Der Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel Ende Mai 2014, bei dem vier Menschen ihr Leben verloren, ist eines der jüngsten Beispiele antisemitisch motivierter Gewalt. Der mutmaßliche Täter soll einen dschihadistischen Hintergrund haben. Antisemitische Ressentiments finden sich im Islamismus, sind verankert im Rechtsextremismus und brechen sich in Teilen des linksextremistischen Milieus Bahn. Zu einfach wäre es allerdings, judenfeindliche Einstellungen radikalen Gruppierungen allein zuzuschreiben, denn sie existieren auch in der Mitte der Gesellschaft.
"Die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns" – dieser Aussage stimmen in einer aktuellen Umfrage 4,2 Prozent der Befragten in Deutschland "voll und ganz", 10,7 Prozent "überwiegend" und 24 Prozent "teils/teils" zu. Fast 40 Prozent imaginieren also ein Kollektiv mit bestimmten Eigenschaften, das als "anders" und "fremd" markiert und dessen Mitgliedern die Zugehörigkeit zur Gesellschaft tendenziell abgesprochen wird.
In der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit gilt es, solche Konstruktionen eines "Wir" und "Nicht-Wir" zu entlarven und deutlich zu machen, dass antisemitische Vorurteile nichts mit denjenigen zu tun haben, gegen die sie sich richten. Antisemitismus sollte als gesamtgesellschaftliches Problem thematisiert und seine Erscheinungsformen und Funktionen in der Gegenwart, etwa für die Identitätsbildung oder als vereinfachende Welterklärung, erläutert werden.