Medienvielfalt zu sichern und Medienkonzentration zu verhindern gehört zu den dauerhaften und gleichzeitig schwierigen medienpolitischen und medienökonomischen Themen und Aufgaben. Die Entwicklungen von Medienvielfalt und -konzentration sind historisch geprägt vor allem dadurch, dass die besonders starke Pressekonzentration in den 1950er bis 1980er Jahren ab 1984 durch eine hohe Konzentration im Rundfunksektor abgelöst wurde, als das duale Rundfunksystems eingeführt wurde. Seit der Jahrtausendwende nimmt die Zahl digitaler Unternehmen im Medienmarkt zu, weil herkömmliche Medienunternehmen (Verlage, Rundfunksender) Onlineangebote initiieren und Internetunternehmen in das mediale Feld drängen. Das hat nicht nur zunehmende Konkurrenz zur Folge, sondern auch krisenhafte Finanzierungsprobleme der traditionellen Medienunternehmen, deren Werbeerlöse sinken.
Auf diese Weise kehren diagonale Konzentrationsbestrebungen zurück und konglomerate Kooperations- und Konzentrationsformen nehmen sprunghaft zu. Probleme stagnierender oder sinkender Medienvielfalt und steigender Medienkonzentration dehnen sich derzeit wieder über alle Mediengattungen aus, sodass all die verschiedenen Formen möglicher Medienkonzentration wieder vorkommen: die horizontale Konzentration vor allem im Zeitungs- beziehungsweise Zeitschriftensektor (Ausdehnung der Konzentration innerhalb derselben Wirtschaftsstufe/Branche), die diagonale und vertikale Konzentration (Ausdehnung der Konzentration auf vor- oder nachgelagerte Wirtschaftsstufen, auch Rückwärts-/Vorwärts-Konzentration genannt) und schließlich die konglomerate Konzentration, die Verbindungen von Medienfirmen mit medienfremden Unternehmen erfasst.
Die mit Entwicklungen der Medienkonzentration beschäftigten Institutionen, die KEK (Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich) und das Kartellamt, halten die derzeitigen Regelungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt weithin für sachgerecht und den unbestimmten Begriff der "vorherrschenden Meinungsmacht" für angebracht.
Der Begriff der Medienvielfalt ist aus der öffentlichen Wahrnehmung weitgehend verschwunden. Entstanden und ausgeweitet in einer Phase, als die Medienunternehmen in ihrer heutigen Form und die digitalen Programmanbieter noch gar nicht existierten, bezog sich der Begriff hauptsächlich auf publizistische Vielfalt bei Zeitungsunternehmen. Damals konnten ökonomischer und publizistischer Wettbewerb problemlos verknüpft werden, denn mit jeder Zeitungsausgabe, die eingestellt oder von Wettbewerbern übernommen wurde, verschwand ein Stück publizistischer Vielfalt. Die Bedingungen haben sich jedoch geändert, die Realität heutiger Medienmärkte hat sich erheblich von den Ursprüngen publizistischer Vielfaltsdiskussion entfernt. Heute besteht Wettbewerb zwischen privat-kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbietern, zwischen Medienverbundunternehmen mit marktübergreifender Konzentration und erheblicher Produktdifferenzierung (Unterhaltung versus Information). Weitreichende Austauschbeziehungen von Medienunternehmen in vollständig andere Märkte als die der Medien beziehungsweise von Unternehmen aus anderen Branchen (Internet, Finanzinvestoren) in die Medienmärkte sind heutzutage die Regel. Solchen Diversifikationen (Erweiterungen der Leistungen von Unternehmen auf neue Produkte und neue Märkte) kann die publizistische Vielfaltsdiskussion bislang zumindest nicht folgen.
Mit dem Zuschaueranteilsmodell, dem Werbemarktanteilsmodell oder dem Umsatzmodell wurden Mitte der 1990er Jahre Konzepte vorgelegt, mit denen die damals vorfindbaren Konzentrationsformen im Rundfunk beschränkt werden sollten. Bis in die Gegenwart prüft die KEK Konzentrationstendenzen im Fernsehmarkt nach dem Zuschaueranteilsmodell.
Ein konsentiertes Konzept jedoch, das zeigte schon die Vielfalt der Machtbegrenzungsmodelle in den 1990er Jahren, ist kaum zu erreichen. Das hat mehrere Gründe. Entwickelt werden die Modelle erstens aus der empirisch vorfindbaren Realität der Medienmärkte, sie beruhen auf momenthaften Ausschnitten evolutionärer Marktprozesse. Doch viel zu schnell verändern sich Medienunternehmen und -märkte und überfordern die Anpassungsfähigkeit der Konzentrationsmess- und -begrenzungsmodelle.
