Inhaltsbeschreibung
Der Auflösungsprozess Jugoslawiens in den 1990er-Jahren war von massiver Gewalt begleitet. Vorstellungen ethnischer Zugehörigkeit und daraus abgeleitete Forderungen nach territorialer Exklusivität für das je eigene Volk ließen in den Jugoslawienkriegen Menschen zu Feinden werden, die über Jahrzehnte nachbarschaftlich zusammengelebt hatten. Wie konnte es dazu kommen? Wie blicken Serben, Kroaten, Bosniaken und Kosovoalbaner heute auf die damaligen Geschehnisse, und was bedeutet das für ihr Zusammenleben in Städten und Gemeinden, die ethnisch weiterhin keineswegs homogen sind?
Cyrill Stieger bereiste verschiedene Orte in der Region und zeigt anhand seiner Beobachtungen auf, wie ethnische Zugehörigkeit dort auch heute noch politisch instrumentalisiert werde. Er legt dar, wie unterschiedliche Geschichtsnarrative – die Gruppen voneinander abgrenzen, die ihr Leben an einem Ort miteinander teilen – gepflegt und an nachfolgende Generationen weitergegeben werden. Doch folge das Zusammenleben im Alltag, wie der Autor konstatiert, vielfach einem Pragmatismus, der sich über solche Grenzziehungen hinwegsetze. Dies zeige sich auch in Projekten, etwa im Bildungsbereich, die sich zum Ziel gesetzt haben, ethnische Trennlinien zu überwinden.