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Prominenz: Entstehung, Erscheinung, Darstellung | Oben | bpb.de

Oben Editorial Deutsche Eliten: Die wahre Parallelgesellschaft? "Elite" im 20. Jahrhundert We are the 1%: Über globale Finanzeliten Reichtum und seine philanthropische Verwendung Reichtum in Deutschland und den USA Steuern: Von oben für unten? Prominenz: Entstehung, Erscheinung, Darstellung Faszination Adel – Problem der Demokratie?

Prominenz: Entstehung, Erscheinung, Darstellung

Julia Wippersberg

/ 15 Minuten zu lesen

Jeder kennt sie, viele reden über sie: Prominente. Prominenz wird in unseren Gesellschaften zu einem immer bedeutenderen Faktor: Prominente sind Gäste in Talkshows und zieren die Titelblätter von Magazinen, sie werden in der Werbung als Testimonials eingesetzt, es erscheinen Bücher über ihre Haustiere, Lieblingsrezepte und Grabstätten. Und niemand weiß genau, was "Prominenz" eigentlich ist. Ist Prominenz ein ausschließlich mediales Phänomen? Haben diese Prominenten eigentlich eine Leistung abseits ihrer medialen Inszenierung erbracht und wenn ja, welche? Wie entsteht Prominenz? Und wer braucht Prominenz?

Die theoretische Auseinandersetzung mit diesen Fragen ist spärlich. So hält die Soziologin Gertraud Linz 1965 zum Begriff "Prominenz" fest, dass er "bisher zwar häufig verwendet, aber selten diskutiert worden ist". Dies gilt heute – beinahe 50 Jahre später – immer noch. Und wie sich Prominenz definiert, darüber sind sich die (wenigen) Autoren auch nicht einig. Dennoch lassen sich einige gemeinsame Merkmale herauskristallisieren: Prominente stehen in der Öffentlichkeit, haben einen hohen Bekanntheitsgrad und werden von mehr Personen gekannt, als sie selbst kennen. Unterschiede lassen sich feststellen bei der Begründung von Prominenz, bei den Wegen dorthin und bei der Bewertung von Prominenten. Die meisten Definitionen haben eine eher negative Bewertung der Prominenz; Ängste vor dem Niedergang der Elite, der Kultur, des Spezialistentums schwingen mit. Eine Ausnahme bildet hier der Philosoph Georg Franck, der Prominenz als eine "durchaus distinguierte Eigenschaft" sieht. Teilweise wird der Status des Prominenten in der Abgrenzung zum Star diskutiert: Die meisten sehen dabei einen Verfall vom Star zum Prominenten, wobei Ersterer als eine genuine Erscheinung betrachtet wird, Letzterer jedoch nur als ein von den Medien künstlich gezüchtetes Wesen gilt.

Definition von Prominenz: P – P – P

Für eine weitere Beschäftigung mit Prominenz braucht es zunächst eine Definition, die darauf Rücksicht nimmt, dass der Begriff auf viele Erscheinungsformen, unterschiedliche Gesellschaftsgruppen, Werdegänge, Herkunftsmöglichkeiten und Ausprägungen anwendbar sein muss: Politiker können genauso prominent sein wie Schauspieler oder Society-Größen, Sportler ebenso wie geistliche Würdenträger oder ungewöhnliche Gesetzesbrecher. Gründe für Prominenz reichen vom Innehaben eines Amts über berufliche Qualifikation und herausragende berufliche Leistung bis hin zu Geburt, Heirat, Tod – und einer guten Inszenierung.

