationsspielraum der Kriterien, der immer wieder zu öffentlichen Auseinandersetzungen führt. Ein direkter Hinweis darauf, dass Rüstungsexporte ein spezifisches Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik sind, findet sich in den Dokumenten nicht. Allenfalls enthalten die Politischen Grundsätze den Hinweis, dass Kriegswaffenexporte unter Berücksichtigung außen- und sicherheitspolitischer Interessen entschieden werden sollen. Rüstungsexporte werden jedoch aus verschiedenen Gründen heraus genehmigt, sei es aufgrund (außen-)wirtschaftlicher oder sicherheitspolitischer Überlegungen.
In einer Rede vor militärischem Spitzenpersonal ließ Bundeskanzlerin Merkel 2011 erstmals einen neuen Kurs in der Rüstungsexportpolitik durchblicken. Partner sollten fortan "ertüchtigt" werden und sich weltweit für die "Bewahrung oder Wiederherstellung von Sicherheit und Frieden" einsetzen. Laut Merkel schließt dies auch den Export von Rüstungsgütern mit ein.
Zuletzt hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Ausrichtung der Rüstungsexportpolitik sehr deutlich gemacht: "Rüstungsexporte sind kein Mittel der Wirtschaftspolitik. Sie sind ein Instrument der Sicherheitspolitik."
Panzerexporte in den Nahen und Mittleren Osten sowie nach Lateinamerika und Südostasien deuten zumindest darauf hin, dass die Bundesregierung offenbar gewillt ist, von dem jahrzehntelangen Grundsatz abzurücken, keine Kriegswaffen in Spannungsgebiete zu liefern.
Jenseits dessen steht vielmehr die Frage im Raum, ob von einer solchen Aufrüstung eine friedenstiftende Wirkung ausgehen kann. Die Ausstattung mit Rüstungsgütern kann zwar auch dem Aufbau eines effektiven staatlichen Gewaltmonopols dienen, das durchaus eine positive Wirkung auf menschliche Sicherheit haben kann. Doch birgt diese Strategie ganz offensichtlich große Gefahren. So können Waffen zur internen Repression eingesetzt werden und autoritäre Regime stärken, statt dass sie den Schutz der Bürger gewährleisten. Rüstungsgüter sind zudem langlebig und auch noch nach mehreren Jahrzehnten einsatzfähig. Wenn heute geliefert wird, kann niemand vorhersagen, in wessen Hände diese Kriegswaffen in Zukunft geraten werden. Staaten können so zu hochgerüsteten Problemfällen werden – eine enorme Herausforderung für die Exportkontrolle.
In der Logik der "Ertüchtigung" steckt der Gedanke, Rüstungsexporte als Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik zu begreifen, auch wenn Rüstungsexporte bis heute zumindest nach außen hin noch nicht in einen politischen Gesamtkontext eingeordnet wurden und eine öffentliche, außen- und sicherheitspolitische Begründung für Exportentscheidungen nicht erkennbar ist.
Transparenz: Grundvoraussetzung für Rüstungsexportkontrolle
Die öffentlichen und parlamentarischen Debatten der vergangenen Jahre haben immer wieder verdeutlicht, dass sie unter einem grundsätzlichen Mangel an Transparenz leiden. In den zurückliegenden Jahren erschien der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung häufig erst ein Jahr nach dem Berichtszeitraum, enthielt begrenzte Informationen und erlaubte nur mit viel Mühe, sich ein vollständiges Bild über die deutsche Rüstungsexportpolitik zu verschaffen. Dass es auch anders geht, zeigen die Beispiele Schweden und Niederlande. Die schwedische Regierung hat bereits am 25. Februar 2014 ihre Rüstungsexportzahlen für 2013 vorgelegt. In den Niederlanden veröffentlicht die Regierung neben einem jährlichen Bericht auch monatliche Statistiken über die genehmigten Ausfuhren. Wenn politischer Mut und Wille vorhanden sind, ist durchaus eine zeitnahe Berichterstattung über Rüstungsexporte möglich.
In ihrem Koalitionsvertrag vom Dezember 2013 haben CDU/CSU und SPD Änderungen in der Berichtspraxis für Rüstungsexporte angekündigt. In einem Eckpunktepapier von April 2014 sowie einem darauf folgenden Antrag vom Mai 2014 schlagen die Regierungsparteien einige Änderungen vor. Neben der frühzeitigen Veröffentlichung soll die Bundesregierung den Bundestag "über abschließende Genehmigungsentscheidungen des Bundessicherheitsrates unverzüglich und gemeinsam mit den abschließenden Genehmigungsentscheidungen des Vorbereitenden Ausschusses der Staatssekretäre im Anschluss an die Erteilung der Genehmigungen, spätestens jedoch zwei Wochen nach Tagung des Bundessicherheitsrates"
Strukturelle Defizite aber beseitigt die Einigung der Regierungsparteien nicht. Voranfragen, die maßgeblich für eine Entscheidung über Rüstungsexporte sind, bleiben mit Blick auf den Schutz der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der exportierenden Unternehmen weiterhin unter Verschluss. Auch geht der Bericht über seinen jetzigen Informationsgehalt nicht hinaus und enthält beispielsweise keine Informationen über Lizenzvergabe, Endverbleibskontrolle, tatsächliche Ausfuhrwerte oder Angaben zu sogenannten Hermes-Bürgschaften, mit denen Rüstungsgeschäfte in Drittstaaten finanziell abgesichert werden. Die Opposition im Bundestag fordert deshalb, auch diese Informationen in den Bericht mit aufzunehmen.
