Die Globalisierung der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen hat in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen und zur Vertiefung der globalen Arbeitsteilung beigetragen. Daran sind vor allem auch neue Akteure im asiatischen und lateinamerikanischen Raum beteiligt. Aufgrund der mit dem Welthandel wachsenden Produktivitätsgewinne konnten Millionen Menschen etwa in China, Indien, Vietnam und Bangladesch der absoluten und relativen Armut entrinnen. Auch die Anzahl grenzüberschreitender privatwirtschaftlicher Transaktionen hat deutlich zugenommen. Der globale Gehalt des Welthandels erstreckt sich hierbei in erster Linie auf die Mobilität der Ressourcen, aber auch auf eine deutliche Intensivierung der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung.
Die transnationalen Bewegungen von Kapital und Produktion konzentrieren sich geografisch hauptsächlich auf Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Nordamerika, Westeuropa und Südostasien, die auch als "Triade des Welthandels"
Am Beispiel des internationalen Wettbewerbs wird aber auch deutlich, dass mit der Globalisierung des Handels neben den Chancen durch neue Kooperationsgewinne auch Risiken einhergehen.
Die Funktionsweise globaler Märkte unterscheidet sich insofern von Staaten, als ihr Vorgehen nicht von Territorialität und Souveränität geprägt ist.
Die Sektorstruktur des Welthandels hat sich in den vergangenen Jahrzehnten drastisch verändert: Der Industriegüter- wie auch der Dienstleistungshandel haben dem Handel mit Agrarprodukten einen erheblichen Bedeutungsverlust beschert. Auch in Entwicklungsländern zeigt sich, dass der prozentuale Anteil von Industrieprodukten gegenüber Agrarprodukten im Export mittlerweile überwiegt.
Der zunehmende Anteil des Außenhandels am Bruttosozialprodukt ist wesentlich auf vier Faktoren zurückzuführen: a) in multilateralen Verhandlungen erzielte Außenhandelsliberalisierungen, b) allgemein gesunkene Transportkosten und verbesserte Kommunikationsmöglichkeiten infolge der neuen Medien und verbesserten IT-Kommunikation, c) die Expansion der Aktivitäten transnationaler Unternehmen sowie d) den Wegfall des Ost-West-Konflikts in den 1990er Jahren.
Welche Akteure sind dabei bestimmend? Auch wenn Nationalstaaten und ihre Regulierungsmaßnahmen den internationalen Welthandel ordnungspolitisch maßgeblich strukturieren, sind transnationale Unternehmen (TNU) in den vergangenen Jahrzehnten zu den zentralen Akteuren des Welthandels avanciert. Durch den Abbau von Mobilitätsschranken zwischen Nationalstaaten und den Aufbau neuer und effektiverer Kommunikations- und Transportmöglichkeiten kontrollieren TNU mittlerweile etwa 70 Prozent des Welthandels.
Verteilungsfragen
Die Weltwirtschaft ist durch ein Nord-Süd- beziehungsweise West-Ost-Gefälle geprägt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf ist in den Industrienationen mit hohem Einkommen etwa 22-mal so hoch wie in sogenannten least developed countries.
Dies bringt allerdings nur regional Aufschwung. Denn beim globalen Vergleich der personellen Wohlstandsverteilung zeigt sich, dass die Kluft zwischen den reichsten und ärmsten zehn Prozent der Weltbevölkerung deutlich größer geworden ist.
Ethik und Welthandel
Die Zunahme internationaler Abkommen hat das globale Handlungsfeld auch unübersichtlicher gemacht. Zwar hat sich seit dem frühen 20. Jahrhundert und verstärkt nach dem Zweiten Weltkrieg ein Netzwerk globaler handelspolitischer Institutionen zur Koordination internationaler Handlungs- und Zahlungsströme gebildet.
Angesichts dieser Grenzen globaler Regulierung des Welthandels durch handelspolitische Institutionen und Organisationen werden in den Jahren seit der Jahrtausendwende wieder verstärkt die Rolle und Verantwortung von Organisationen und Unternehmen, individualethische Orientierungen sowie das Wirtschaftsethos von Managern, Investoren, Verbrauchern und gesellschaftlichen Gruppen betont. Regierungen und internationale Organisationen errichteten nationale und internationale Plattformen für Kommunikation und Benchmarking (Makroebene); Handlungsprinzipien organisatorischer Verantwortung von Unternehmen und Körperschaften (corporate social responsibility) beziehungsweise des gesellschaftlichen Engagements von Unternehmen (corporate citizenship) zum gemeinsamen Nutzen von Anlegern (Shareholder) und übrigen Anspruchsgruppen (Stakeholder) wurden formuliert (Mesoebene).