"Wollte ich bis zur Pedanterie genau sein, müßte ich sagen, dass es die Prominenz eigentlich gar nicht gibt, daß sie also keine soziologisch umschreibbare Gruppe, sondern eine Vorstellung ist", formulierte der Journalist Friedrich Sieburg 1954. Und so ist Prominenz tatsächlich weniger eine klar umschreibbare Gruppe als ein Attribut, das zu anderen Eigenschaften einer Person hinzukommen kann – und in manchen Fällen sogar allein bestehen kann. Deshalb sollte der Begriff Prominenz wieder auf seine Ursprungsbedeutung zurückgehen: das Herausragen. Prominenz bedeutet dann schlicht die Bekanntheit einer Person. Dieser Faktor kann zu anderen – beispielsweise Leistung, Inszenierung, Eliteposition – hinzutreten. Prominenz sollte neutral, ohne jede Wertung und unabhängig von Leistung, Anerkennung, Herkunft, Werdegang, Einflusspotenzial, Zustimmung, Sympathie, Erscheinungsform oder Ausprägung verwendet werden. Abhängig ist er von medialer Vermittlung, der Annahme durch ein Publikum (nicht gleichzusetzen mit Zustimmung) und einer gewissen Dauerhaftigkeit. Damit kann man bei Prominenz von einer symbiotischen Beziehung zwischen Prominentem, Presse und Publikum sprechen, die dem Begriff Prominenz immanent ist und ihn konstituiert. Daraus ergibt sich auch die Formel P – P – P.

Prominenz ist ein Faktor, der nur durch die Annahme durch ein Publikum entstehen kann. Ohne Öffentlichkeit gibt es auch keine Prominenz. Prominenz muss aber nicht immer auf Wertschätzung und Ansehen fußen. Auch nicht wertgeschätzte Menschen können prominent werden, vielleicht oft gerade deswegen oder aufgrund einer von ihnen ausgehenden Polarisierung. Weiterhin sind Prominente nicht zwingend "wichtig" für die Gesellschaft oder eine Gruppe als Entscheidungsträger, Arbeitgeber oder Ähnliches.

Prominenz und Elite

Prominenz wird oft in Zusammenhang mit Elite gebracht. Ist die Elite immer prominent? Oder die Prominenz immer elitär? Können die beiden Phänomene gleichgesetzt werden? Das Verhältnis von Prominenz und Elite hat die Forschung ausführlich beschäftigt, es kommt dort allerdings zu keiner endgültigen Lösung dieses Spannungsverhältnisses.

Gemäß der eingeführten Definition dürfen Prominenz und Elite nicht gleichgesetzt werden, auch wenn sie einige Gemeinsamkeiten aufweisen: Beide Phänomene können in allen gesellschaftlichen Bereichen entstehen, sind auf individuelle Leistung gegründet, entstehen durch eine Selektion vom Rest der Gesellschaft, haben einen offenen Zugang sowie häufig Vorbildfunktion und Einfluss auf die Gesellschaft. Die größten Unterschiede liegen in den konstituierenden Faktoren, vor allem darin, dass Elitezugehörigkeit zumeist mit Spitzenpositionen, unmittelbarer Macht und Entscheidungsbefugnis sowie einem Führungsanspruch einhergeht und oft mit Herrschaftsstrukturen zusammenhängt. Für die Entstehung von Prominenz kommt noch eine andere Form von Leistung in Frage: die Fähigkeit, sich selbst zu inszenieren. Für die Elitebildung ist dies nicht hinreichend – obwohl die Fähigkeit zur (Selbst-)Inszenierung auch hier nicht schadet.

Auch wenn sich Personenkreise durchaus überschneiden können, gehört nicht jeder Prominente gleich zur Elite. Eliten können, müssen aber nicht prominent werden, wobei der Elitestatus förderlich sein kann, um Prominenz zu erlangen. Umgekehrt kann auch Prominenz manchmal zu einer Eliteposition führen (beispielsweise als Quereinsteiger in der Politik). Das Verhältnis von Elite und Prominenz ist als das Nebeneinander von zwei gesellschaftlichen Phänomenen zu verstehen, die von Personen auch gleichzeitig erlangt werden können, die sich wechselseitig also nicht ausschließen. Prominenz ist ein allgemeineres Phänomen der Bekanntheit, das zur Elite hinzutreten kann. Prominenz kann Elite aber nicht ersetzen oder aufheben.

