Inhaltsbeschreibung
Der Begriff der „alternativen Fakten“ hat in den vergangenen Jahren einen raschen Aufstieg erfahren. Mit ihm verbindet sich die Sorge, dass „alternative“, den Tatsachen widersprechende Deutungen bestimmter politisch relevanter Sachverhalte zugenommen haben – und dass dies auf ein Schwinden des geteilten Wissens in der Gesellschaft hinweise. Doch was sind eigentlich „alternative Fakten“, und wie ist ihre Verbreitung zu verstehen?
Wie der Soziologe Nils C. Kumkar darlegt, gehe es hierbei nicht lediglich um fehlgeleitete Annahmen über die Welt, die durch die „richtigen“ Informationen korrigiert werden könnten. Für ein Verständnis des Phänomens relevant sei vielmehr die kommunikative Funktion, die es in Prozessen der öffentlichen Meinungsbildung einnehme. Empirisch arbeitet er anhand von drei Beispielen – der Debatte um die Zuschauerzahl bei der Amtseinführung Donald Trumps, der Verbreitung von Publikationen, die den menschengemachten Klimawandel anzweifeln, sowie der Debatte um die „Querdenker“ und die Corona-Maßnahmen – heraus, dass die Nutzung „alternativer Fakten“ stets in vorgängige gesellschaftliche Konflikte eingebettet ist. Innerhalb dieser Konflikte erfüllten sie weniger die Funktion, glaubhafte Deutungen zu vermitteln, als die, Verwirrung zu stiften. Der Autor plädiert dafür, diese hintergründigen Konflikte in den Blick zu nehmen, um das Phänomen „alternative Fakten“ besser verstehen und ihre Verbreitung bekämpfen zu können.