Dies findet Niederschlag in Veranstaltungen, Preisverleihungen, Berichterstattungen von Unternehmen, aber auch in offiziellen politischen Dokumenten auf Ebene der Bundesländer, der Nationalstaaten
Deutlich wird die Neuorientierung weg von einem eher zentralistisch-bürokratischen Ansatz, der die Alleinzuständigkeit der Regierungen und internationalen Organisationen betont, hin zu einem bürgergesellschaftlichen Ansatz beispielsweise in der Gründung des UN Global Compact (UNGC). Er wurde im Anschluss an das World Economic Forum 1999 ins Leben gerufen. Der Global Compact versteht sich als "Vertrag" der internationalen Staatengemeinschaft mit den Unternehmen, die ihnen bei der Realisierung der Millenniumsziele zu Umweltschutz, Menschenwürde und medizinischer Versorgung der Menschheit helfen sollen. Selten fand die Einsicht, die globalen Ordnungsprobleme eines immer komplexer werdenden Welthandelssystems nicht mehr allein nationalstaatlich lösen zu können, so deutlich Eingang in Bestrebungen zur freiwilligen Selbstverpflichtung und in handlungsanweisende Leitsätze für Unternehmen. Der UNGC gilt daher als prominenteste Initiative für gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen.
Unternehmen, die den UN Global Compact unterschreiben, sollen
die international verkündeten Menschenrechte respektieren und ihre Einhaltung innerhalb ihrer Einflusssphäre fördern;
sicherstellen, dass sie nicht bei Menschenrechtsverletzungen mitwirken;
die Rechte ihrer Beschäftigten, sich gewerkschaftlich zu betätigen, respektieren sowie deren Recht auf Kollektivverhandlungen effektiv anerkennen;
alle Formen von Zwangsarbeit beziehungsweise erzwungener Arbeit ausschließen;
an der Abschaffung von Kinderarbeit mitwirken;
jede Diskriminierung in Bezug auf Beschäftigung und Beruf ausschließen;
eine vorsorgende Haltung gegenüber Umweltgefährdungen einnehmen;
Initiativen zur Förderung größeren Umweltbewusstseins ergreifen;
die Entwicklung und die Verbreitung umweltfreundlicher Technologien ermutigen;
gegen alle Arten der Korruption eintreten, einschließlich Erpressung und Bestechung.
Der Leiter des UNGC, Georg Kell, definiert den Global Compact als wertbasierte Plattform, die wenige bürokratische Strukturen und Formalitäten aufweist und dadurch institutionelles Lernen ermöglicht.
Ein weiteres Beispiel für die Prägung eines neuen globalen Ethos sind auch die Principles of Responsible Investment (PRI) und die Principles for Responsible Management Education (PRME), die ebenfalls durch die Vereinten Nationen (VN) angestoßen wurden. Wie der damalige VN-Generalsekretär Kofi Annan bei seiner Rede an der New Yorker Börse 2006 zur Verkündung der PRI betonte, sind in den vergangenen Jahren im Zuge der fortschreitenden Globalisierung und dem Handel umfangreiche Konvergenzen zwischen den Zielen der VN, dem privaten Sektor und den Finanzmärkten entstanden. Zwar stellte er fest, dass die VN-Ziele – Frieden, Sicherheit, Entwicklung – Hand in Hand mit Wohlstand und wachsenden Märkten gehen. Allerdings ist auch eine große Lücke augenscheinlich geworden: Mit wenigen Ausnahmen habe die Finanzwelt unternehmerische Anstrengungen zur Reaktion auf Umwelt-, Arbeits- und Menschenrechtsherausforderungen, so Annan, nicht ausreichend anerkannt
Dabei ist auch nicht zu unterschätzen, dass ethisch nachhaltiges Handeln selbst mit gewissen Kosten verbunden ist. Ein Grund, warum sich besonders ethisch vertretbarere Produktionsstandards in hoch industrialisierten Ländern nur zögerlich und mit teilweise erheblichem Gegenwind realisieren lassen, ist wohl auch, dass sie bis zu einem gewissen Grad die Exportchancen mindern – jedenfalls, insofern ausländische Konkurrenten sich nicht auch an ihnen orientieren. Hier lässt sich ein wesentliches Dilemma identifizieren: Steht fairer beziehungsweise ethisch vertretbarer Handel in direkter Konkurrenz zu unternehmerischen Handelsbestrebungen, wird sich unter Umständen zu Ungunsten von Ersterem entschieden. Die immer komplexer werdenden Handelsbeziehungen jenseits nationalstaatlicher Einflussnahme schüren dabei eine Ungewissheit über das Verhalten der zahlreichen Akteure im Feld des Welthandels. Initiativen wie der UNGC etablieren in Zeiten globaler Unsicherheit daher Vertrauensstrukturen. Auch wenn die Initiative nicht das Mandat besitzt, das Verhalten seiner teilnehmenden Unternehmen zu kontrollieren oder zu bewerten, so wird doch eine Plattform geschaffen, die das Formulieren von praktischen Lösungen und best practices ermöglicht.
