Die weltweite Konjunkturentwicklung hat einen starken Einfluss auf die Ölnachfrage und dementsprechend auf den Ölpreis. Die Internationale Energieagentur schätzt, dass im Jahr 2012 insgesamt rund 90 Millionen Barrel (entspricht 159 Liter) pro Tag verbraucht wurden. Größter Ölverbraucher weltweit sind die USA mit etwa 19 Mio. Barrel pro Tag, Europa liegt bei rund 13,5 Mio. Barrel und China bei gut 9,5 Mio. Barrel. Gerade die Ölnachfrage aus China hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Seit der Jahrtausendwende hat sie sich mehr als verdoppelt. Durch den gestiegenen Wohlstand wollen auch dort immer mehr Menschen mobil sein und PKWs fahren.
Subventionen verzerren den Ölpreis
Seit 2000 ist der weltweite Ölverbrauch stetig angewachsen, nur unterbrochen durch die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09. Dadurch ist der Rohölpreis international gestiegen. Jedoch wird der Rohöl- bzw. Benzinpreis in einigen Ländern künstlich niedrig gehalten. Dies ist in China der Fall, aber auch in Ölförderländern wie Saudi-Arabien oder Iran. Durch staatliche Subventionen wird dem Verbraucher die tatsächliche Knappheit des Energieträgers Öl nicht deutlich, wodurch Ressourcen verschwendet werden. Die Verbraucher haben sich an die Subventionen gewöhnt, was die heftigen Demonstrationen Anfang 2012 in Nigeria zeigten, als dort Subventionen auf Benzin aufgehoben werden sollten.
Laut Internationaler Energieagentur könnte die internationale Ölnachfrage bis 2020 um fast 4 Mio. Barrel pro Tag sinken, wenn weltweit alle Subventionen auf den Verbrauch fossiler Kraftstoffe abgeschafft würden. Ein Rückgang der Ölnachfrage würde sich wiederum preissenkend auswirken. Gerade die beiden Ölkrisen in den 1970er Jahren haben gezeigt, dass höhere Energiepreise zu Anpassungsreaktionen der Verbraucher führen. Seitdem reduzierte sich in den Industrieländern die Ölintensität, das heißt der Ölverbrauch pro Einheit Bruttoinlandsprodukt, um rund 50 Prozent. Es wurden energiesparendere Maschinen eingesetzt und Häuser besser gedämmt.
Kriege und Unruhen in Ölstaaten führen zu drastischen Preisanstiegen
Neben der Nachfrage beeinflusst auch das Angebot den Ölpreis. Politische Unruhen und Spannungen in wichtigen Ölförderländern führen umgehend zu teilweise drastischen Preissteigerungen. Im Frühjahr 2011 stieg der Preis auf über 125 US-Dollar pro Barrel an, als in Libyen kriegerische Auseinandersetzungen begannen und die Ölförderung von 1,6 Mio. Barrel pro Tag komplett zum Erliegen kam. Anfang 2012 waren es dann Spannungen zwischen dem Iran und westlichen Ländern um das iranische Atomprogramm, die den Ölpreis stark erhöhten. Marktbeobachter hatten Sorgen, dass der Iran die Seestraße von Hormus sperren könnte, durch die mit etwa 16 Mio. Barrel pro Tag ein beträchtlicher Teil des international gehandelten Öls transportiert wird.
OPEC bedient ein Drittel der weltweiten Ölnachfrage
Neben politischen Konflikten in Ölförderländern beeinflusst zusätzlich die Förderpolitik der OPEC-Staaten den Ölpreis. 1960 gründeten 5 Länder - Irak, Iran, Kuwait, Saudi-Arabien und Venezuela - die OPEC (Organization of the Petroleum Exporting Countries), um das gemeinsame Ölangebot zu koordinieren. Zurzeit umfasst die OPEC 12 Mitglieder, die mit gut 30 Mio. Barrel am Tag aktuell etwa ein Drittel der Ölnachfrage bedienen. Ein zu niedriger Ölpreis ist nicht im Interesse der OPEC-Mitglieder, da sie einen beträchtlichen Teil ihrer Staatsausgaben über Öleinnahmen finanzieren. Gerade Saudi Arabien, das größte OPEC-Ölförderland mit zurzeit etwa 10 Mio. Barrel pro Tag, benötigt für seinen Staatshaushalt einen Ölpreis von schätzungsweise 100 US-Dollar pro Barrel. Im Zuge des Arabischen Frühlings hatte das saudische Königshaus die Staatsausgaben stark erhöht, um das nach Reformen strebende Volk mit Wohlfahrtsprogrammen zu besänftigen. Ein zu hoher Ölpreis ist aber ebenfalls nicht im Interesse der OPEC-Länder, weil dieser die Weltkonjunktur negativ beeinträchtigen und damit die Ölnachfrage stark reduzieren könnte. Um weniger von der Förderpolitik der OPEC-Länder abhängig zu sein, bilden die Industrieländer strategische Ölreserven. Diese sollen aber nur in Krisensituationen eingesetzt werden (Kriege, Naturkatastrophen). Im Sommer 2011 entschlossen sie sich, im Zuge der Libyenkrise einen Teil dieser Reserven freizugeben, um den Ölpreis zu senken. Ein Monat lang wurden zusätzlich 2 Mio. Barrel pro Tag auf den Ölmarkt gebracht. Zuvor war dies erst zwei Mal geschehen: Beim ersten Irakkrieg und beim Hurrikan Katrina im Golf von Mexiko. Die senkende Wirkung auf den Ölpreis war 2011 jedoch nur vorübergehend. Dies ist nachvollziehbar, da die zusätzlichen 2 Mio. Barrel Öl pro Tag nicht einmal zwei Prozent der weltweiten Nachfrage bedeuten. Die Freigabe von strategischen Ölreserven hat damit nur eine begrenzte Wirkung.
