+++ 9:04 Uhr: Merkel steigt aus dem Flugzeug. +++ 9:05 Uhr: Merkel schüttelt eine Hand. +++ 9:06 Uhr: Merkel schüttelt noch eine Hand. +++ So ähnlich lesen sich Live-Ticker auf Nachrichtenseiten im Internet, die ihre Leserinnen und Leser minutengenau darüber informieren möchten, was in Politik, Wirtschaft, Kultur oder Sport geschieht – auch wenn vielleicht gerade nichts passiert oder das Geschehene tatsächlich nicht berichtenswert ist. Im beschleunigten Wettbewerb der (Online-)Medien um Aufmerksamkeit wirken Politikerinnen und Politiker oft wie dazu getrieben, schnell zu sprechen und zu handeln, bedienen sich aber ihrerseits auch der Funktionslogik des Echtzeitjournalismus.
Vor den Gefahren einer Trivialisierung der Berichterstattung und verschwimmender Grenzen zwischen Unterhaltung und Information ist kein Massenmedium gefeit. Im Netz stehen ihnen aber auch Chancen gegenüber, mehr Menschen die Teilhabe an politischer Kommunikation zu ermöglichen oder politische Diskurse, die in den klassischen Medien kaum vorkommen, überhaupt erst zu führen. Die im Entstehen begriffenen digitalen Öffentlichkeiten wirken stets auch in die analoge Welt, wie etwa die #aufschrei-Debatte 2013 gezeigt hat.
Medien werden die Funktionen zugeschrieben, Öffentlichkeit herzustellen, die Bürgerinnen und Bürger zu informieren, zu deren Meinungsbildung beizutragen und ihnen die Teilhabe an der Diskussion über öffentliche Angelegenheiten zu ermöglichen. Aber auch die politischen Parteien stehen in der Pflicht, potenziellen Wählerinnen und Wählern qualitativ hochwertige Angebote zur Information und Diskussion zu machen, um so ihren Beitrag zu einer gelingenden "deliberativen Demokratie" zu leisten.