Einleitung
In der aktuellen Diskussion um die Schuldenkrise Griechenlands und anderer südeuropäischer Mitglieder der Europäischen Währungsunion (EWU) wird zumeist auch von einer "Eurokrise" gesprochen. Der Euro ist in die Diskussion geraten, da man befürchtet, dass Schuldenkrisen oder gar ein Staatsbankrott einzelner Euroländer den Gesamteindruck des Euroraums so schwächen würden, dass damit auch das Vertrauen in die gemeinsame Währung verloren ginge. Und ein Scheitern des Euro - so hieß es - würde auch ein Scheitern "Europas" bewirken.
Die sich verschärfenden Probleme in Griechenland - mittlerweile wird von einem dritten Rettungspaket gesprochen - zeigen jedoch, dass solche finanziellen Hilfen allein die grundlegende Problematik nicht lösen können, da diese nicht zuletzt auch auf die Mitgliedschaft der betroffenen Länder im Euroraum zurückzuführen ist. Zugleich ist der Euroraum selbst in Spannungen geraten, die wiederum die EU insgesamt vor zunehmende Herausforderungen stellen.
Von der Montanunion zur Währungsunion
Im Zusammenhang mit dieser Entwicklung muss zwischen der EU insgesamt und der EWU unterschieden werden. Betrachtet man die EU als "Club", so ist die Währungsunion als "Club im Club" anzusehen.
Der europäische Integrationsprozess der Nachkriegszeit begann in den 1950er Jahren mit der Montanunion, mit Euratom und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) - Zusammenschlüsse zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und den Benelux-Staaten, die auf wirtschaftliche Zusammenarbeit gerichtet waren. Während Montanunion und Euratom sektorale Zusammenschlüsse zur Förderung einer gemeinsamen europäischen Energiepolitik und zur gemeinsamen friedlichen Nutzung der Atomenergie waren, zielte die EWG auf eine umfassende gesamtwirtschaftliche Integration. Diese sollte zunächst vor allem über Freihandel zwischen den Partnerländern erreicht werden. In den 1960er Jahren kamen die Gemeinsame Agrarpolitik und die Regional- und Strukturförderung über gemeinsam finanzierte Fonds hinzu.
Es folgte Anfang der 1990er Jahre der Integrationsschritt des Europäischen Binnenmarktes mit der Verwirklichung der vier Grundfreiheiten (freier Waren- und Dienstleistungshandel, freier Kapitalverkehr und freie Mobilität der Arbeitskräfte innerhalb der Gemeinschaft). Schließlich wurden 1999 mit der Einführung der gemeinsamen Währung die monetären Rahmenbedingungen für einen Großteil der EU-Mitglieder zentralisiert und vereinheitlicht. Begleitet wurde diese sukzessive Integrationsvertiefung der vergangenen 50 Jahre durch eine Erweiterung der Gemeinschaft von anfänglich sechs auf mittlerweile 27 Mitglieder.
Marktintegration, institutionelle Integration und Governance
Insgesamt zeigt sich, dass die europäische (wirtschaftliche) Integration durch zwei konträre Formen geprägt ist: die sogenannte Marktintegration und die sogenannte institutionelle oder Politikintegration.
Die Marktintegration ist vom Grundgedanken geleitet, dass Integration - im Sinne eines Zusammenwachsens der Volkswirtschaften - vor allem durch die Intensivierung von Marktverflechtungen erreicht werden soll. Durch die Erleichterung grenzüberschreitender wirtschaftlicher Transaktionen entstehen neue Marktbeziehungen, da Produzenten, Konsumenten, Kapitalanleger und Arbeitnehmer nun die Märkte der europäischen Partner mit nutzen können. Zugleich werden durch die Ausdehnung der Absatzmärkte auf die Partnerländer Massenproduktionsvorteile besser nutzbar, der Zugang zu günstigen Vorleistungen aus den Nachbarstaaten wird erleichtert und der zunehmende Wettbewerb fördert Produktivität und technischen Fortschritt. Schließlich wird den Verbrauchern eine größere Produktvielfalt zu günstigeren Preisen geboten.
