Inhaltsbeschreibung
Am 19. Dezember 1980 wurden der Verleger und ehemalige Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Nürnberg Shlomo Lewin und seine Lebensgefährtin Frida Poeschke in ihrem Haus in Erlangen erschossen. Täter war Uwe Behrendt, führendes Mitglied in der rechtsterroristischen Wehrsportgruppe Hoffmann, aus deren Kreis auch der Attentäter des wenige Monate zuvor erfolgten Anschlags auf das Oktoberfest stammte.
Der Historiker und Antisemitismusforscher Uffa Jensen zeigt die Hintergründe und das Tatgeschehen des Erlanger Doppelmords detailliert auf. Insbesondere fokussiert er auf die strafbehördlichen Ermittlungen zu dem Mordfall sowie auf den Umgang der Medien und der Öffentlichkeit mit diesem. Er schildert, wie die Ermittlungen sich zunächst auf das persönliche Umfeld des Opfers Lewin richteten, frühe Hinweise auf den rechtsextremen Hintergrund übersahen und selbst dann noch dem antisemitischen Motiv sowie dem terroristischen Charakter der Tat wenig Aufmerksamkeit schenkten, als diese Hintergründe offenbar wurden.
Ähnliche Defizite gelten, wie Jensen konstatiert, auch für die mediale Berichterstattung, die vielfach diffamierende Annahmen über das Opfer Lewin verbreitete. Über Jahrzehnte hinweg habe der Doppelmord, der erste bekannte antisemitische Mord eines Rechtsextremen in der Bundesrepublik, in der Öffentlichkeit kaum Beachtung gefunden. Diese fehlende Aufarbeitung habe, so Jensen, auch Konsequenzen für den Umgang der Strafbehörden mit späteren rechtsterroristischen Mordanschlägen gehabt.