Entstehungsbedingungen

Ein starkes Aufkommen an Prominenten ist seit etwa 30 Jahren zu bemerken. Eine zentrale Rolle spielen dabei die Massenmedien, insbesondere das Fernsehen und das Internet. Der Journalist Neal Gabler sieht die Entwicklung als die vermutlich "einschneidendste und einflussreichste Entwicklung des späten 20. Jahrhunderts, obgleich niemand genau zu wissen scheint, wann, wo oder wie sie entstanden war, außer, dass sie wohl aus jüngeren Tagen stammte". Der Historiker Daniel J. Boorstin liefert bereits 1964 eine lapidare Erklärung für das Funktionieren des Prominentensystems: "Irgend jemand hat stets ein Interesse am Entstehen einer Berühmtheit – vor allem sie selbst, Presseagenten werden dafür bezahlt und Journalisten brauchen Stories." Der Kolumnist Harald Martenstein erklärt das "Promi-Syndrom" als eine Folge der Einführung des Privatrundfunks. Durch private Rundfunksender entstand plötzlich viel Sendezeit, die attraktiv gefüllt werden musste, etwa mit "Prominenten, die man sich selber herstellt". Prominenz steht also in einem engen Abhängigkeitsverhältnis zu den Massenmedien, das aber nicht einseitig ist, da auch die Massenmedien von den Prominenten abhängig sind.

Die Interessen der Medienunternehmen sind (abgesehen von den Eigeninteressen des Prominenten) nicht zu unterschätzen. Die Vervielfachung der Programme und der Sendezeit durch das Aufkommen der privaten Fernsehsender erzeugte eine Spannung zwischen der Notwendigkeit, immer größere Programmflächen füllen zu müssen, und dem Ziel, herausragende Programmereignisse zu schaffen, die dem Publikum als Besonderheit im Gedächtnis bleiben. Castingshows, Talkshows, Reality-TV und weitere "Promi-Formate" (wie "Ich bin ein Star – holt mich hier raus" oder "Let’s Dance") spielen hier eine verstärkende Rolle: Einerseits brauchen sie Prominente als Grundlage für diese Sendungen, andererseits erschaffen sie diese erst für beziehungsweise durch diese Formate. 30 Jahre Privatfernsehen und vermehrte Eigenproduktionen haben Menschen prominent gemacht, die sonst vielleicht nie eine Chance zum Aufstieg in die Medienszene gehabt hätten. Das Fernsehen wird durch die Schaffung eigener Events und Prominenz immer eindeutiger selbstbezogen. Der Medienwissenschaftler Urs Dahinden stellt die Frage, ob die Selbstreferenzialität des Mediensystems eine Produktionsvoraussetzung für Prominenz ist – beantwortet sie aber leider nicht.

Aber auch das Prominentensystem ist selbstreferenziell. Sobald man den Sprung in die Prominenz geschafft hat, bewegt man sich zum großen Teil nur noch innerhalb dieses Systems, das mit dem Mediensystem unlösbar verknüpft ist, da dieses die Voraussetzung für den Prominentenstatus ist. Irgendwann löst sich die öffentliche Beachtung vom Ursprungsgrund, und die Aura des Besonderen umgibt einen schon deshalb, weil man von anderen und vor allem von den Medien beachtet wird: Man ist prominent, weil man prominent ist. Das System trägt sich selbst: "Wer einen hohen Bekanntheitsgrad besitzt, wie ihn Massenmedien erzeugen können, findet schon allein deshalb Beachtung. Prominenz verstärkt sich also selbst." Die Untrennbarkeit der beiden Sphären Prominenz und Mediensystem ist damit klar ersichtlich: Ohne die Medien könnte Prominenz nicht entstehen und existieren, umgekehrt könnten Teile des Mediensystems ohne Prominenz wohl ebenfalls nicht bestehen. Hier zeigt sich deutlich die Symbiose der drei P: Prominenz, Presse und Publikum.

