Hintergrund
Am 22. Juli 1889 wurde das Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Alterssicherung der Arbeiter verabschiedet
Einbezogen waren nur Arbeiter und dabei bei weitem nicht alle (v.a. nicht Heimarbeitskräfte und die vielen - weiblichen - mithelfenden Familienangehörigen) sowie sehr gering verdienende Angestellte (sog. "Betriebsbeamte" mit weniger als 2000 Reichsmark Jahreseinkommen). Für kleine Selbstständige wurde die freiwillige Versicherung ermöglicht. Leistungen erhielten vor allem Invalide; die Altersgrenze von 70 Jahren für eine Altersrente ohne Prüfung der Erwerbsunfähigkeit erreichten nur recht wenig Versicherte (vgl. Kasten).
QuellentextNominale und reale Regelaltersgrenze
"Arbeiter starben in der Regel deutlich früher, und wenn sie das Alter erlebten, dann meist nicht mehr in ihrem alten Beruf. Die für zeitgenössische Ohren utopisch hoch klingende Grenze von 70 Jahren trug erheblich dazu bei, das Gesetz zu diskreditieren. Sie wurde bis in unsere Tage oft fälschlich als der eigentliche Übergang in das Rentenalter im Kaiserreich angesehen, während de facto das Durchschnittsalter bei Rentenzugang seit der Jahrhundertwende bei knapp 57 Jahren lag".
Haerendel 2011, S. 16
Geringes Leistungsniveau
Eine Witwenrente war noch nicht vorgesehen. Ebenfalls bereits 1889 wurde dagegen die Rentenversicherung mit Aufgaben der Rehabilitation - nach dem Grundsatz "Reha vor Rente" − betraut. Die Finanzierung erfolgte − entgegen Bismarcks ursprünglichen Vorstellungen (er wollte ein rein steuerfinanziertes System) − teils durch einen Zuschuss aus dem Reichshaushalt sowie vor allem hälftig aus Beiträgen der Arbeiter und Unternehmen. Mit knapp zwei Prozent des beitragspflichtigen Bruttoentgelts waren die Beiträge gering - entsprechend waren die Leistungen niedrig und weit von einer Lebensstandardsicherung entfernt.
"Beispielsweise betrug die Altersrente bei 30 Jahren Beitragszahlung nur ein Fünftel bis Sechstel des vormaligen Jahresverdienstes, denn sie galt als Zulage, die nicht zur Existenzsicherung ausreichte"
Extraweg für Beamten
Zu erwähnen ist an dieser Stelle auch die weit(er) zurück reichende Tradition der Beamtenversorgung