Inhaltsbeschreibung
Die Bilanz fällt ernüchternd aus: Aus über 36.000 Ermittlungsverfahren, die seit 1945 vor deutschen Gerichten gegen mutmaßliche NS-Täterinnen und –Täter anhängig waren, gingen nur rund 6700 Verurteilungen hervor, davon nur wenige wegen Tötungsdelikten. Wie gingen die beiden deutschen Staaten mit dem Verbrechen des Holocaust um? Hans-Christian Jasch und Wolf Kaiser beleuchten neben den großen NS-Prozessen viele kaum bekannte Verfahren in der Bundesrepublik und der DDR und analysieren die je unterschiedlichen Prozessverläufe.
Es gibt viele Ursachen für die verschwindend geringe Zahl derer, die in der jungen Bundesrepublik für ihre Taten zur Verantwortung gezogen wurden: Zahlreiche Verfahren wurden aus Mangel an Beweisen, wegen Verjährung, aufgrund der Anwendung von Straffreiheits- bzw. Amnestiegesetzen des Bundes oder der Länder eingestellt. Dabei spielte, so die Autoren, die NS-Vergangenheit vieler Beschäftigter bei Justiz und Polizei eine Rolle, aber auch die schwierige Ermittlungslage und die Tatsache, dass das in der Bundesrepublik zur Anwendung kommende Strafrecht aus dem 19. Jahrhundert nicht dafür geschaffen war, organisierten Verbrechen in der Dimension des Holocaust angemessen zu begegnen. Jasch und Kaiser betten ihre chronologische Darstellung in die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen ein.