Die Bedeutung der Prominenz lässt sich auch als Phänomen der Populärkultur verstehen, bei der die Entstehung der Massenmedien und Rezeptionsfreiheit des Publikums eine zentrale Rolle spielen. Populärkultur ist bildorientiert, leicht zugänglich und erfordert kaum Anstrengung. "In der Populärkultur artikulieren sich Bedürfnisse, Wünsche und Sehnsüchte der Menschen." Prominente sind als Phänomen der Populärkultur zu werten. Das Zusammenspiel von bilddominierten Medien und Performanz (als "Optimierung möglichst allgemeinverständlicher, nicht-verbaler, performativer, theatralischer und vorrangig visueller Kommunikationsformen"), von einem Angebot an Lesarten für das Publikum und dem Bedürfnis der Prominenten zur Erhöhung ihres Selbstwerts deuten klar darauf hin: "Stars sind gewissermaßen prototypisches Produkt von Populärkultur."

Entstehung von Prominenz

Da Prominenz als Bekanntheitsattribut definiert ist, das untrennbar mit dem Mediensystem verbunden ist, stellt sich die Frage, wie Prominenz entstehen kann. Wichtig ist, dass es sich um ein Modell auf einer Zeitachse handelt: Prominenz entsteht nicht durch ein einmaliges Herausragen aus der Masse, sondern nur durch kontinuierliche Präsenz beim Publikum.

Die Voraussetzung für allgemeine, freiwillige und positive Prominenz ist eine geeignete Persönlichkeit: Es braucht eine narzisstische Persönlichkeitsstruktur und einen Hang zum Exhibitionismus. Prominente müssen sowohl über Leistungsfähigkeit als auch über Erfolgstüchtigkeit verfügen, medial attraktiv sein und kommunikative Fähigkeiten aufweisen. Ausgangspunkt für die Entstehung von Prominenz ist nun ein "natürlicher" oder ein "künstlicher" beziehungsweise "inszenierter" Auslöser, aufgrund dessen die Inszenierung der Person mit allen Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere der Personality-PR, erfolgt. Daran schließt die Vermittlung der Person durch die Massenmedien an.

Bei geeigneten natürlichen Auslösern kann für die erste massenmediale Vermittlung die Inszenierung unterbleiben. Durch die massenmediale Vermittlung tritt die Person in die Sphäre des Publikums ein, das der Person Aufmerksamkeit schenkt. Prominenz kann entstehen. Mit dem Eintritt in die Sphäre des Publikums braucht es weitere Bestätigungen der Prominenz (diese können die gleichen Aktivitäten wie der Auslöser sein, diesem ähnlich oder gänzlich andere), Inszenierungen und massenmediale Vermittlung. Damit baut sich eine Spirale im Publikum auf: Je größer der Radius, desto größer ist auch die Prominenz. Bestätigungen und Inszenierungen müssen nicht gleich stark sein, sie können sich mitunter auch wechselseitig ersetzen. Nicht zu ersetzen sind wiederholte massenmediale Vermittlung und Publikum. Diese beiden Faktoren spielen eine konstituierende Rolle: Das Publikum muss die medial vermittelte Person als Prominenten annehmen. Die Annahme des Prominenten durch das Publikum muss aber nicht unbedingt auch die Zustimmung zum Prominenten, zu seinen Überzeugungen oder Verhalten bedeuten.

Ab dem Zeitpunkt, ab dem keine weiteren tatsächlichen Bestätigungen mehr nötig sind, um Vermittlung zu erreichen, kann von Prominenz gesprochen werden. Dies bedeutet nicht, dass keine weiteren Auslöser mehr gesetzt werden, sondern nur, dass es für die Vermittlung nicht mehr notwendig ist. In diesem Falle wird die Inszenierung immer wichtiger. Es ist nicht möglich, einen genauen Zeitpunkt zu nennen, ab dem eine Person als prominent gilt. Dies hängt von dem Auslöser, der Inszenierung und der Annahme durch das Publikum ab.

