Inhaltsbeschreibung
Sind alle betroffenen Gruppen, Schichten und Klassen im Blick, wenn von sozialer Benachteiligung die Rede ist? Gibt es ein gesellschaftliches Verständnis für die sich wechselseitig verstärkenden Wirkungen von Marginalisierung? Quer, ja konträr zum Narrativ des Erfolgs durch Leistung erzählt Marlen Hobrack die Geschichte ihrer Mutter, die nach fünf Jahrzehnten harter Erwerbs- und Familienarbeit in ihrer sozialen Klasse gefangen bleibt: In den Fünfzigerjahren der DDR in eine Großfamilie geboren, blieb ihr eine aussichtsreiche Bildung verwehrt. Am Ende eines von Leistungswillen, doch vor allem von Verzicht und Pragmatismus bestimmten Berufslebens, das im gesamtdeutschen Wohlstand hätte enden können, steht die Altersarmut einer Frau, die den Rucksack ihrer sozialen Prägung niemals loswurde.
Gesättigt mit biografischer Erfahrung, seziert Marlen Hobrack den gesellschaftlichen Faktor Herkunft, der Menschen an ihre soziale Klasse binde. Herkunft werde vorteilhaft tradiert - oder als lebenslange Marginalisierung erlitten: Den einen biete sie Startchancen, für andere bedeute sie Hemmnisse und Schranken. Diese verfestigten sich in einer zunehmend diverseren Gesellschaft, solange die dafür ursächlichen Strukturen im Bildungswesen, in der Sozialgesetzgebung, auf dem Wohnungs- oder Arbeitsmarkt nicht überwunden seien.