Engagement kleiner und mittlerer Unternehmen
Neuere Formen gesellschaftlicher Selbststeuerung (governance) jenseits supranationaler Abkommen beziehen weitere Akteure in Handlungsgeschehen mit ein, die vorher nicht oder nicht in dem Maße an Regulierungsabkommen beteiligt waren. Neben zivilgesellschaftlichen Akteuren und TNU sind dies zunehmend auch international agierende klein- und mittelständische Unternehmen (KMU). Das Auslandsengagement der KMU, etwa in Form von Direktinvestitionen in Ländern mit günstigeren Absatzmöglichkeiten und Produktionsbedingungen, hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Während die volkswirtschaftliche Relevanz des Mittelstands auf nationaler Ebene nie umstritten war,
Ein wesentliches Hindernis für ein aktiveres Engagement besteht in den beschränkten Human- und Kapitalressourcen der KMU. Aufgrund der umfassenderen Zuständigkeitsbereiche von Einzelpersonen in kleinen und mittleren Betrieben wird die Bewältigung von Alltagsaufgaben oftmals gegenüber sozialen Aktivitäten priorisiert. Auch wenn besonders in generationenübergreifenden, eigentümergeführten KMU das Prinzip des "Ehrbaren Kaufmanns" häufig bereits gelebte Realität ist, müssen ethische Wertmaßstäbe, sofern sie mit dem Kerngeschäft des Unternehmens inkompatibel sind, im Alltag einem gewissen Pragmatismus weichen. KMU sehen sich damit bei der Implementierung von ethisch nachhaltigen Prinzipien in ihren transnationalen Handelsaktivitäten weitaus höheren Hürden gegenüber als etwa international langjährig erfahrene und fest etablierte TNU. Im Einzelfall müssen gerade KMU die mitunter konkurrierenden Dimensionen ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit auf kreative Weise miteinander verbinden.
Dennoch: Der Trend zur freiwilligen Selbstverpflichtung wird bei stetig wachsenden Handelsbeziehungen zunehmen. So werden Unternehmen in der postnationalen Konstellation
Notwendige Konkretisierung
Ethische Prinzipienkataloge für moralisches Handeln von Unternehmen, Organisationen und Privatpersonen bilden sich gerade dort aus, wo sich der rasch anwachsende globale Welthandel einer wirksamen Regulierbarkeit entzieht. Aus sozialethischer Sicht besteht die Herausforderung darin, zwischen den teilweise miteinander konkurrierenden Werten und Normen der verschiedenen Dokumente und spirituellen Traditionen zu vermitteln.
Auf Begründungen dieser Prinzipien und Maßstäbe oder auch auf Argumentationen im Rahmen bestimmter weltanschaulicher oder spiritueller Traditionen wird bewusst verzichtet. Dieses Vorgehen erinnert an eine Naturrechtsargumentation, wie sie etwa die Sozialethik bis zum letzten Drittel des 20. Jahrhunderts geprägt hat und die insbesondere in den 1970er Jahren als ideologisch verurteilt wurde;