Sonderformen des Modells zur Entstehung von Prominenz

Es sind einige Sonderformen dieses Modells zu berücksichtigen, die sich um die Prominenzkarrieren von unfreiwillig Prominenten, Prominenten aufgrund von Bildschirmberufen, Berufs- und Interessenprominenz und lokaler Prominenz drehen. Diese Sonderprominenzkarrieren lassen sich als Varianten des Grundmodells darstellen, wobei jeweils ein Faktor des Grundmodells nicht vorhanden (Wille zur Prominenz beziehungsweise geeignete Persönlichkeit) oder nur eingeschränkt gegeben (Größe und Zusammensetzung des Publikums) ist.

Unfreiwillige Prominenz:

Bei dieser fehlt es am Wunsch der Person, prominent zu werden. Sie ist nicht geeignet oder nicht gewillt, prominent zu werden, und erlangt diesen Status unfreiwillig aufgrund verschiedener Umstände. Unfreiwillige Prominenz entsteht beispielsweise bei Katastrophen- und Verbrechensopfern, Partnern, Freunden und Kindern von Prominenten sowie Eliteangehörigen. Wenn in den genannten Fällen die Inszenierung unterbleibt, kann die unfreiwillige Prominenz trotz möglicher Anlässe meist beendet werden beziehungsweise festigt sich nicht, da keine weitere massenmediale Vermittlung stattfindet und das Publikum mangels interessanter Aspekte das Interesse an der betreffenden Person verliert.

Prominenz durch "Bildschirmberufe":

Eine interessante Sonderform der Prominenz stellen jene Mitarbeiter in Medienbetrieben dar, die in sogenannten Bildschirmberufen tätig sind (vor allem Moderatoren und Nachrichtensprecher). Die Besonderheit zeigt sich in der Vermischung von Auslöser und Vermittlung. Die Arbeit im Medienbetrieb ist ein natürlicher Auslöser, da es sich um eine tatsächliche Leistung handelt, die aber schon im Vermittlungsmedium stattfindet. Auslöser und Vermittlung fallen somit zusammen. Eine weitere (gegebenenfalls berufsferne) Inszenierung ist möglich, aber nicht nötig, da die Person durch ihren Beruf ständige mediale Präsenz erlangt.

Berufs- und Interessenprominenz:

Sie wird nicht vom allgemeinen Publikum, sondern von einem anderen, meist kleineren, spezifisch zusammengesetzten Publikum angenommen, das durch einen gemeinsamen Beruf oder ein gemeinsames Interesse gekennzeichnet ist. Bei Berufsprominenten setzt sich das Publikum aus Berufskollegen derselben Branche zusammen. Der (natürliche) Auslöser ist zumeist eine große fachliche Leistung, die Anerkennung findet. Die Vermittlung erfolgt hauptsächlich über Fachpublikationen sowie gegenüber einem Präsenzpublikum (etwa bei Kongressen).

Ein Interessenprominenter entsteht durch ein Publikum mit gemeinsamen Interessen und Vorlieben, vor allem für gesellschaftliche Bereiche, die vergleichsweise wenige Anhänger finden (beispielsweise Oper, Randsportarten oder bestimmte Literaturgattungen). Als (natürliche) Auslöser kommen vor allem die Leistungen in den entsprechenden Interessengebieten in Betracht, die aber nicht für die allgemeine massenmediale Vermittlung ausreichen.

Lokale Prominenz:

Auch bei der lokalen Prominenz ist im Unterschied zum allgemeinen Modell das Publikum ein anderes. Es ist – durch geografische Grenzen eingeschränkt – viel kleiner. Die Vermittlung erfolgt hauptsächlich durch persönliche Kontakte, aber auch Lokal- und Regionalmedien spielen eine Rolle.

Jene Formen der Prominenz, die auf einem spezifischen (kleineren) Publikum gründen, können durch massenmediale Berichterstattung den Sprung zur allgemeinen Prominenz machen. Beim Übergang von Berufs- und Interessenprominenz zur allgemeinen Prominenz ist der Glaube an die Leistung seitens des allgemeinen Publikums von enormer Bedeutung, da es die tatsächliche fachliche Leistung aufgrund mangelnder Sachkenntnis zumeist nicht beurteilen kann. Dies kann durch gekonnte Inszenierung erreicht werden, so etwa durch "Übersetzung" von der Fachsprache in allgemein verständliche Sprache.

