Steuerpolitik muss es geben, wenn es einen modernen Staat geben soll – denn sie stellt seine Einnahmen sicher. Steuern waren nicht immer die wichtigste Einnahmequelle. Noch im Mittelalter mussten Landesherren überwiegend mit eigenen Einnahmen beziehungsweise Zöllen auskommen. Aber spätestens seit der Entstehung des absolutistischen Staates wird über die "richtige" und "gerechte" Ausgestaltung der Besteuerung diskutiert. Der Wirtschaftswissenschaftler Adam Smith formulierte im Jahr 1776 vier bis heute einflussreiche Steuermaximen: Gleichheit der Besteuerung nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit, Bestimmtheit der Besteuerung, Bequemlichkeit der Besteuerung für die Steuerpflichtigen und Billigkeit der Steuererhebung für den Staat. Die Erhebung von Steuern durch den Staat und die daraus folgende wirtschaftliche Belastung der Steuerpflichtigen durch die Besteuerung wird heute in der verfassungsrechtlichen Diskussion überwiegend damit gerechtfertigt, dass die Belastung gleichmäßig verteilt wird. Der Gleichbehandlungsgrundsatz (Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz), aus dem Grundprinzipien einer gerechten Besteuerung abgeleitet werden, ist also von großer Bedeutung für die Ausgestaltung des Steuerrechts.
In der Diskussion werden die Aspekte der Freiheit und Gleichheit der Steuerpflichtigen betont, außerdem Prinzipien wie Fairness, Transparenz, Einfachheit, Effizienz sowie die Verfolgung bestimmter Ziele wie Geschlechtergerechtigkeit oder Familiengerechtigkeit. Steuerliche Lastengleichheit und Freiheitsgewährleistung sowie die angemessene Berücksichtigung der Unterschiede, die sich zum Beispiel aus unterschiedlichen Lebensrealitäten der Steuerpflichtigen ergeben – all dies soll das Steuerrecht leisten. Wie die Ausgestaltung dieser Ziele im Einzelnen auszusehen hat, ist wiederum umstritten.
Das Grundgesetz (GG) enthält keine ausdrückliche Regelung zur Frage, wie eine gerechte Besteuerung aussehen muss. Als verfassungsrechtliche Maßstäbe der Besteuerung sind vor allem der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1), der Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1) sowie das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1) von Bedeutung. Der allgemeine Gleichheitssatz verpflichtet die öffentliche Gewalt, vergleichbare Fälle gleich zu behandeln. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz wird das Gebot der Steuergerechtigkeit abgeleitet, was durch den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit der Besteuerung konkretisiert wird.
Besteuerung nach Leistungsfähigkeit.
Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist ein Grundsatz, der besagt, dass die Besteuerung im Verhältnis zum verfügbaren Einkommen der Steuerpflichtigen erfolgen muss beziehungsweise sich daran orientieren sollte, "was der Steuerpflichtige aus seinem Einkommen dazu beitragen kann, damit der Staat seine Aufgaben erfüllen kann".
Horizontale und vertikale Steuergerechtigkeit.
Ein wesentlicher Aspekt der gleichmäßigen Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip ist die horizontale Steuergerechtigkeit. Horizontale Steuergerechtigkeit bedeutet, dass bei gleicher Leistungsfähigkeit auch die gleiche Steuer zu entrichten ist. Die vertikale Ausgestaltung dieses Prinzips verlangt, dass bei unterschiedlicher Leistungsfähigkeit auch unterschiedlich zu besteuern ist, niedrigere Einkommen also auch geringer zu besteuern sind.
Tarifgestaltung.
Aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip beziehungsweise dem Gebot der vertikalen Steuergerechtigkeit wird allerdings keine konkrete Tarifgestaltung (zum Beispiel ein proportionaler oder progressiver Tarif) mehr abgeleitet. Für alle Einkommensarten mit Ausnahme der Kapitaleinkünfte (wie etwa Einkünfte aus Aktien, Investmentfonds, Zinseinnahmen aus Geldvermögen) gilt derzeit im Einkommensteuergesetz eine Kombination aus einem progressiven und einem proportionalen Steuertarif. Einkünfte aus Kapitaleinkommen oberhalb einer bestimmten Grenze (801 Euro für Unverheiratete, 1602 Euro für Verheiratete, §20 Abs. 9 Einkommensteuergesetz, EStG) werden seit 2009 mit einem proportionalen Tarif von 25 Prozent besteuert (§32 d EStG). Diese Unterscheidung, mit der Einkünfte aus Kapital gegenüber anderen Einkommensarten begünstigt werden, wird damit begründet, dass die Verlagerung von Kapital in Länder mit niedrigeren Steuersätzen anders als die Verlagerung anderer Einkommensquellen wie der Arbeitskraft relativ einfach ist und das Steuerrecht das berücksichtigen und der Verlagerung entgegenwirken müsse. Gerade für Auslandseinkünfte bringt die Abgeltungsteuer allerdings keine Verbesserung, da sie darauf nicht anwendbar ist.
Was wird besteuert?
Die Frage, welche Faktoren die steuerliche Leistungsfähigkeit einer Person prägen, wird durch das objektive und subjektive Nettoprinzip weiter konkretisiert. Das objektive Nettoprinzip besagt, dass erwerbsbedingte Aufwendungen die finanzielle Leistungsfähigkeit mindern, also kein verfügbares Einkommen darstellen. Privat veranlasste Kosten werden stattdessen grundsätzlich nicht berücksichtigt (Ausnahmen werden im Kontext des subjektiven Nettoprinzips diskutiert). Beispiele für erwerbsbedingte oder betriebliche Ausgaben sind Berufskleidung, Fachzeitschriften oder Materialkosten. Die Abgrenzung, was erwerbsbedingt und damit steuerlich zu berücksichtigen und was privat ist, ist mitunter schwer zu treffen und auch eine Bewertungsfrage.
Deutlich wird das am Beispiel der Kosten für Kinderbetreuung, wo in Deutschland seit Jahrzehnten strittig ist, ob diese Kosten als erwerbsbedingt oder (zumindest teilweise) als privat gelten sollten. Sieht man eine steuerpflichtige Person in Deutschland als einen Mann ohne Kinder oder mit Frau und Kindern an, mögen die Kosten der Kinderbetreuung als private Angelegenheit scheinen. Doch in den Fällen, in denen keine alternative Betreuungsform zur Verfügung steht, ermöglichen die Ausgaben für die Kinderbetreuung erst die Erzielung von Erwerbseinkommen und sind demnach erwerbsbedingt. Das Bundesverfassungsgericht hat 1998 entschieden, dass nicht die Kosten für Kinderbetreuung die steuerliche Leistungsfähigkeit mindern, sondern auch der Aufwand durch die Betreuung durch ein Elternteil zu berücksichtigen ist, bei dem keine Kosten entstehen. Diese Rechtsprechung wird kritisiert, weil im Steuerrecht erzieltes Einkommen der Maßstab ist und nicht "Erwerbspotenzial" oder der Verzicht auf Einkommen für andere Tätigkeiten. Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurde die in §9c EStG bisher vorgenommene Unterscheidung zwischen erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten aufgegeben und im neu geschaffenen §10 Abs. 1 Nr. 5 EStG bestimmt, dass Kosten der Kinderbetreuung nur noch als Sonderausgaben abgezogen werden können. Damit erfolgte die Einordnung von Kinderbetreuungskosten als private Ausgaben für Kosten der Lebensführung, die vom Staat ausnahmsweise steuerlich begünstigt werden. Das ist steuersystematisch dann falsch, wenn man davon ausgeht, dass Kinderbetreuungskosten den Eltern aufgrund ihrer Berufstätigkeit entstehen.
Ein weiteres Beispiel ist der Weg zur Arbeit – dieser gilt in Deutschland als erwerbsbedingt und in den USA als privat.