Zweitens fehlt jeglicher politischer Wille zu Regulierungen der Medienmärkte. Zwar ist der Gesetzgeber verpflichtet, der Entstehung vorherrschender Meinungsmacht entgegenzuwirken und sicherzustellen, dass im Rundfunk umfassende Information geboten wird. Doch faktisch blockiert sich die Medienpolitik selbst durch die föderale Aufteilung und parteiegoistische Ziele.
Die Dichotomie von ökonomischer und publizistischer Vielfalt, von ökonomischer Macht und Meinungsmacht bildet das zentrale Problem. Ursprünglich stand das Informationsangebot des Journalismus im Fokus der Medienmachtbegrenzung und Konzentrationskontrolle. Gegenwärtig ist zu konstatieren, dass Journalismus in der medialen Realität der Multimedienunternehmen immer weniger stattfindet. Er wird verdrängt von Public Relations, Werbung und Unterhaltungsinhalten. Und wo er noch existiert, im Feld der Zeitungen und der öffentlich-rechtlichen Anstalten, wird er ausgehöhlt durch den Entzug seiner Ressourcen (Personal, Zeit, Geld) und durch politisches Dauerfeuer gegen die öffentlich-rechtliche Alimentierung.
Die Frage ist daher, was eigentlich bislang in der Medienkonzentrationsbegrenzung gemessen wird und welche weiteren Vorschläge für Handlungsmöglichkeiten zur Sicherung von Medienvielfalt existieren. Das soll im Folgenden kursorisch beantwortet werden. Das daraus folgende Fazit lautet, dass Vielfalt im ursprünglichen Sinn der Vielfalt von Meinungen eng mit der Existenz und Ausbreitung des Journalismus und seiner Leistungen zusammenhängt. Zur Sicherstellung dieser Form journalistischer Vielfalt ist es in manchen Medienbereichen notwendig, überhaupt erst einmal journalismusrelevante Leistungen in einem größerem Maße bindend einzufordern, bevor Vielfalt messbar ist.
Veraltete Vielfaltsbegriffe: unpassend für Medienmärkte
Vielfalt kann nach rechtlichem, ökonomischem und kommunikationspolitischem Kontext unterschieden werden. Rechtlich geht der Vielfaltsbegriff auf die den Massenmedien vom Bundesverfassungsgericht zugeschriebene gesellschaftliche Funktion zurück, die sich auf Artikel 5 Grundgesetz stützt und in den entsprechenden Presse- und Rundfunkgesetzen wiederfindet. Dazu bildet die Informationsfunktion der Medien "nicht nur den Kern ihrer ‚öffentlichen Aufgabe‘, sondern auch die Basis des Konzepts publizistischer Vielfalt".
Zugleich sind rechtlich unterschiedliche Formen von Vielfalt definiert worden, die aus den Gegensätzen von öffentlich-rechtlicher und privatwirtschaftlicher Konstituierung der Medien resultierten. Unterschieden werden können danach außenplurale Vielfalt und Binnenvielfalt. Die äußere Vielfalt, die durch die Gesamtheit an Anbietern erbracht werden kann, ist das Zugeständnis an die privatwirtschaftlich agierenden Medienunternehmen, denen wirtschaftsrechtlich keine binnenplurale Vielfalt unter gesellschaftlicher Kontrolle zugemutet werden sollte.
Wettbewerbstheoretisch stellen Ökonomen lapidar fest, dass nur ökonomischer Wettbewerb in einem von Restriktionen freien Markt die publizistische Vielfalt sichere. Vielfalt, sowohl publizistische wie ökonomische, gilt den Ökonomen nicht als Wert an sich, sondern basiert auf Kosten-Nutzen-Kalkülen. Diese bestimmen in einem freien Wettbewerb über die Marktfähigkeit von Produkten und zwar nach ökonomischen Maßstäben. Publizistischer Wettbewerb, auch "Palaverwettbewerb" genannt,
Für die Gegenwart muss man konstatieren, dass die Medienmärkte nicht mehr den früheren Grundlagen entsprechen wie sich auch die Produkte der heutigen Medienwelt qualitativ und quantitativ verändert haben. Beispielweise in der Fernsehunterhaltung: Eher still und leise denn revolutionär haben die privat-kommerziellen Medienunternehmen die Unterhaltung auf einen herausgehobenen Platz in den deutschen Medien geschoben. Zwischen 34 und knapp 57 Prozent betrug der Anteil fiktionaler beziehungsweise nonfiktionaler Programme bei den großen Sendern 2013 (vgl. Tabelle in der PDF-Version). Die sogenannte Fernsehpublizistik dagegen, also Nachrichten, Magazine, Reportagen, Dokumentationen, Interview- und Talkformate sowie Sondersendungen, erreicht bei den privat-kommerziellen Sendern allenfalls ein Drittel der Sendezeit.