Nutzen von Prominenz für Kommunikationsbranche und Publikum

Die Massenmedien wie auch die Kommunikationsbranche leben in vielerlei Hinsicht sehr gut von den Prominenten: Prominenz ist ein altbekannter Nachrichtenwert, der Inhalte attraktiver machen kann. Sie sind (zum Teil) einziger Inhalt von Websites, (Klatsch-)Magazinen und TV-Sendungen oder betreiben eigene Formate. Prominente werden in der Werbung und in der Politik als Testimonials eingesetzt. Rund um die Inszenierung von Prominenten sind zudem eigene Branchen entstanden, die mit der Inszenierung der Prominenten ihre Geschäfte machen, "von den Promotoren und Vermittlern über die PR-Berater und Fanpublizisten bis zu den Produktionsfirmen und Händlern mit Accessoires der Stars". Die Personality-PR formt das Image, vermittelt Prominente an die Medien, die Werbung und zu Events und bereitet sie auf diese Auftritte vor.

So stellen Prominente, Medien und "angrenzende Branchen" wie PR oder Werbung einen gut funktionierenden Verwertungsmechanismus dar: Die Massenmedien, die die Prominenz "gemacht" haben, die diesen Personen erst ein Forum und ein bestimmtes Maß an erwartbarer Aufmerksamkeit geboten haben, benutzen sie, um genau dies auch weiterhin gewährleisten zu können. Die Prominenten wiederum streben – vor allem mittels professioneller Inszenierung durch PR und Werbung – weiterhin in die Öffentlichkeit. Durch die permanente Nachfrage des Publikums nach (immer neuen) Prominenten wird der Kreislauf in Gang gehalten: "Beim Aufbau von Prominenz sind Industrie und Publikum Komplizen."

Es ist davon auszugehen, dass das Publikum nur jene Personen als prominent anerkennt, die ihm in irgendeiner Form nutzen. Prominente erfüllen für das Publikum bestimmte Funktionen und Bedürfnisse und lösen Emotionen aus: "Je mehr Reflexionsfläche für tatsächliche, erträumte oder gefürchtete Seinszustände zur Verfügung steht, umso mehr Aufmerksamkeit wird dem Promi zuteil." Im Sinne der Populärkultur lassen Prominente für das Publikum eine Menge an Lesarten zu, jeder Zuschauer holt sich von der Rezeption von Prominenten das, was er in seinem sozialen Kontext braucht oder wünscht.

So stark die Nachfrage einerseits ist, so groß ist andererseits auch die Aufregung über die Prominenten: Sie hätten nichts gesellschaftlich Relevantes geleistet und würden sich nur in den Vordergrund drängen. Dennoch sind Prominente mögliches Identifikationsmodell, Vorbild oder bergen Abgrenzungspotenzial. Sie befriedigen Urinstinkte wie Voyeurismus, Ekel, Schadenfreude und Mitleid und spenden Trost, wenn erkennbar wird, dass Prominente mit denselben Problemen zu kämpfen haben wie "normale" Menschen. Sie stellen gesellschaftsübergreifende gemeinsame Gesprächsthemen dar und können die Zugehörigkeit zu einer Gruppe definieren. Und schließlich sind sie manchmal einfach Unterhaltung und Ablenkung. Auch wenn es negative Ausprägungen im Verhältnis von Prominenten und Publikum geben kann, ist ihre Leistung für die Gesellschaft nicht geringzuschätzen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Gertraud Linz, Literarische Prominenz in der Bundesrepublik, Olten–Freiburg/Br. 1965, S. 16.

