Begriffe wie "Extremismus" oder "Radikalisierung" gehören zum alltäglichen Sprachgebrauch. Jedoch bleibt oftmals unklar, was genau mit ihnen gemeint ist. Auch in der Forschung wird viel über den "Radikalisierungbegriff" diskutiert. Die meisten Ansätze betonen das Prozesshafte, das heißt sie konzentrieren sich auf den Verlauf von Radikalisierungen. Denn Menschen radikalisieren sich nicht von einem Tag auf den anderen. Wenn Radikalisierung also der Prozess ist, durch den ein Mensch zum Extremisten wird, dann ist eine mögliche Umkehrung dieser Eskalation für die demokratische Gesellschaft von besonderem Interesse: die Deradikalisierung.
Um einem solchen Richtungswechsel näher zu kommen, muss jedoch erst nachvollzogen werden, wie Radikalisierung tatsächlich abläuft – nämlich individuell unterschiedlich. In den meisten Theorien finden sich Elemente wie die Erfahrung von Unzufriedenheit und Konflikt, die Annahme einer extremistischen Ideologie sowie die Einbindung in Sozial- und Gruppenprozesse. Auch bei den Ansätzen, die Radikalisierungsprozessen entgegenwirken sollen, sind noch viele Fragen umstritten: von der Wahl der Kooperationspartner über die Gefahr, Menschen durch Präventionsprogramme vorzuverurteilen, bis hin zur Zielsetzung. Reicht es, einen Menschen zu "demobilisieren", ihn also vom Gewaltverzicht zu überzeugen, oder muss er sich auch von der jeweiligen extremistischen Ideologie abwenden?
Entsprechend vielfältig sind die Herangehensweisen in der Praxis. So bemühen sich "gezielte Interventionen", Personen, die sich kognitiv schon radikalisiert haben, "zurückzuholen", noch bevor sie straffällig geworden sind. In der "Verantwortungspädagogik" versuchen Antigewalt- und Kompetenztrainings, rechtsextreme oder fundamentalistische Jugendliche im Strafvollzug durch die Aufarbeitung ihrer Taten in Gruppen dazu zu bringen, ihr gewaltsames Verhalten zu verstehen, Verantwortung zu übernehmen und in Zukunft einen anderen Weg einzuschlagen.