Marktintegration schafft somit die Rahmenbedingungen dafür, dass Vorteile aus wirtschaftlichen Beziehungen mit den Partnerstaaten erkannt und genutzt werden können. Dafür müssen Handelshemmnisse oder andere Beschränkungen grenzüberschreitender Transaktionen beseitigt werden (Liberalisierung) und unterschiedliche nationale Regulierungen abgebaut oder gegenseitig anerkannt werden (Deregulierung). Die daraus entstehenden verstärkten Wirtschaftsbeziehungen bis zum gemeinsamen Wirtschaftsraum werden über individuelle und freiwillige Entscheidungen der Marktteilnehmer bewirkt, die zu einem Zusammenwachsen der Volkswirtschaften quasi "von unten" führen. Der EU-Binnenmarkt mit seinen vier Grundfreiheiten repräsentiert die höchste Form dieser Marktintegration.
Demgegenüber ist die institutionelle Integration ein politisch, "von oben" durchgesetztes Verbinden der nationalen Wirtschaftsräume durch ein gemeinsames Eingliedern unter zentrale, supranationale Institutionen. Diese Integrationsform zielt darauf ab, die nationalen wirtschaftspolitischen Interventions- und Regulierungsregime durch eine Vergemeinschaftung institutioneller Regelungen und Politiken zu ersetzen. Dabei soll es über die fortschreitende Harmonisierung und Zentralisierung von Entscheidungen zur Verringerung von Transaktionskosten und damit zu einer Intensivierung der wirtschaftlichen Verflechtungen kommen. Zudem erscheint eine institutionelle Integration sinnvoll, wenn damit gemeinsame öffentliche Güter wie etwa die Sicherung von Energie- und Nahrungsmittelversorgung erstellt werden. Zur institutionellen Integration zählen gemeinsame Marktordnungen oder auch eine gemeinsame Währung.
Während die Marktintegration auf den Wettbewerb als wesentlichen Treiber der Integration setzt, zielt die institutionelle Integration auf eine verstärkte Zentralisierung und gemeinsame Regulierung. Damit ist allerdings zugleich eine Einschränkung oder gar Ausschaltung des zwischenstaatlichen Wettbewerbs der betroffenen Institutionen verbunden: Wenn etwa Steuer- oder Sozialsysteme länderübergreifend harmonisiert werden, geht der Wettbewerb um die best practice in der Steuer- bzw. Sozialgesetzgebung verloren. Wenn eine gemeinsame Währung eingeführt wird, geht der Wettbewerb zwischen verschiedenen nationalen Geld- und Währungspolitiken verloren. Die stattdessen zentral und länderübergreifend eingesetzten Politiken mögen im Idealfall den besten der vorherigen nationalen Politiken entsprechen, faktisch wird sich die Qualität der neuen gemeinsamen Institutionen jedoch zumeist eher dem Durchschnitt der bisherigen Qualitäten annähern, so dass Effizienzverluste eintreten können. Auch können sich nationale Institutionen besser an nationale Besonderheiten und Präferenzen anpassen, sodass eine Zentralisierung auch aus diesem Grund Wohlfahrtsverluste bewirken kann.
Hinter der Unterscheidung zwischen Marktintegration und institutioneller oder Politikintegration stehen zwei unterschiedliche Governance-Konzepte. Das "ordnungsorientierte" Paradigma
Die EU spiegelt einen Mix dieser beiden ordnungspolitischen Grundpositionen wider. Der Binnenmarkt etwa setzt auf wettbewerbliche Anreizmechanismen, die Währungsunion dagegen auf Zentralisierung. Ein zentrales Governance-Problem der EWU ist die Kombination aus einer Geldpolitik mit vollständiger Zentralisierung und einheitlicher Ausgestaltung für alle Mitgliedsländer einerseits und der weiterhin in nationaler Kompetenz verbleibenden Fiskalpolitik andererseits. Eine nationale Regierung kann der eigenen Volkswirtschaft mit einem defizitären Staatshaushalt kurzfristig expansive Impulse verschaffen (deficit spending), wobei sich die mit der zusätzlichen Verschuldung verbundenen negativen Effekte jedoch auf die gesamte Währungsgemeinschaft verteilen. Hieraus ergibt sich ein Anreiz für die nationalen Entscheidungsträger, eine Politik zunehmender Staatsverschuldung zu präferieren, und die Notwendigkeit, dies im Sinne einer nachhaltig funktionierenden Währungsunion zu verhindern.