  2. Vgl. Jürgen Gerhards/Friedhelm Neidhardt, Strukturen und Funktionen moderner Öffentlichkeit: Fragestellungen und Ansätze, in: Stefan Müller-Dohm/Klaus Neumann-Braun (Hrsg.), Öffentlichkeit, Kultur, Massenkommunikation, Oldenburg 1991, S. 31–89; Karl Kraus, Unsterblicher Witz. Werke, Bd. 9, hrsg. von Heinrich Fischer, München 1961; G. Linz (Anm. 1), S. 27; Charles Wright Mills, Die amerikanische Elite. Gesellschaft und Macht in den Vereinigten Staaten, Hamburg 1962, S. 90; Birgit Peters, Prominenz. Eine soziologische Analyse ihrer Entstehung und Wirkung, Opladen–Wiesbaden 1996, S. 19; Ulrich F. Schneider, Der Januskopf der Prominenz. Zum ambivalenten Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit, Wiesbaden 2004, S. 65.

  3. Georg Franck, Ökonomie der Aufmerksamkeit. Ein Entwurf, München 1998, S. 151.

  4. Vgl. Diedrich Diederichsen, Der Promi ist eine Mikrobe, in: Die Tageszeitung vom 16.1.2004, S. 17; Werner Faulstich/Helmut Korte (Hrsg.), Der Star. Geschichte. Rezeption. Bedeutung, München 1997; Clive James, Fame in the 20th Century, London 1993; Harald Martenstein, Populismus lohnt sich. Wie das Privatfernsehen Deutschland verändert hat, in: Adolf Grimme Institut (Hrsg.), Jahrbuch Fernsehen 2004, Bonn 2004, S. 9–18.

  5. Friedrich Sieburg, Von der Elite zur Prominenz, in: Die Zeit, Nr. 25 vom 24.6.1954, Externer Link: http://www.zeit.de/1954/25/von-der-elite-zur-prominenz (20.2.2014).

  6. Von lat. prominere – herausragen.

  7. Vgl. dazu folgende, die als einzige die Symbiose dieser Faktoren erwähnen, aber nicht näher darauf eingehen: Joan Kristin Bleicher, Medien, Markt und Rezipienten. Aufmerksamkeit als Grundbedingung medialer Kommunikation, in: dies./Knut Hickethier (Hrsg.), Aufmerksamkeit, Medien und Ökonomie, Hamburg 2002, S. 125–148; Ulrike Kaiser, Rückblick auf ein Mediendrama: Der Diana-Effekt, in: journalist, (1997) 10, S. 13–19; Miriam Meckel, Tod auf dem Boulevard. Ethik und Kommerz in der Mediengesellschaft, in: dies. (Hrsg.), Medien-Mythos? Die Inszenierung von Prominenz und Schicksal am Beispiel von Diana Spencer, Opladen–Wiesbaden 1999, S. 11–52.

  8. Vgl. beispielsweise Hans-Peter Dreitzel, Elitebegriff und Sozialstruktur. Eine soziologische Begriffsanalyse, Stuttgart 1962; Suzanne Keller, Beyond the Ruling Class: Strategic Elites in Modern Society, New York 1993; C.W. Mills (Anm. 2); Harald Wenzel, Obertanen. Zur soziologischen Bedeutung von Prominenz, in: Leviathan, 28 (2000) 4, S. 452–476.

  9. Vgl. etwa Wilhelm Bürklin/Hilke Rebenstorf (Hrsg.), Eliten in Deutschland. Rekrutierung und Integration, Opladen 1997; H.-P. Dreitzel (Anm. 8); Gerhard Feltl (Hrsg.), Die Fortschrittmacher. Eliten und ihre gesellschaftliche Relevanz im 21. Jahrhundert, Wien 2002; Stefan Hradil/Peter Imbusch (Hrsg.), Oberschichten – Eliten – Herrschende Klassen, Opladen 2003; Klaus-Michael Kodalle (Hrsg.), Der Ruf nach Eliten, Würzburg 1999; Beate Krais (Hrsg.), An der Spitze: von Eliten und herrschenden Klassen, Konstanz 2001; Thomas Leif (Hrsg.), Die politische Klasse in Deutschland. Eliten auf dem Prüfstand, Bonn–Berlin 1992; Wilfried Röhrich (Hrsg.), Demokratische Elitenherrschaft. Traditionsbestände eines sozialwissenschaftlichen Problems, Darmstadt 1975.

