Inhaltsbeschreibung
Wenige Nationen blicken im 20. Jahrhundert auf eine vergleichbar geschichtsprägende Dichte ihrer Beziehungen zurück wie Russland und Deutschland. Sie haben ihre Wurzeln in tradierten ökonomischen Verbindungen, aber auch in der Verwandtschaft der herrschenden Dynastien bis zu deren Sturz in den Revolutionen 1917/18. In der Zwischenkriegszeit pflegten die Weltkriegsverlierer Kontakte, die von den Alliierten misstrauisch beobachtet wurden. Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten wuchs die tiefe Feindschaft des Deutschen Reiches zur Sowjetunion, nur kurzzeitig durch gemeinsame Interessen der Diktatoren Hitler und Stalin kaschiert.
Am Tag des Überfalls auf die Sowjetunion schlug die Allianz in erbitterte Gegnerschaft um. Stalins Versuch, nach 1945 aus der ihm zugefallenen Besatzungszone ein sozialistisches Deutschland zu begründen, scheiterte nach vierzig Jahren – damit zugleich die Inwertsetzung des ökonomischen Potenzials der DDR für das Sowjetimperium. Die Annäherung, die zur Zeit der Perestrojka den Boden für die deutsche Wiedervereinigung bereitet hatte, blieb letztlich brüchig. Alte russische Ängste, aber auch das revitalisierte Weltmachtstreben Russlands unter Putin erhielten zumal durch die Transformation in den osteuropäischen Staaten neuen Auftrieb. Stefan Creuzberger legt facettenreich die historischen Linien der deutsch-russischen Beziehungen frei und schafft so eine Verständnisgrundlage für die komplexen Zusammenhänge der Gegenwart.