Inhaltsbeschreibung
Flucht ist eine Menschheitserfahrung – global und in zeitlicher Perspektive gesehen eine der elementarsten überhaupt. Das gilt für die unübersehbare Dimension von Flucht wie für ihre Motive, Anlässe, Umstände und Distanzen. Menschen, die gezwungenermaßen ihre Heimat zurücklassen, erfahren traumatische, oft ein Leben lang nachwirkende Verluste, wobei die sinnlichen, weil unersetzlich, oft die materiellen noch überlagern. Zur Trauer um den zurückgelassenen Ort gesellen sich bis heute oft genug Anfeindung, Zurückweisung, Recht- und Schutzlosigkeit. Dazu kommen soziale Deprivation, Zukunftsängste und Erschöpfung.
Andreas Kossert spannt einen Bogen von frühen Überlieferungen bis zur den Fluchtbewegungen unserer Zeit. In den bedrückenden nüchternen Fakten spiegeln sich die oft gewaltbehafteten Umstände des erzwungenen Aufbruchs, der Schmerz über den Heimatverlust, das Ringen um einen neuen Platz im Leben, wenn es den alten nicht mehr gibt, das sehnsuchtsvolle Erinnern, das verzweifelte Weiterleben angesichts der Endgültigkeit des Abschieds. Kossert schaut auch auf diejenigen, die mit der Flucht anderer konfrontiert werden. Wie gehen sie mit deren Leid, ihrer Suche nach neuen Lebenschancen um? Welche Zeichen von Solidarität werden Flüchtlingen entgegengebracht und durch wen? Welche Verantwortung tragen jene, die sich als Beheimatete vor Fluchterfahrungen sicher fühlen oder die eigenen verdrängt haben? Das facettenreiche Buch bezieht seine Eindringlichkeit aus der Vielzahl menschlicher Fluchtschicksale, die es – nicht zuletzt in individuellen und literarischen Zeugnissen – im Wortsinn nahebringt.