Inhaltsbeschreibung
Irgendwo "verwurzelt" zu sein, gilt vielen Menschen als wichtiger Baustein ihrer eigenen Identität. Auch in politischen Diskursen wird – nicht nur im Kontext der Renaissance des Heimatbegriffs – vermehrt mit Metaphern von "Verwurzelung" operiert. Dies geschieht zumeist durch positiven Rückbezug auf ein vermeintliches kollektives (und national gedachtes) geistiges Fundament und in Abgrenzung zu einem als fremd beschriebenen Anderen.
Der Kulturwissenschaftler Maurizio Bettini macht deutlich, dass Konzepte wie "Tradition", "kulturelle Wurzeln" und "Heimat" stets etwas Konstruiertes sind. Gerade mit dem Bild der Wurzel sieht er Vorstellungen von Reinheit und Authentizität verbunden. Zudem steht sie für den Beginn eines linearen, zielorientierten und starren Wachstums. Laut Bettini sind solche Konzepte weit vom fluiden und komplexen Wesen kultureller Prozesse entfernt. Vielmehr legt er dar, warum diese Metaphern trügerisch sind – insbesondere, wenn sie politisch instrumentalisiert werden, um Identitäten zu konstruieren und Gruppen oder Akteure ein- oder auszuschließen.