Inhaltsbeschreibung
Von Beginn an war die Berliner Mauer das Symbol für den Verlust der deutschen Einheit. Das SED-Regime errichtete sie ab dem 13. August 1961 ebenso unerwartet wie scheinbar unabänderlich. Zahlreiche, zu Ikonen gewordene Fotografien zeigen Fluchten in letzter Minute oder verzweifelt über die neue Barriere Winkende. Warum regte sich in Ostdeutschland kein erkennbarer Widerstand gegen den Mauerbau? Der Historiker Robert Rauh fand Antworten auf diese Frage in Archiven und durch Zeitzeugeninterviews: Viele Menschen, die der Propaganda misstrauten und die Mauer vehement ablehnten, wussten um den rücksichtslosen Schusswaffengebrauch und wurden aus blanker Angst von offenen Protesten gegen die Abriegelung abgehalten. Andere konnten oder wollten darin keine Dauerlösung sehen oder hofften auf eine baldige Milderung der Trennung. Auch scheinen, so legen es Rauhs Recherchen nahe, viele DDR-Bürgerinnen und Bürger andere, drängendere Alltagssorgen umgetrieben zu haben.
Angesichts geringer Mobilität in der DDR wuchs zudem offenbar die Gleichgültigkeit gegenüber der Mauer, je ferner man ihr war. Im Ergebnis, auch das ein Befund Rauhs, kappte die Mauer den Braindrain in wichtigen Berufen, schirmte die Konkurrenz aus dem Westen ab und half den Überzeugten beim Aufbau des Sozialismus. Rauhs Befunde sind nicht repräsentativ. Sie werfen aber ein Schlaglicht auf das Wechselspiel zwischen der SED-Propaganda und den bis tief ins Private reichenden Befindlichkeiten Ostdeutscher nach dem Mauerbau.