Gehen auf diese Weise journalismusrelevante Leistungen in den Medien immer mehr zurück, ist andererseits auffällig, dass intermediär Beteiligungen, Aufkäufe, Fusionen und Kooperationen seit einigen Jahren zunehmen. Vermehrt umfassen die ökonomischen Aktivitäten dabei digitale Unternehmen, die nicht das klassische Geschäft der Medien betreiben. Medienunternehmen kaufen sich ein bei Portalen, Software- und Datenbankanbietern, digitalen und E-Commerceunternehmen, oder diese Unternehmen kaufen umgekehrt Anteile an Medienunternehmen.
Unter den 254 Übernahmen und Beteiligungen deutscher Verlage war zwar auch ein großer Mediendeal, der Verkauf der Axel Springer Regionalzeitungen und Zeitschriften an die Funke-Gruppe. Der Anteil solcher klassischer medialer (Print-)Transaktionen betrug 2013 jedoch nur noch rund 48 Prozent, während im Business-to-Consumer-Bereich drei von vier Transaktionen digitale Medienmodelle betreffen.
Doch derartige Handlungsmöglichkeiten werden mit ihren Beschränkungen auf publizistischen und ökonomischen Wettbewerb künftig nur noch bedingt taugen zur Messung von Medienkonzentration und für die Herstellung von Medienvielfalt. Dies hat zwei Ursachen: Erstens führen die Diversifikationen dazu, dass der Begriff Medien diffus wird, wenn die Unternehmen in diesem Feld nicht mehr in erster Linie massenmediale Angebote machen. Außenpluralität baut darauf auf, dass journalismusrelevante Leistungen der Information sowie der Kritik und Kontrolle von Wettbewerbern erbracht werden, was bei den neuen Spielern im Feld der Medien (Facebook, Twitter, Blogs) nicht a priori erwartet werden kann. Und zweitens wird auch die intramediäre Sicherstellung der medialen Vielfalt schrittweise ausgehöhlt durch Maßnahmen der Rationalisierung wie Outsourcing, Tarifvertragsausstieg und Personalreduzierung. Die Medienfachzeitschriften dokumentieren dies seit Jahren regelmäßig.
Die Medienkonzentrationsforschung reagiert sehr verhalten auf die neuen Anforderungen. So gibt es mit dem MedienVielfaltsMonitor der BLM (Bayerische Landeszentrale für neue Medien) einen ersten Vorschlag, die veränderten Marktstrukturen für die Konzentrationsmessung abzubilden. Sein Hauptziel liegt in der empirischen Ermittlung eines "Meinungsbildungsgewichts" der einzelnen Medien, zu denen nun auch die Onlinemedien gezählt werden. Die KEK geht das Problem derzeit mit dem Begriff der "Meinungsbildungsrelevanz" der Anbieter und ihrer Angebote an.
Handlungsmöglichkeiten zur Sicherung publizistischer Vielfalt
Die Messbarkeit von Medienkonzentration und die daraus folgende Ableitung von medienvielfaltssichernden Maßnahmen wird aufgrund des Wandels im Mediensystem zunehmend komplexer und schwieriger. Daher könnten künftig neben ökonomischen Modellen zur Begrenzung der Medienkonzentration auch Vorschläge zur Sicherung publizistischer Vielfalt bedeutsamer werden, die auf medienpolitische Verfahren, unternehmensinstitutionelle Mechanismen und rezipientenorientierte Verbindlichkeiten abzielen.
Bereits 1994 hat der Staatsrechtler Martin Stock die damaligen Konzentrationsbestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags als "im Sinn großer Freizügigkeit" kritisiert und vorgeschlagen, die innere Rundfunkfreiheit "in Gestalt einer rechtlich garantierten eigenen journalistischen Verantwortung der Programmmitarbeiter i.V.m. Redakteursbeteiligung auf dem Boden von Redakteursstatuten" zu sichern und in Verbindung damit gesellschaftlich-pluralistisch zusammengesetzte Programmbeiräte mit effizientem Programmeinfluss einzusetzen.
