Inhaltsbeschreibung
Die Öffentlichkeit moderner Gesellschaften ist ein Ort der Pluralität und Kritik: In ihr treffen die vielfältigen, oft widersprüchlichen Interessen verschiedener Akteure und Gruppen aufeinander, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen lenken, ihre Positionen artikulieren, sich zu überzeugen versuchen und um Einfluss ringen. Sie ist damit ein Resonanzboden der politischen Willensbildung, ohne den demokratische Entscheidungsfindung nicht möglich ist. In der jüngeren Vergangenheit, so der Befund des Dramaturgen Bernd Stegemann, habe die Öffentlichkeit jedoch zunehmend eine destruktive Dynamik angenommen.
So könnten durch die technologischen Veränderungen zwar immer mehr Menschen aktiv an öffentlicher Kommunikation teilnehmen. Zugleich aber schwinde vielfach deren Fähigkeit oder Bereitschaft, Widerspruch zu erdulden und abweichende Meinungen als legitim anzuerkennen. Positionen, die den eigenen Auffassungen entgegenstehen, würden häufig medial tabuisiert oder geächtet. Dies vertiefe die bereits durch sozioökonomische Ungleichheiten bedingte Spaltung der Gesellschaft und führe zu einer kulturellen Zersplitterung in verschiedene Identitätsgruppen, die eine inklusive Kommunikation immer weiter erschwere. Um gravierende Problemlagen in der Gegenwart – allen voran die Umwelt- und Klimakrise – zu bewältigen, bedürfe es aber, so Stegemann, genau einer solchen offenen Auseinandersetzung.