Kosten und Nutzen der EU
EU-Binnenmarkt und EWU verfügen über zwei unterschiedliche Integrationsphilosophien und auch unterschiedliche Kosten-Nutzen-Relationen. Der Binnenmarkt ermöglicht Kostenvorteile für die Produzenten, Preisvorteile für die Verbraucher sowie insgesamt mehr Handel und hierdurch mehr internationale Arbeitsteilung und Wirtschaftswachstum. Zudem können Arbeitskräfte und Kapital dorthin wandern, wo sie am meisten gebraucht und am effizientesten genutzt werden. Schließlich ermöglicht der Binnenmarkt eine stärkere Handelsposition gegenüber Drittländern.
Diesen Vorteilen stehen die - meist weit überschätzten - Kosten bzw. Ausgaben der EU gegenüber. Das EU-Budget (gemessen an den Ausgaben) beträgt ca. 126,5 Milliarden Euro, dies entspricht nur etwa einem Prozent des EU-Bruttoinlandsprodukts (BIP). Vergleicht man damit etwa die Staatsausgaben in Deutschland (als Summe der Haushaltsausgaben von Bund, Ländern, Kommunen sowie der gesetzlichen Sozialsysteme), so bewegen sich diese in den vergangenen zehn Jahren zwischen 43 und 48 Prozent des deutschen BIP. Natürlich hat der deutsche Staat eine Vielzahl von Aufgaben, welche die EU nicht zu bewältigen hat, etwa die Bereitstellung der inneren und äußeren Sicherheit, der Bildung oder der Renten. Trotzdem ist das EU-Budget vergleichsweise gering: Allein das BIP Deutschlands mit rund 2500 Milliarden Euro macht etwa das Zwanzigfache des EU-Budgets aus. Betrachtet man den Nettobeitrag Deutschlands zur EU, so beträgt er knapp 12 Milliarden Euro, das ist weniger als 0,5 Prozent des BIP.
Die wesentlichen Ausgabeposten im EU-Budget sind die Agrarpolitik und die Regional- und Strukturfonds. Auch wenn die Agrarpolitik oft kritisiert wird, ist die Grundidee durchaus positiv: Mit einer gemeinsamen und zentral organisierten agrarpolitischen Steuerung soll eine Selbstversorgung mit lebensnotwendigen Nahrungsmitteln für die gesamte EU gewährleistet werden, ohne dass die Nationalstaaten eine autonome Versorgung benötigen. Eine Versorgung durch die Partnerländer ist gewährleistet. Die Regional- und Strukturfonds und der Kohäsionsfonds wiederum, die schwachen Regionen mit projektgebundenen Fördermitteln helfen, dienen dem Abbau wirtschaftlicher Divergenzen im EU-Raum und fördern damit auch die Akzeptanz des europäischen Integrationsprozesses. Die oft beklagte Bürokratie in Brüssel schließlich ist nicht so teuer wie vielfach vermutet, da sie wiederum nur etwa fünf Prozent der gesamten EU-Ausgaben beansprucht. Die EU insgesamt "braucht" also vergleichsweise wenig Euro(s). Zu betrachten bleiben nun allerdings die Währungsunion und die mit ihr verbundenen Nutzen und Kosten.
Was kostet der Euro?