Nach dem subjektiven Nettoprinzip können allerdings auch bestimmte private Aufwendungen die finanzielle Leistungsfähigkeit mindern. Dazu gehört unstrittig das Existenzminimum der Steuerpflichtigen und ihrer unterhaltsberechtigten Familienmitglieder, das nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steuerfrei bleiben muss. Die steuerliche Leistungsfähigkeit bleibt "hinter der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zurück, weil jeder Bürger einen Teil seines Einkommens für seine und eventuell seiner Familie Existenz verwenden muss". Das steuerliche Existenzminimum wird anhand der geltenden sozialhilferechtlichen Mindestsätze bemessen, der Grundfreibetrag für Erwachsene beträgt aktuell 8004 Euro (§32 Abs. 1 EStG), für Kinder wird das Existenzminimum durch den Kinderfreibetrag (§32 Abs. 6 EStG) berücksichtigt. Inwieweit über das Existenzminimum hinausgehende Unterhaltspflichten berücksichtigt werden müssen, ist strittig und wird im Einkommensteuergesetz unterschiedlich gehandhabt.
Neben dem Ehegattensplitting sind wichtige Regelungen das Realsplitting für Geschiedene und der allgemeine Unterhaltsabzug, von dem in eingetragenen Lebenspartnerschaften lebende Menschen und unter bestimmten Voraussetzungen nicht eheliche Paare Gebrauch machen können. Während das Ehegattensplitting und das Realsplitting über die Berücksichtigung des Existenzminimums weit hinausgehen, können Unterhaltsleistungen in eingetragenen Lebenspartnerschaften und zwischen Unverheirateten nur bis zur Höhe des Existenzminimums berücksichtigt werden. Diese unterschiedlichen Maßstäbe werden als Privilegierung der (bestehenden oder getrennt lebenden beziehungsweise geschiedenen) Ehe gegenüber anderen Unterhaltsgemeinschaften im Steuerrecht kritisiert und eine einheitliche Regelung für alle Unterhaltsleistungen unter Erwachsenen gefordert.
Weitere Beispiele für die Berücksichtigung der geminderten Leistungsfähigkeit aufgrund des subjektiven Nettoprinzips sind Sonderausgaben (§10 bis 10c EStG) und außergewöhnliche Belastungen (§§33–33b EStG). Beispielsweise hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Kosten für eine künstliche Befruchtung aufgrund der seelischen Zwangslage bei ungewollter Kinderlosigkeit als außergewöhnliche Belastung anerkannt.
Leistungsfähigkeit und Ehegattensplitting
Das Ehegattensplitting ist im Kontext der Debatten um eine gerechte Besteuerung aktuell besonders umstritten. In der Bundesrepublik können Eheleute, die nicht dauernd getrennt leben, seit dem Jahr 1958 bei der Einkommensbesteuerung die getrennte steuerliche Veranlagung oder die Zusammenveranlagung wählen (§26 EStG). Die Zusammenveranlagung bedeutet, sie werden als "ein Steuerpflichtiger" behandelt, die Einkommen addiert und den Ehegatten gemeinsam zugerechnet (§26 b EStG). Dabei werden die Einkünfte, welche die Eheleute erzielt haben, zunächst zusammengerechnet. Das gemeinsam zu versteuernde Einkommen wird durch zwei geteilt und die Steuerlast dieses hälftigen Betrages errechnet und verdoppelt (§32a Abs. 5 EStG).
Wie wirkt diese besondere Gestaltung des Steuertarifs für Ehegatten? Zunächst stellt das Ehegattensplitting sicher, dass eine "Ehestrafsteuer" nicht eintreten kann. Denn verheiratete Ehepaare zahlen durch das Splittingverfahren so viel Einkommensteuer wie zwei Unverheiratete, von denen jede beziehungsweise jeder die Hälfte des gemeinsamen Einkommens des Ehepaars verdient. Ferner bewirkt das Splittingverfahren für Verheiratete einen flacheren Progressionsverlauf. Die durch dieses Abflachen der Progression erzielte Steuerentlastung gegenüber der individuellen Besteuerung ist umso größer, je höher die Einkommensdifferenz zwischen den Ehegatten ist. Deshalb ist aufgrund der Einkommensunterschiede innerhalb der Ehe in der Regel die Zusammenveranlagung mit dem Splittingtarif für Verheiratete unterm Strich zwar steuerlich vorteilhafter; allerdings wird die Person mit dem geringeren Einkommen in der Ehe benachteiligt, da sie dadurch eine höhere Einkommensteuer zahlt.
