Inhaltsbeschreibung
Im April 2021 kündigte US-Präsident Joe Biden den vollständigen Truppenabzug aus Afghanistan bis September an. Bereits Mitte August nahmen jedoch Kämpfer der radikalislamischen Taliban die Hauptstadt Kabul ein. Die nun eilig vollzogenen Evakuierungsmissionen markierten das Ende des längsten Auslandseinsatzes der Bundeswehr und zugleich das Scheitern des zwei Jahrzehnte währenden, international gestützten Versuchs, stabile Regierungsinstitutionen in Afghanistan aufzubauen.
Wie konnte es dazu kommen? Der Islamwissenschaftler und Journalist Rainer Hermann zeigt, wie äußere Einmischung und die geostrategischen Interessen von Großmächten die Geschichte Afghanistans seit dem 19. Jahrhundert – immer wieder auch gewaltsam – geprägt haben. Er benennt die Ursachen der Konflikte, die die afghanische Gesellschaft seit Jahrzehnten durchziehen: etwa die ethnisch-kulturelle Pluralität, aus der sich kaum ein afghanisches Nationalbewusstsein entwickelt habe, die willkürliche, traditionelle Zusammenhänge von Gemeinschaften missachtende Grenzziehung durch europäische Kolonialmächte sowie verordnete Modernisierungsversuche, die außerhalb städtischer Zentren kaum Wirkung entfalten konnten. Das Land sei auch nach der Rückeroberung durch die Taliban von massiver internationaler Unterstützung abhängig – diese solle, so Hermann, zwar gewährt, aber an strikte Bedingungen geknüpft werden, die eine förderliche Entwicklung des Landes ermöglichen.