Inhaltsbeschreibung
Bis zum Untergang beharrte die DDR in ihrem Selbstverständnis als das bessere Deutschland darauf, den Faschismus auch in der Kunst endgültig überwunden zu haben. So wurden manche Künstler verfemt oder gaben gebrochen auf, andere lernten aus Not oder Überzeugung stimmig auf der sozialistischen Klaviatur zu spielen. Der 1921 geborene Maler Willi Sitte verstand es, sich und sein künstlerisches Schaffen in geradezu verstörender Geschmeidigkeit immer wieder mit den Untiefen eines Regimes im Prozess der Selbstfindung zu arrangieren: Geschickt bediente er, der noch im Nationalsozialismus erste Erfolge verzeichnet hatte, sich des geschönten Lebenslaufs eines Partisanen und hatte so beste Voraussetzungen für eine sozialistische Karriere.
Daneben halfen ihm mancher Zufall, manche Chance, um mit seiner Kunst über Jahrzehnte als volatiler Wanderer zwischen den kulturpolitischen Fronten, den politischen Erwartungen und herausfordernden persönlichen Lebenslagen zu bestehen. Schon früh Parteimitglied, gerierte Sitte sich immer wieder als widerständiger Freigeist der Kunstszene, der sich im nächsten Moment kaum scheute, den Status als Protegé und – trotz Rückschlägen je länger, je mehr – den einer künstlerisch wie politisch quasi sakrosankten Instanz des Regimes zumal zum eigenen Vorteil auszuspielen.
Thomas Bauer-Friedrich und Paul Kaiser erschließen, auch über zahlreiche Werke Sittes, die Lebenswelt einer schillernden Persönlichkeit, die mit innerer Widersprüchlichkeit und geballtem Opportunismus als Künstler und Funktionär in Personalunion prägend für die Kunstszene der DDR wurde.