Seit Beginn der Finanz- und Verschuldungskrise in der Europäischen Union werden demokratisch gewählte Parlamente und Regierungen von den privaten Akteuren der Kapitalmärkte in die Enge getrieben. Dabei hat das Image "Europas" vor allem in den südeuropäischen Ländern dramatisch gelitten: Die Jugendarbeitslosigkeit wächst sprunghaft an; insbesondere jungen Menschen ohne Perspektive in der Heimat begegnet die EU häufig als ferner, undemokratischer Moloch, der drastische nationale Sparprogramme fordert.
Um die Staatsverschuldung in den Griff zu bekommen, haben 25 EU-Mitgliedstaaten am 2. März 2012 einen "Fiskalpakt" unterzeichnet. Er verpflichtet langfristig zu strikter Haushaltsdisziplin durch "Schuldenbremsen". Demnächst sollen die Unterzeichner ihre Daten für das bevorstehende Haushaltsjahr in Brüssel vorlegen. Die EU-Kommission betont, es handele sich um "Überprüfungen" der nationalen Budgets - ein vor wenigen Jahren kaum vorstellbarer Integrationsschritt.
Das Unbehagen über demokratische Defizite beim parlamentarischen Umgang mit scheinbar alternativlosen, immer größeren "Rettungspaketen" wächst. Das Bundesverfassungsgericht hat erneut die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestags unterstrichen - und zwar auch in Fällen besonderer Eilbedürftigkeit. Demokratie braucht Zeit und Kontemplation: Die Kernfrage lautet, inwiefern die demokratischen Institutionen und die "Langsamkeit" ihrer Verfahren den finanzpolitischen Herausforderungen gewachsen sind. Expertenkabinette treffen vielerorts auf große Zustimmung; europäische Elitengremien entscheiden über Milliardensummen. Wird das Budgetrecht, das "Königsrecht" der gewählten Abgeordneten, ausgehöhlt? Auf lange Sicht scheint es unabdingbar, das Europäische Parlament weiter aufzuwerten.