Die Vorteile einer Währungsunion werden in der Senkung von Transaktionskosten gesehen, im Wegfall von Wechselkursrisiken und den damit einhergehenden Risikoprämien sowie in der Ausschaltung spekulativer Falschbewertungen. Die aufgrund des Wegfalls von Transaktionskosten prognostizierten Handelszuwächse sind allerdings nicht so hoch wie erwartet. Zwar hat der Handel zwischen den Europartnern zugenommen, doch ist der Handel mit Nicht-Europartnern deutlich stärker gewachsen, so dass für fast alle Mitgliedsländer der Währungsunion gilt, dass jener Anteil ihres Außenhandels, der mit den Euro-Partnerländern stattfindet, gesunken ist. Die Existenz einer gemeinsamen Währung ist für den Handel also nicht entscheidend, sondern die Existenz zahlungskräftiger, wachstumsstarker Geschäftspartner - und diese liegen außerhalb der Eurozone, in Asien, aber auch in Osteuropa.
Anstelle solcher erhofften Nutzenzuwächse durch den Euro sind stattdessen beträchtliche Kosten entstanden, die nicht unvorhersehbar waren. So gab es in den 1990er Jahren zwei Manifeste,
Die zu große Unterschiedlichkeit der wirtschaftlichen Strukturen und wirtschaftspolitischen Präferenzen zwischen den beteiligten Ländern lässt eine gemeinsame Geld- und Währungspolitik ineffizient werden.
Durch die gemeinsame Währung werden sich die wirtschaftlichen Unterschiede weiter verschärfen, da sich die Wettbewerbsfähigkeit der Mitglieder weiter auseinander entwickeln wird.
Die fiskalische Stabilität ist nicht nachhaltig gesichert, der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist dazu nicht ausreichend. Stattdessen bestehen Anreize, sich noch mehr zu verschulden.
Letztlich wird die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) gefährdet sein, und als Konsequenz wird eine instabile Währung, eine instabile Gemeinschaft oder eine Transferunion entstehen.
Was damals abstrakt befürchtet wurde, ist längst eingetreten: Der Stabilitäts- und Wachstumspakt hat versagt, und die meisten Euro-Ländern haben hohe, nicht nachhaltige Staatsdefizite. Die EZB kauft trotz no-bail-out-Vereinbarung anhaltend Staatsschuldtitel auf. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Euroländer hat sich dramatisch auseinanderentwickelt. Durch unterschiedliche Lohnkostenentwicklungen und Inflationsraten haben Länder wie Griechenland, Portugal, Spanien, Irland stark real aufgewertet, während Deutschland real abgewertet hat. Diese stetig wachsenden Leistungsbilanzungleichgewichte können nicht mehr durch Wechselkursänderungen korrigiert werden.
Die daraus resultierenden Kosten des Euro betreffen die Länder in unterschiedlichem Maße. Deutschland hatte in den ersten zehn Jahren der Währungsunion ein stark unterdurchschnittliches Wachstum zu verzeichnen, da zunehmend Kapital in die Peripherieländer der Währungsunion investiert wurde. Zwar war durch die gemeinsame Währung eigentlich nur das Wechselkursrisiko ausgeschaltet worden, doch hatten die Finanzmärkte richtig vorausgesehen, dass die no-bail-out-Vereinbarung vermutlich nicht eingehalten wird, wenn ein Euroland in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Daher wurden lange Zeit keine Länderrisiken mehr eingepreist, und die Peripherieländer konnten sich zu günstigen Konditionen verschulden. Seit der Eurokrise fließt zwar kaum noch Kapital in diese Länder, dafür ist Deutschland aber hohe finanzielle Verpflichtungen und Garantien "zur Rettung des Euro" eingegangen. Zudem hat Deutschland die Deutsche Bundesbank als Stabilitätsanker verloren und eine Währung bekommen, für die künftig Preisstabilität nicht mehr gleichermaßen gesichert ist.