Die steuerlichen Auswirkungen des Splittingverfahrens müssen also im Zusammenhang mit der Gestaltung des Steuertarifs betrachtet werden. Bei einem progressiven Steuertarif kann der Splittingtarif gegenüber der individuellen Besteuerung des Einkommens eine Steuerentlastung bewirken, weil durch die Halbierung des Einkommens und der auf dieser Grundlage berechneten Steuerlast ein Progressionsvorteil besteht. Die steuerliche Entlastung ist also abhängig von zwei Faktoren: der Einkommensdifferenz zwischen den Partnern und der Höhe des gemeinsam erzielten Einkommens. Je größer die Einkommensdifferenz zwischen den Ehegatten, desto größer ist die Steuerersparnis des Paares. Verdienen beide Personen gleich viel, tritt keine Ersparnis gegenüber der individuellen Besteuerung ein.
Aus feministischer Perspektive werden heute unter dem Schlagwort Anreizwirkungen vor allem die Auswirkungen des Ehegattensplittings auf die Erwerbstätigkeit von Ehefrauen kritisiert. Eine Ehefrau als zweite Einkommensbezieherin in einem Haushalt muss den Splittingvorteil zunächst zurückverdienen, argumentiert beispielsweise Franziska Vollmer in ihrer verfassungsrechtlichen Untersuchung des Ehegattensplittings. Im Zusammenspiel mit anderen rechtlichen Regelungen, der sozialen Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern und der mangelnden Verfügbarkeit von (und den Kosten für) Kinderbetreuungseinrichtungen wirke das Ehegattensplitting als Hemmnis für eine Erwerbstätigkeit von Ehefrauen. Die Pluralisierung von Familienformen, vor allem die wachsende Zahl nicht verheirateter Eltern (Paarelternfamilien und Alleinerziehende), gibt Anlass zu der Kritik, über das Ehegattensplitting werde einseitig eine bestimmte Lebensweise (Einverdienstehe beziehungsweise "Ernährer plus Zuverdienerin") steuerlich privilegiert. Die Verteilungswirkungen des Ehegattensplittings stehen in der Kritik, weil der Splittingvorteil in Einverdienstehen mit steigendem Einkommen ebenfalls ansteigt – er beträgt seit Einführung der sogenannten Reichensteuer für zu versteuernde Einkommen ab 500.000 Euro im Jahr 2007 etwa 15.000 Euro.
In der verfassungsrechtlichen Debatte wird sowohl bei Zustimmung zu als auch bei Kritik am Ehegattensplitting mit dem steuerrechtlichen Leistungsfähigkeitsprinzip argumentiert. Es ist also umstritten, welche Vorgaben sich aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip für die Ehebesteuerung ableiten lassen. Dabei geht es vor allem um die Höhe der verfassungsrechtlich gebotenen Entlastung, also um die Frage, ob es zwingend erforderlich ist, eine hälftige Teilung des Einkommens durch das Splittingverfahren zu unterstellen, oder ob auch geringere Entlastungen akzeptabel wären. Auch das Bundesverfassungsgericht argumentierte mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip als "eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare (Art. 3 Abs. 1 GG) orientierte sachgerechte Besteuerung". Die Entscheidung ließ aber offen, welche anderen dem Leistungsfähigkeitsprinzip entsprechenden Regelungen möglich seien und sprach nur allgemein von einer "Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers".
