Inhaltsbeschreibung
Weithin hat die Moderne überkommene Zugehörigkeiten gekappt. An die Stelle von Erwartungen, Pflicht oder Zwang traten Freiwilligkeit und Überzeugung. Der befreite Mensch wurde zum Schmied des eigenen Glücks und kann unter schier grenzenlos scheinenden Optionen wählen. Zugleich aber sieht sich das Individuum seither mehr denn je mit Chancen, aber auch mit stimulierten eigenen und fremden Ansprüchen und Erwartungen konfrontiert. So würden, beobachtet Martin Hecht, Menschen zu Getriebenen auf der Suche nach Status und Anerkennung. Isoliert und konkurrierend, ohne den tradierten Schutz eines Milieus, einer Gemeinschaft müssen sie sich gegen Enttäuschung und Versagen behaupten, um dem sozialen Untergang zu entkommen.
Hecht destilliert die Wurzeln dieser psychosozialen Befindlichkeiten heraus und überträgt sie in das mediale Universum unserer Zeit, in dem Schein und Sein der Einzelnen rund um die Uhr in nie zuvor gekannter Weise dem Urteil der anderen ausgesetzt seien und Scheitern einer Katastrophe gleichkomme. Wer solche Niederlagen des Selbstwerts erlebe oder empfinde, werde, so warnt Hecht, anfälliger für seelische Krankheit und sozialen Rückzug. Den freiheitlich-demokratischen, dabei zugleich gravierend entsolidarisierten Gesellschaften der kapitalistischen Moderne drohten aber auch Gefahren, wenn Isolierte und Enttäuschte sich ihnen verweigerten oder ein Ventil im Hass auf andere bis hin zu Gewalt und Extremismus suchten.