Transparenz ist eine Grundvoraussetzung für öffentliche und parlamentarische Kontrolle. Erst sie ermöglicht eine Einflussnahme des Parlaments und der Öffentlichkeit auf die Politik, ohne die Zuständigkeit der Bundesregierung auszuhebeln. Entscheidend ist dabei die Form der Veröffentlichung und der Kreis derer, die Zugang zu diesen Informationen haben. Transparenz bei Rüstungsexporten muss sich an der Verfügbarkeit von Fakten, der Verlässlichkeit und Aktualität von Informationen, ihrer Relevanz und Präzision sowie ihrer Vergleichbarkeit messen lassen. All dies ist derzeit nur begrenzt gegeben und erschwert daher die Kontrolle.
Andere europäische Staaten liefern hier durchaus positive Beispiele und zeigen, dass mehr Informationen möglich sind, ohne die vorhandene Sensibilität in diesem Bereich aufzugeben. In Belgien (Flandern)
Vor diesem Hintergrund gibt es in Deutschland Forderungen, mehr Informationen in den Rüstungsexportbericht aufzunehmen. Ein Vorschlag ist die Einführung einer "flexiblen Blaupause", die zwar Standards für eine einheitliche Berichtspraxis festlegt, gleichzeitig aber die notwendige Flexibilität schafft, um auf zukünftige Veränderungen beim Export reagieren zu können, etwa wenn sich Rahmenbedingungen ändern oder Abgeordnete einen erhöhten Informationsbedarf feststellen.
Parlamentarische Kontrolle: Möglichkeiten für Veränderungen
Gemäß Artikel 26, Absatz 2 Grundgesetz obliegt die Entscheidung über die Ausfuhr von Kriegswaffen ausschließlich der Bundesregierung. Dem Parlament kommt in diesem Zusammenhang eine Kontrollfunktion des Regierungshandelns zu, wie es auch in anderen Politikbereichen üblich ist. Dazu stehen den Abgeordneten des Deutschen Bundestages die gängigen parlamentarischen Instrumente zur Verfügung: von schriftlichen Fragen oder Kleinen Anfragen über Anhörungen in Ausschüssen bis hin zur Beantragung eines Untersuchungsausschusses. Spezifische Instrumente zur Kontrolle der Rüstungsexportpolitik kennt das parlamentarische System in Deutschland nicht. Insbesondere seit der öffentlichen Diskussion um die mögliche Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien im Sommer 2011 sind Rüstungsexporte zu einem dauerhaften Thema der parlamentarischen Auseinandersetzung geworden, die mit der Forderung nach einer Stärkung der Rolle des Parlaments einhergeht, die sowohl Oppositionsparteien als auch vereinzelt Mitglieder der Regierungsfraktion erheben.
Während in den vorherigen Jahren allenfalls der jährliche Rüstungsexportbericht im Plenum diskutiert wurde und nur vereinzelt Kleine Anfragen zur Informationsbeschaffung genutzt wurden, sind die parlamentarischen Aktivitäten mittlerweile sprunghaft angestiegen. Neben einer Vielzahl von Kleinen Anfragen, die überwiegend Abgeordnete der Oppositionsparteien stellen, um spezifische Informationen zu Rüstungsexporten zu bekommen, haben sich auch der Wirtschafts- sowie der Entwicklungsausschuss des Bundestages bei Anhörungen mit dem Thema beschäftigt. Eine solche Entwicklung liegt zweifelsohne im Interesse einer besseren parlamentarischen Kontrolle von Rüstungsexporten. Eine Schwachstelle der bestehenden Instrumente bleibt jedoch: Anfragen aus dem Parlament richten sich immer auf bestimmte Vorgänge und wirken dadurch nur begrenzt. Außerdem muss ein Abgeordneter bereits Kenntnisse haben, um gezielt die Bundesregierung befragen zu können. Erschwerend kommt hinzu, dass durch die zeitliche Verzögerung das politische Interesse an der Behandlung solch wichtiger Fragen schwindet. Parlamentarische Kontrolle lebt von der Aktualität und braucht zeitnahe Informationen, um ihre Wirkung zu entfalten.