Das Bundesverfassungsgericht leitet aus Art. 3 Abs. 1 GG außerdem den Grundsatz der Folgerichtigkeit ab. Demnach ist die Gesetzgebung verpflichtet, steuerliche Belastungsentscheidungen folgerichtig und systemgerecht auszugestalten. Eine der Systematik des Steuerrechts widersprechende Entscheidung wäre demnach ein Indiz für einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und müsste durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt werden. Als einen Verstoß gegen das Prinzip der Folgerichtigkeit hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2009 eine Reform der sogenannten Pendlerpauschale angesehen, die Fahrten zur Arbeit erst ab dem 21. Kilometer steuerlich berücksichtigte.
Fazit
Ist ein einfacheres Steuersystem auch zwangsläufig ein gerechteres Steuersystem? Die meisten Forderungen nach einem einfacheren und gerechteren Steuersystem haben gemeinsam, dass sie für alle Einkommensarten eine Flat Tax (zum Beispiel von 25 Prozent auf fast alle Einkommensarten und bei der Erbschaftsteuer) fordern, also den Abschied von der Progression des Steuertarifs. Für diese Modelle wird oft das Argument vorgebracht, dass dafür "Steuerschlupflöcher" wie Steuervergünstigungen, die hohen Einkommen zugutekommen, geschlossen werden und es sich also nicht automatisch um eine Privilegierung hoher Einkommen handelt, die mit dem Entfallen der Progression des Steuertarifs konsequenterweise entsteht.
Allerdings braucht es für die Abschaffung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten für hohe Einkommen nicht die Einführung einer Flat Tax – der politische Wille wäre ausreichend. Der Verfassungs- und Steuerrechtler Paul Kirchhof beispielsweise begründet seinen Entwurf für ein einfacheres Steuersystem vor allem mit dem freiheitlichen Aspekt von Gerechtigkeit – ein gerechtes Steuersystem müsse vor allem dafür sorgen, dass die Belastung der Steuerpflichtigen möglichst gering bleibe, damit diese sich in Freiheit ihrer wirtschaftlichen Betätigung widmen können. Kritiker der Idee einer Flat Tax argumentieren dagegen, dass sie den Nachteil habe, dass die Durchsetzung einer Erhöhung wegen der daraus resultierenden Belastung kleinerer Einkommen kaum mehr realistisch ist – "eine flat tax kann man nur senken", betont etwa der ehemalige Entwicklungshilfeminister Erhard Eppler. Ein einfaches Steuersystem sei also nicht zugleich ein gerechtes Steuersystem.
Ob die eigene Steuerbelastung von den Steuerpflichtigen als gerecht angesehen wird, ist laut einer empirischen Untersuchung aus dem Jahr 2005 weniger davon abhängig, welche staatlichen Leistungen (wie Infrastruktur, öffentliche Sicherheit, Bildung) durch Steuern finanziert werden. Entscheidender für die Bewertung der individuellen Steuerbelastung als (un-)gerecht ist, ob die Steuerpflichtigen mit dem eigenen Lebensstandard unzufrieden sind und ob sie den Eindruck haben, andere würden weniger Steuern zahlen als sie selbst. Die Studie stellte darüber hinaus eine grundsätzliche Zustimmung der Befragten zu grundlegenden Prinzipien der Besteuerung fest. Gerade Menschen, die "ein gewisses Sättigungsniveau hinsichtlich des eigenen Wohlfahrtsniveaus erreicht" hätten, zeigten demnach auch eine höhere Bereitschaft, sich an der Steuerfinanzierung öffentlicher Güter zu beteiligen.
Die Debatten über Gerechtigkeit im Steuerrecht und Gerechtigkeit im Sozialstaat werden zu häufig getrennt geführt. Die Verknüpfungen von Steuerrecht und Sozialrecht nehmen aber zu – ein Beispiel ist die wachsende Bedeutung der privaten Altersvorsorge als Ergänzung zur Rentenversicherung und die steuerliche Privilegierung dieser Beiträge. Wünschenswert wäre deshalb eine Gesamtbetrachtung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie steuerrelevanten freiwilligen Versicherungen in Gerechtigkeitsdebatten.