Regionale Gegebenheiten beeinflussen den Ölpreis
Auf der Angebotsseite können regionale Unterschiede zu abweichenden Ölpreisen führen. So notiert der Preis der Ölsorte WTI (West Texas Intermediate) zurzeit um gut 23 US-Dollar niedriger als der für Brentöl. Für die Bildung des WTI-Preises ist die Ölversorgung im Mittleren Westen der USA zentral. In Cushing, dem dortigen Umschlagplatz für Öl, sind die Öllager sehr gut gefüllt. Dies liegt vor allem an dem vielen zusätzlichen Öl aus Kanada, das per Pipeline in den US-amerikanischen Mittleren Westen gelangt. In Kanada werden verstärkt Ölsande und -schiefer gefördert, zunehmend geschieht dies aber auch in den den US-amerikanischen Bundesstaaten North Dakota, Oklahoma und Texas. Das große Ölangebot kann im Mittleren Westen der USA nicht abgebaut werden, da es an der Infrastruktur mangelt, die das Öl an den Golf von Mexiko transportieren könnte. Von dort könnte es international verschifft werden.
Die Situation beim Brentöl ist dagegen vollkommen anders. Brentöl wird in der Nordsee hauptsächlich von Norwegen und Großbritannien gefördert. in den letzten Jahren ist die Ölförderung dort jedoch rückläufig. Seit 1996 hat sich die Ölförderung in der Nordsee um etwa 50 Prozent vermindert. Reparaturmaßnahmen an den Förderanlagen führen zusätzlich immer wieder zu Preisanstiegen beim Brentöl. Der Preis für Brentöl ist ein wichtiger Richtwert für die Preisfindung anderer Ölsorten. Etwa zwei Drittel des weltweit gehandelten Rohöls hängen am Brentpreis. Die abnehmende Förderung in der Nordsee verstärkt die Diskussion, ob nicht weitere Ölsorten wie beispielsweise das russische Urals-Öl mit in das Brentöl eingehen sollten. Je weniger und knapper das Brentöl wird, desto anfälliger ist es für starke Preisverschiebungen, wenn eine Förderanlage ausfällt oder womöglich durch Manipulation Öl vom Mark zurückgehalten wird.
Staatliche Ölkonzerne gewinnen an Einfluss
Spekulation treibt den Preis
Der Ölpreis reagiert auf Änderungen bei Angebot und –nachfrage, daneben beeinflusst Spekulation an den Börsen die Preisentwicklung. In den letzten Jahren ist sehr viel zusätzliches Kapital auf den Ölmarkt geschwemmt worden. Viele Anleger nutzten Rohstoffe und speziell Öl als Sachwerte, um sich gegen Inflation abzusichern und ihren Aktienbesitz zu streuen. Die Inflationsängste der Anleger wurden durch die Geldpolitik der Notenbanken wie der Europäischen Zentralbank und der US-amerikanischen Fed (Federal Reserve System) verstärkt. Um die weltweite Konjunktur zu stützen, wurden die Zinsen sehr stark gesenkt, was die Finanzmärkte mit viel Liquidität versorgte. Zurzeit ist der Zins in den USA besonders niedrig, was in Verbindung mit einer hohen US-Staatsverschuldung die US-Währung unter Druck setzt. Ein schwächerer US-Dollar wirkt sich wiederum preissteigernd beim Öl aus, weil Öl international in der US-Währung gehandelt wird und Anleger ausländischer Währungen die Abwertung des Dollars nutzen, um günstiger Öl zu kaufen.
