Technische Entwicklungen ziehen häufig weitreichende Veränderungen nach sich – nicht nur den technologischen Fortschritt betreffend, sondern auch für die Umwelt, die Wirtschaft, die Gesellschaft, den Menschen. Nicht selten sind diese Folgen kaum absehbar. Dennoch müssen Politikerinnen und Politiker regelmäßig Entscheidungen über die gesetzliche Regulierung bestimmter Technologien treffen, deren Auswirkungen weit in die Zukunft reichen und das Leben späterer Generationen prägen werden. Ein "historisches" Beispiel ist die Nutzung der Atomenergie, ein aktuelles der Umgang mit "Big Data".
Mit dem gewachsenen Bewusstsein für diese Herausforderung – angesichts einsetzender Sensibilität für Umweltprobleme und damit verbundener Technikskepsis in den Industriestaaten nicht weiter verwunderlich – entwickelte sich ab den 1960er Jahren das interdisziplinäre Forschungsfeld der Technikfolgenabschätzung. Vorreiter war das Office of Technology Assessment (OTA) beim US-amerikanischen Kongress, das diesen in Technologiefragen frei von lobbyistischen Einflüssen beraten sollte. Zwar gibt es das OTA inzwischen nicht mehr, aber die Idee, sich eine neutrale Beratungsinstanz zu schaffen, wurde in vielen Ländern aufgegriffen. So unterhält auch der Deutsche Bundestag seit 1990 ein Büro für Technikfolgen-Abschätzung (TAB).
Mit ihrer Positionierung zwischen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit trägt Technikfolgenabschätzung idealerweise dazu bei, dass Konflikte über bestimmte Technologienutzungen gesellschaftlich verhandelt werden und die Sicht der potenziell Betroffenen berücksichtigt wird. Zunehmend ist dabei auch ethische Expertise gefragt, verbergen sich hinter vermeintlich nüchternen Technikkonflikten doch – neben ökonomischen Interessen – häufig grundlegende Wertekonflikte. Denn letztendlich liegt jeder Abschätzung eine normative Frage zugrunde: Wie wollen, wie sollten wir leben?