Die Tatsache, dass Deutschland in den vergangenen beiden Jahren ein überdurchschnittliches Wachstum aufwies, ist nicht auf den Euro zurückzuführen, sondern auf eine vorherige konsequente Politik der Lohnzurückhaltung. Und auch die hohen Außenhandelsüberschüsse Deutschlands von 158 Milliarden Euro im Jahr 2011 sind nur zu einem Bruchteil (19 Milliarden Euro) durch Überschüsse gegenüber den Europartnern entstanden.
Aber auch die derzeitigen Krisenländer tragen mittlerweile hohe Kosten durch ihre Mitgliedschaft im Euroraum. So wären etwa Griechenland, Portugal oder Spanien nicht in die Situation ihrer hohen Leistungsbilanzdefizite und hohen Auslandsverschuldung geraten, wenn sie noch ihre eigene Währung gehabt hätten. Die vor einigen Jahren als Erfolg gepriesene Angleichung der Renditen auf Staatstitel innerhalb der Währungsunion hat sich gerade für diese Länder als großes Problem erwiesen, da sie hohe Kapitalzuflüsse ermöglichte, die aber nicht effizient und produktiv genutzt wurden. Erst das hohe Ausmaß der durch falsche Anreize forcierten Verschuldung ließ dann - zu spät - die richtige Risikoeinschätzung in die Renditen einfließen. Mit einer eigenen Währung hätte es diese ausufernde Entwicklung nicht gegeben, und auch die schrumpfende internationale Wettbewerbsfähigkeit hätte durch sukzessive Abwertungen leichter ausgeglichen werden können.
Verkleinerung der Währungsunion?
Wie "schlimm" wäre nun ein Austritt Griechenlands (oder auch anderer Schuldenländer) aus der Währungsunion? Entscheidend für die Probleme Griechenlands, Portugals oder Spaniens ist nicht nur die hohe Staatsverschuldung, die mittlerweile auch viele andere Länder zu verzeichnen haben, sondern die hohe Auslandsverschuldung, die durch die über Jahre anhaltenden hohen Leistungsbilanzdefizite hervorgerufen wurden. Um diese Leistungsbilanzdefizite wieder abzubauen, ist - für die Wiedergewinnung internationaler Wettbewerbsfähigkeit - neben Strukturreformen letztlich eine reale Abwertung notwendig. Diese kann zum einen über eine "interne" Abwertung, also über Lohn- und Preissenkungen und drastisches Sparen, erfolgen. Dies ist ein sehr schmerzhafter Weg, den die Bürger eines Landes meist nicht mittragen wollen. Zum anderen könnte eine "externe" Abwertung erfolgen, die jedoch den Austritt aus der Währungsunion bedeuten würde.
Auch diese Abwertung reduziert letztlich die realen Konsummöglichkeiten der Bürger, doch ist dies weniger transparent und wird daher leichter akzeptiert. Natürlich würde ein Austritt zunächst zu einer stark überschießenden Abwertung der Währung führen. Aber genau dies hilft letztlich, um die Leistungsbilanz rasch zu verbessern und die Kapitalflucht zu stoppen: Je stärker die Währung abwertet, umso wahrscheinlicher ist eine künftige Erholung, die auch Kapitalrückflüsse interessant macht. Die überschießende Abwertung der neuen Währung könnte somit das Fundament für eine rasche Erholung des Landes sein und zugleich eine marktmäßige Lösung, um wieder Wirtschaftswachstum zu generieren. Natürlich geht dies alles nur mit einem Schuldenschnitt und mit einer Umwandlung der Euro-Schulden in die neue Währung (was für die Gläubiger gleichbedeutend mit einem Schuldenschnitt wäre). Zumindest in Bezug auf Griechenland ist eine solche Entwicklung antizipiert.