Um zu starke Preisbewegungen zu vermeiden und Preisexzesse einzudämmen, entschlossen sich die amerikanischen Regulierer, die Rohstoffmärkte transparenter zu machen. Seit 2006 muss offen gelegt werden, wer auf dem Rohölmarkt investiert. Unterschieden wird zwischen den Marktakteuren, die tatsächlich an dem physischen Öl interessiert sind wie beispielsweise Fluggesellschaften oder Chemiekonzerne und solchen die voraussichtlich nur auf Preisbewegungen spekulieren. Erstere werden eingeordnet unter "Commercials" und letztere fallen unter "Non-Commercials". Über verschiedene Positionslimits für die einzelnen Akteure lassen sich Preisbewegungen eingrenzen. Generell ist es jedoch sehr schwierig zu unterscheiden, ob eine Bank ein spekulatives Geschäft tätigt oder für einen Kunden handelt, der sich gegen zu starke Preisbewegungen beim Öl absichern möchte.
Terminmarkt und Spotmarkt
Auf dem Terminmarkt wird bestimmt, wie viel Öl bei der Lieferung zu einem bestimmten Zeitpunkt kostet, beispielsweise in drei Monaten. Dagegen werden auf dem Spotmarkt die Preise für kurzfristige Öllieferungen innerhalb weniger Tage festgelegt. Zumeist sind hier Marktakteure aktiv, die eine kurzfristige Unter- oder Überdeckung mit Öl ausgleichen möchten. Der größere Anteil der Ölgeschäfte wird dagegen über Langfristverträge abgewickelt. Sind die Ölpreise auf dem Spotmarkt höher als der Ölpreis auf dem Terminmarkt, spricht dies für einen aktuell knappen Ölmarkt. Im Fachjargon heißt diese Marktkonstellation "Backwardation". Sind dagegen die Ölpreise bei den Geschäften mit einer längeren Laufzeit teurer, so wird dies "Contango" genannt. Die Preise für das Rohöl werden auch durch Preisagenturen festgesetzt. Sie informieren sich mehrmals am Tag bei weltweit agierenden Ölhändlern, Ölfirmen und Großeinkäufern wie aktuell die Nachfrage- und Angebotssituation auf dem entsprechenden Marktplatz ist.
Anreize für Biokraftstoffe steigen
Auch in Zukunft sind stark schwankende Ölpreise zu erwarten. Zu viele Faktoren haben einen Einfluss auf die Preisbildung. Eine wichtige Rolle wird die weltweite Konjunktur spielen. Derzeit wächst Chinas Wirtschaft etwas langsamer, Europa ist mit einer Eurokrise konfrontiert und die USA kämpfen mit einer hohen Staatsverschuldung. Dies dämpft die Ölnachfrage. Bei einer verbesserten Weltkonjunktur wird sich die Nachfrage dann wieder erhöhen.
Was das Ölangebot betrifft, wird in einigen wichtigen Regionen die Ölförderung in Zukunft weiter abnehmen, was sich dann preissteigernd auf die betreffende Ölsorte auswirkt. Besonders für Brentöl wird eine sinkende Förderung prognostiziert. Generell ist davon auszugehen, dass die leicht zu erschließenden Ölfelder immer mehr aufgebraucht sein werden. Dadurch wird die Förderung unkonventioneller Ölvorkommen wie Ölsande und Ölschiefer, von denen größere Mengen in Kanada und Venezuela lagern, in den Fokus rücken. Diese Vorkommen zu erschließen sind jedoch teuer und lohnen sich erst ab einem bestimmten Ölpreis. Unter einem Ölpreis von 60 US-Dollar würde sich beispielsweise die Förderung von Ölsanden in Kanada nicht rentieren. Auch die Kosten bei der Tiefseeförderung sind vergleichsweise hoch. Höhere Förderkosten dürften preissteigernd auf Öl wirken. Es ist zu erwarten, dass die Bedeutung der OPEC in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird. Libyen, aber vor allem auch dem Irak gelingt es die Ölproduktion auszuweiten. Der Nahe Osten ist jedoch gerade eine Region, die durch politische Instabilität geprägt ist. Treten dort Unruhen auf, kann der Ölpreis in kürzester Zeit stark ansteigen und darüber hinaus Spekulanten an den Börsen auf den Plan rufen. Langfristig führen Steigende Öl- und Benzinpreise dazu, dass Öl ersetzt wird, z.B. durch Erdgas, Biokraftstoffe oder Elektroantriebe.