In eine vergleichbare Richtung geht der Vorschlag der Gründung einer Medienkommission durch den Rechtswissenschaftler Bernd Holznagel und den Zeitungsforscher Horst Röper 2010. Als Resultat ihrer Analyse schlagen die Autoren "die Errichtung einer Medienkommission (Meko)" vor, "die ähnlich der Landesmedienanstalten aus der allgemeinen Verwaltung ausgekoppelt wäre. Zentrale Aufgaben der Meko sollen die Stärkung der Medienvielfalt und die Förderung der journalistischen Qualität im Presse- und Internetdienstewesen" sein sowie die Herstellung von Transparenz über die Medienbranche.
Ebenfalls als Institution in der öffentlichen Arena plädierte Mitte der 1990er Jahre die sogenannte Weizsäcker-Kommission in ihrem "Bericht zur Lage des Fernsehens" für einen Medienrat, der dauerhaft den Programm- und Strukturwandel in den Medien beobachten, Richtlinien zur Medienverantwortung erarbeiten und Empfehlungen zur Selbstkontrolle der Medienanbieter anregen sollte.
Nicht mit öffentlicher Kontrolle, sondern durch die Verantwortung der Medienunternehmen will eine Autorengruppe die Medienvielfalt stärken.
Publizistische Vielfalt als journalismusrelevante Leistung
Die Medienmärkte verändern sich rapide, induziert vor allem von der Digitalisierung aller Inhalte. Auffälligstes Kennzeichen ist die Ausweitung der Organisationen, die als Medienunternehmen bezeichnet werden und zu Abgrenzungsproblemen führen bei der Frage, welche Unternehmen meinungsrelevante öffentliche Informationen anbieten. Facebook, Twitter, Google und andere Unternehmen der Internetindustrie markieren diesen Grenzbereich, in dem nicht klar ist, inwieweit dort journalismusrelevante Leistungen erstellt werden. Ebenfalls auffällig ist, dass im Kernbereich der Medien (Fernsehen, Radio, Print und Online-Ableger dieser Medienunternehmen) journalismusrelevante Leistungen immer mehr zurückgedrängt werden. Beide Entwicklungen bedrohen die Medienvielfalt nachhaltig und sind mit den herkömmlichen Kriterien der Medienkonzentration so gut wie nicht mess- und erfassbar.
Die medienpolitischen Handlungsmöglichkeiten sind als komplementäre Mechanismen zu verstehen. Sie machen darauf aufmerksam, dass publizistische Vielfalt an das Vorhandensein und die Ausgestaltung journalistischer Leistungen gekoppelt ist, weil
eine Vielzahl journalistischer Leistungen unterschieden werden können muss (Vielfaltsaspekt),
journalistische Leistungen in einem bestimmten Umfang in allen einzelnen Medien oder Medienmärkten überhaupt und/oder gleichgewichtig vorhanden sein müssen (Bestands- und Gleichgewichtsaspekt)
und weil diese Vielzahl nicht gleichförmig meinungskonform sein darf, sondern das gesellschaftliche Spektrum pluraler Meinungen und Interessen weitgehend abdecken muss (Inhalts- und Interessenaspekt).
Zu fragen ist, ob und in welchem Maße überhaupt journalistische Leistungen von bestimmten Medien angeboten werden, ob diese Angebote in einem gleichgewichtigen Verhältnis zu anderen Angeboten und zur Werbung stehen, und zwar sowohl intramediär innerhalb des gleichen Mediums (zum Beispiel das Verhältnis Informations- zu Unterhaltungsprogrammen) wie intermediär im Vergleich der Medien. Eine wirksame Konzentrationskontrolle bleibt weitgehend wirkungslos, wenn sie zwar auf publizistische Vielfalt zielt, publizistische Angebote aber nur bedingt oder gar nicht vorhanden sind. Es reicht künftig wohl nicht mehr aus, nur die Unternehmen medienkonzentrativ zu kontrollieren, wenn ihre Produkte nur aus Unterhaltungsprogrammen bestehen, oder Onlineangebote von Unternehmen zu prüfen, die nur schwerlich unter einen Medienbegriff und deren Produkte nahezu gar nicht als journalistische Leistungen zu subsumieren sind. Publizistische Vielfaltssicherung wird zunehmend auch am Produkt und dessen Vorhandensein ansetzen müssen.
Fazit
Die Folgen der Medienkonzentration für die Gesellschaft sind weitreichend:
Die Formen, die Medienvielfalt in einer Gesellschaft annehmen kann, sind abhängig von der Macht und Durchsetzungsfähigkeit der beteiligten Akteure.