Der Bundestag könnte ex ante, also vor der eigentlichen Entscheidung, mit in den Prozess eingebunden werden, oder sich ex post, nach Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung, mit einem bestimmten Geschäft auseinandersetzen. Zwar erlaubt Ersteres theoretisch, Einfluss auf die Entscheidungen der Bundesregierung nehmen zu können, wäre aber dafür mit weitgehender Geheimhaltung verbunden, um auch sensible Informationen ausreichend in den Willensbildungsprozess einfließen lassen zu können. Analog zu dem Parlamentarischen Kontrollgremium, wie es für die Kontrolle der Geheimdienste im Bundestag existiert, könnte hierfür eine Instanz aufgebaut und geheim im Vorfeld von Exportentscheidungen informiert werden. Dieser Weg würde erlauben, sensible Informationen vertraulich zu behandeln und eine offene sicherheitspolitische Diskussion in einer geschlossenen Runde zu führen. Eine Ex-post-Einbindung des Bundestages erlaubt zwar größtmögliche Transparenz, die eigentliche Erteilung einer Exportgenehmigung kann jedoch nicht mehr beeinflusst werden. Allenfalls kann dann von einer parlamentarischen Debatte eine Vorwirkung auf zukünftige Entscheidungen ausgehen.
Abgesehen vom Zeitpunkt der Einbeziehung des Parlaments bleibt die Frage, welche Fälle es letztlich behandeln soll. Angesichts der rund 17000 Lizenzen, die jedes Jahr erteilt werden, gilt es aufgrund der begrenzten Ressourcen, die dem Parlament zur Verfügung stehen, eine Fallauswahl zu treffen. Möglich wäre, die Auswahl an einer bestimmten Ländergruppe auszurichten, nur die Ausfuhr von Kriegswaffen zu behandeln oder die Entscheidung nach der Geldsumme vorzunehmen. Solche Modelle würden sich an der Praxis in den USA orientieren. Hierbei hat der US-amerikanische Kongress weitreichende Mitbestimmungs- und Kontrollrechte. Ein anderer denkbarer Weg wäre, die Fallauswahl von einem im Bundestag eingerichteten Gremium vornehmen zu lassen.
Neben einer Verbesserung der Berichterstattung über eine frühzeitige Veröffentlichung des Rüstungsexportberichts haben die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD auch eine unmittelbare Unterrichtung des Parlaments nach Entscheidungen des Bundessicherheitsrates vereinbart. Auch wenn dies ein wichtiger Schritt ist, greift die Vereinbarung zu kurz. Denn am Ende bleibt es in der Hand der Regierung, welche Fälle sie in den Bundessicherheitsrat einbringt und damit letztlich auch, welche Fälle an das Parlament übermittelt werden. Der aus parlamentarischer Sicht bessere Weg wäre gewesen, sich auf eine Kombination der Auswahlkriterien zu einigen und die Bundesregierung zur Unterrichtung zu verpflichten, unabhängig von der Entscheidungsinstanz innerhalb der Bundesregierung.
Weiterhin sieht der Antrag der Regierungsfraktionen vor, die Unterrichtung seitens der Bundesregierung an den federführenden Ausschuss für Wirtschaft und Energie vorzunehmen. Vor dem Hintergrund der derzeitigen federführenden Verantwortung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie bei Rüstungsexportgenehmigungen ist dieser Schritt nachvollziehbar. Neben der Übertragung der Behandlung von Rüstungsexporten auf einen Ausschuss bestünde aber auch die Möglichkeit, auf ein Zusammenwirken verschiedener Ausschüsse hinzuarbeiten, wie es in Großbritannien seit Jahren gängige Praxis ist. Im britischen Unterhaus befasst sich seit 1999 ein Quatripartite Committee mit Rüstungsexportfragen, das sich aus dem Verteidigungs-, Industrie- und Handels- sowie dem Auswärtigen und dem Entwicklungsausschuss zusammensetzt.
Alternativ könnte sich das Parlament auch auf die Einrichtung eines externen Gremiums einigen, das den Vorzug der parteipolitischen Unabhängigkeit hätte, gleichzeitig aber ausschließlich beratende Aufgaben wahrnehmen könnte, da es nicht direkt Teil des Parlamentes werden könnte. Ein ähnliches Modell existiert in Schweden, wobei die Befugnisse des dortigen Gremiums noch einmal deutlich weiterreichender sind und es de facto über Rüstungsexporte entscheidet.
Die Rüstungsexportpolitik verändert sich; vor allem sind Empfängerländer heute mehr denn je sogenannte Drittstaaten. Entscheidend wird deshalb in Zukunft sein, einen Mechanismus zu erarbeiten, der zu einer regelmäßigen politischen Begründung von Rüstungsexporten in besonders kritischen Fällen führt. Bis heute beschränkt sich die Unterrichtung der Bundesregierung weitestgehend auf ein Zahlenwerk. Es steht zu vermuten, dass sich dies in Zukunft nicht ändern wird. Werden Rüstungsexporte jedoch zu einem Instrument der (Außen- und Sicherheits-)Politik, bedarf es zwingend einer solchen Erklärung, die darlegt, wie Rüstungsexporte deutsche Interessen berühren.