Inhaltsbeschreibung
Mehrere Hundert Kinder, so wird geschätzt, wurden zwischen 1949 und 1989 in der DDR von ihren leiblichen Eltern getrennt, zwangsweise zur Adoption freigegeben oder unter Kuratel staatlicher Heime gebracht. Überrumpelte oder bedrohte Väter und Mütter hatten ihre Einwilligung zu geben, das Kind mit sofortiger Wirkung aus ihrer Obhut und damit zumeist aus ihrem Leben zu entlassen. Diese Eltern widersprachen dem sozialistischen Menschenbild oder verfügten nicht (mehr) über die materiellen Ressourcen. Fernab der Familie erfuhr den Kindern nicht selten eine linientreue Erziehung, deren Härte und Kälte oftmals tiefe Wunden schlug.
Gegen die ebenso klandestine wie undurchdringliche Allianz überforderter Behörden, schwarzer Pädagogik und staatlicher Willkür gab es keinen Widerstand, keine Hilfe – eine Erfahrung, die, so Sylvia Kabus, keineswegs auf die besonderen Bedingungen der DDR beschränkt war, sondern sich unter anderen Vorzeichen auch anderenorts finde. Die Ergebnisse ihrer Recherche sind bedrückend. Sie lassen die sprachlose, bis heute fortwirkende Verzweiflung verwaister Eltern erahnen. Zugleich werfen sie ein Schlaglicht auf den Umgang unserer Zeit mit den Versuchen, Einzelschicksale zu erhellen: Die Autorin erfährt Zuspruch, doch unübersehbar bleiben auch Zurückhaltung bis hin zur Abwehr, wo Aufklärung überfällig scheint.