Inhaltsbeschreibung
Im Herzen Europas klafft eine Lücke – dies ist zumindest der Eindruck, den ein Blick auf die Karte der EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2024 erweckt. Umgeben von EU-Mitgliedern liegen dort sechs Staaten, die nicht Teil der politischen Gemeinschaft sind: Serbien, Kosovo, Albanien, Montenegro, Bosnien und Herzegowina sowie Nordmazedonien. Trotz jahrelanger Verhandlungen ist es bislang nicht gelungen, ihnen eine konkrete Perspektive für die Aufnahme in die Staatengemeinschaft zu bieten.
Dieses Versäumnis nutzen, wie der Historiker Florian Bieber darlegt, Diktaturen aus verschiedenen Weltregionen, um ihren Einfluss im Balkanraum zu vertiefen, unterstützt durch einheimische politische und wirtschaftliche Eliten, die sich hiervon Vorteile erhoffen. Der Autor skizziert die historische Entwicklung der Region seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Er zeigt auf, wie sich aus multireligiösen Gesellschaften Nationalstaaten herausbildeten, wie sich später in Jugoslawien und Albanien zwei sehr unterschiedliche kommunistische Staaten etablierten und wie Jugoslawien in den 1990er-Jahren gewaltsam zerfiel. Im Zentrum von Biebers Analyse stehen jedoch jüngere Entwicklungen: Anschaulich nimmt er aktuelle Konflikte und Probleme in der Region in den Blick. Immer wieder macht er dabei auf Versäumnisse der EU aufmerksam, die dazu geführt hätten, dass viele der Staaten sich zunehmend dem Einfluss aus Russland, China, der Türkei oder den Golfstaaten geöffnet hätten.