Ein "Dominoeffekt" auf andere Krisenländer ist kaum zu befürchten, da die Austrittsgefahr Griechenlands mittlerweile von den Märkten einkalkuliert und von den Gläubigern weitgehend eingepreist ist. Die Tatsache, dass ein Austritt aus der Währungsunion nicht mehr "koste es, was es wolle" verhindert wird, kann statt dessen sogar für andere Defizitländer ein Warnsignal sein, das zu verstärkten eigenen Bemühungen führt, Staatshaushalt und Wettbewerbsfähigkeit zu konsolidieren. Selbst wenn mehrere Länder austreten würden, wäre dies nicht als "Gefahr für Europa" zu dramatisieren. Im Gegenteil: Die derzeitige Überforderung der Schuldnerländer durch harte Sanierungsprogramme und der Gläubigerländer durch die ausufernden "Rettungsschirme" schwächen die Integrationsbereitschaft der Europäer. So verzeichnet Eurobarometer den Vertrauensverlust der europäischen Bürger gegenüber der EU seit der Eurokrise: Bei der letzten Befragung im Herbst 2011 gaben nur noch 34 Prozent der befragten EU-Bürger an, der EU zu vertrauen, 55 Prozent dagegen misstrauten ihr. Bei der Frage "Würden Sie sagen, dass sich die Dinge in der EU derzeit in die richtige oder in die falsche Richtung entwickeln?" antworteten nur noch 19 Prozent mit "Ja", 55 Prozent dagegen mit "Nein".
Deutschland müsste trotz Abwertung der dann neu geschaffenen Währungen nicht unbedingt um seine Exporte fürchten. Eine aktuelle Studie
Insgesamt kann festgehalten werden, dass die EU mit ihrem Binnenmarktprojekt ein grundlegend positives Beispiel der Marktintegration gibt, bei dem der Nutzen die Kosten deutlich übersteigt. Zugleich funktioniert das ambitionierte und erfolgreich umgesetzte Binnenmarktprojekt mit allen 27 EU-Mitgliedstaaten gleichermaßen, also auch mit jenen, die nicht der Eurozone angehören. Der Binnenmarkt braucht somit den Euro nicht.
Die Probleme in der Eurozone beruhen nicht auf "zu viel Markt", sondern auf "zu wenig Markt". Eine gemeinsame Währung für sehr unterschiedliche Wirtschaftsräume kann nur funktionieren, wenn eine hohe Flexibilität der Löhne, Preise und Kapitalrenditen vorliegt und/oder eine hohe Mobilität von Arbeitskräften und Kapital, die den Mangel an innergemeinschaftlicher Wechselkursflexibilität ausgleichen. Dazu gehört auch, dass die Länderrisiken nicht durch die Gemeinschaft getragen werden dürfen (Eurobonds), sondern sich in den nationalen Zinsen (als Risikoprämien) niederschlagen müssen. Risikoprämien zwingen die Politik zum Handeln (im Gegensatz zu den oft verkündeten "strikten Sanktionen" des Stabilitäts- und Wachstumspaktes oder der geplanten Schuldenbremsen). Die besten "automatischen Sanktionen" für unsolide Wirtschaftspolitik sind Marktsignale wie Zinserhöhungen oder Wechselkursänderungen.
Fazit: Damit Europa nicht so viele Euro(s) braucht (= kostet), dürfen nicht so viele EU-Länder den Euro als eigene Währung gebrauchen. Die Vorteile des Binnenmarktes sind auch ohne Euro nutzbar, und sie unterstützen auch die Akzeptanz des europäischen Integrationsprozesses bei den Bürgern. Die derzeitigen, anscheinend unbegrenzten Hilfen für die Schuldnerländer sind dagegen keine nachhaltige Lösung, da sie nicht die Ursachen der Krise beheben, sondern stattdessen falsche Anreize setzen.
Ein Austritt einiger Länder aus der Eurozone müsste und sollte jedoch keine Abkehr von der Solidarität in der Gemeinschaft bedeuten. Hilfe für die EU-Partner ist richtig und wichtig, aber sie sollte durch konkrete Projekte (im Rahmen der Regional- und Strukturfonds, des Kohäsionsfonds oder durch die Europäische Investitionsbank) erfolgen. In Verbindung mit einer "Selbsthilfe" durch eine Abwertung ihrer Währungen könnten die derzeitigen Krisenländer wieder "auf einen grünen Zweig" kommen.