  10. Neal Gabler, Das Leben, ein Film. Die Eroberung der Wirklichkeit durch das Entertainment, München 2001, S. 167.

  11. Daniel J. Boorstin, Das Image oder Was wurde aus dem Amerikanischen Traum?, Reinbek 1964, S. 69.

  12. H. Martenstein (Anm. 4), S. 12. Vgl. auch N. Gabler (Anm. 10), S. 172ff.

  13. Vgl. Ulrike Becker, Ein kleiner Mann wird groß. Die Darstellung von Nicht-Prominenten in den unterhaltenden Wochenzeitschriften am Beispiel der "Neue Post", Hamburg 1993, S. 60.

  14. Vgl. Knut Hickethier, Trends in der Programmentwicklung im öffentlich-rechtlichen und im privaten Fernsehen, in: Hermann-Dieter Schröder (Hrsg.), Entwicklung und Perspektiven der Programmindustrie, Baden-Baden 1999, S. 89–103, S. 95.

  15. Vgl. Urs Dahinden, Informationsflut und Aufmerksamkeitsmangel. Überlegungen zu einer Sozialökonomie der Aufmerksamkeit, in: Klaus Beck/Wolfgang Schweiger (Hrsg.), Attention please! Online-Kommunikation und Aufmerksamkeit, München 2001, S. 39–56, hier: S. 46.

  16. Vgl. Jo Groebel, Zwischenruf: Präsenzelite oder die Demokratisierung der Prominenz, in: Ralph Weiß/ders. (Hrsg.), Privatheit im öffentlichen Raum. Medienhandeln zwischen Individualisierung und Entgrenzung, Opladen 2002, S. 507–522, hier: S. 515.

  17. Christoph Neuberger, Online-Journalismus als Instanz der Aufmerksamkeitslenkung, in: K. Beck/W. Schweiger (Anm. 15), S. 217–235, hier: S. 219.

  18. Vgl. Lothar Mikos, Fernsehen im Erleben der Zuschauer. Vom lustvollen Umgang mit einem populären Medium, Berlin–München 1994, S. 24; Udo Göttlich/Rainer Winter (Hrsg.), Politik des Vergnügens. Zur Diskussion der Populärkultur in den Cultural Studies, Köln 2000, S. 7; Hans-Otto Hügel (Hrsg.), Handbuch Populäre Kultur, Stuttgart–Weimar 2003, S. 6.

  19. L. Mikos (Anm. 18), S. 21.

  20. Winfried Fluck, "Amerikanisierung" der Kultur. Zur Geschichte der amerikanischen Populärkultur, in: Harald Wenzel (Hrsg.), Die Amerikanisierung des Medienalltags, Frankfurt/M.–New York 1998, S. 13–52, hier: S. 16.

  21. Ulrich Saxer, Das Starphänomen im dualen Rundfunksystem, in: W. Faulstich/H. Korte (Anm. 4), S. 204–218, hier S. 209.

  22. Für eine detaillierte Beschreibung des Modells inklusive aller Komponenten vgl. Julia Wippersberg, Prominenz. Entstehung. Erklärungen. Erwartungen, Konstanz 2007, S. 153ff.

  23. U. Saxer (Anm. 21), S. 214.

  24. Bruno Seemann, Prominenz als Eigentum, Baden-Baden 1996, S. 22.

  25. Marcus Johst, Die Stimmungsmacher, in: cover. Medienmagazin, (2004) 2, S. 22–26, hier: S. 24.

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Priv.-Doz. DDr., geb. 1976; Senior Lecturer; stellvertretende Studienprogrammleiterin, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, Universität Wien, Währingerstraße 29, A-1090 Wien/Österreich. E-Mail Link: julia.wippersberg@univie.ac.at