Inhaltsbeschreibung
Im Zweiten Weltkrieg wurden zahlreiche muslimisch bevölkerte Regionen in Nordafrika, im Nahen Osten, auf der Krim, im Kaukasus und auf dem Balkan zu Kriegsschauplätzen. Unter dem Eindruck hoher Verluste und einer sich verschlechternden Kriegslage habe das NS-Regime, so David Motadel, rassistisch motivierte Bedenken beiseitegeschoben und zehntausende Muslime für Wehrmacht und SS rekrutiert. Gläubige Muslime in den Territorien und Armeen der Alliierten sollten zum Kampf gegen vermeintlich gemeinsame Feinde aufgewiegelt werden - insbesondere gegen Juden, das Britische Empire und die Sowjetunion.
Die Islampolitik der Nationalsozialisten und ihr Umgang mit Muslimen seien dabei weniger von ideologischen als vielmehr von pragmatischen Erwägungen bestimmt worden. Im Rahmen einer neuen Anti-Imperialismus-Politik förderte das NS-Regime, wie Motadel zeigt, sogar antikolonialistisch-nationalistische Führer und Bewegungen in Indien, im Irak und in Palästina. Religiöse Gruppen wurden als geopolitische Objekte verstanden, und Religionspolitik wurde so zu einem Teil der Großmachtpolitik.