Die Parlamentswahlen vom 11. und 25. April 2010 haben die ungarische Politik nachhaltig verändert: Schon im ersten Wahlgang erzielte die rechtskonservative Partei Fidesz in einem Wahlbündnis mit der Kereszténydemokrata Néppárt (KDNP, deutsch: Christlich-Demokratische Volkspartei) eine absolute Mehrheit. 52,7 Prozent der Listenstimmen reichten dem Bündnis Fidesz-KDNP für eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Sitze im Parlament. Am 29. Mai 2010 wurde ihr Vorsitzender
Fidesz-KDNP konnte dabei von der Ausgestaltung des ungarischen Wahlsystems profitieren. Es kombiniert ein Mehrheits- mit einem Verhältniswahlrecht, wobei die stärkste Partei überproportional begünstigt wird. Bei der Parlamentswahl im Jahr 2010 wurden 176 von insgesamt 386 Parlamentssitzen als
Mit einer Wahlrechtsreform im Jahr 2011 wurde unter anderem die Zahl der Sitze im Parlament auf 199 reduziert, der zweite Wahlgang und die
Was bedeutet Orbáns Regierung für Demokratie und Rechtsstaat?
Mit ihrer Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament hat die ungarische Regierung unter Ministerpräsident Orbán in den vergangenen zehn Jahren tiefgreifende Gesetzesänderungen beschlossen, damit demokratische Institutionen geschwächt und Grundrechte sowie die Gewaltenteilung eingeschränkt. Besonders kritisiert wurden – landesweit und international – das neue "Grundgesetz" und weitere Verfassungsänderungen, die Wahlrechtsreform und das neue Medienrecht.
Bereits ein Jahr nach der Regierungsübernahme verabschiedete die Fidesz-KNDP-Koalition im ungarischen Parlament das "Grundgesetz Ungarns" als neue Verfassung. Die Kompetenzen des Verfassungsgerichts wurden darin eingeschränkt und beispielsweise sein Recht zur Überprüfung von Steuer- und Finanzgesetzen aberkannt. Die Popularklage, nach der jede Bürgerin und jeder Bürger eine
Auch in den darauffolgenden Jahren folgten weitere weitreichende Verfassungs- und Gesetzesänderungen. Ein Externer Link: Bericht des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 2018 wirft der Regierung Orbán unter anderem Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz, das Recht auf freie Meinungsäußerung, die akademische Freiheit, den Minderheitenschutz und die Grundrechte von Asylsuchenden und Flüchtlingen vor.
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Wie geht die Regierung Orbán mit der Corona-Krise um?
Als Reaktion auf die Corona-Pandemie hat die ungarische Regierung am 11. März eine nationale Gefahrenlage ausgerufen – vorerst für 15 Tage. Laut Verfassung darf die Regierung für die Dauer einer Gefahrenlage per Dekret regieren, also ohne das Parlament zu konsultieren. Jedoch muss dieser Notstand verfassungsgemäß regelmäßig durch das Parlament verlängert werden.
Diese Einschränkung hat das ungarische Parlament am 30. März aufgehoben. Das verabschiedete Gesetz sieht vor, dass die Regierung von Ministerpräsident Orbán bis zum "Ende der Gefahrenlage" per Dekret regieren darf – das heißt ohne zeitliche Begrenzung. Zudem enthält es Maßnahmen gegen die Verbreitung von Falschnachrichten. Journalistinnen und Journalisten befürchten, für regierungskritische Berichterstattung sanktioniert zu werden. Zwar kann das Parlament diese Ermächtigung jederzeit widerrufen, die Regierung kann sich aber auf ihre Zwei-Drittel-Mehrheit stützen.
Was ist mit der Opposition?
Der Spielraum der Opposition in Ungarn wurde in den letzten Jahren immer weiter eingeschränkt. Laut Externer Link: einem Bericht der OSZE wurden Wahlen zuletzt unter dem Eindruck von "einschüchternder und fremdenfeindlicher Rhetorik, voreingenommenen Medien und undurchsichtiger Wahlkampffinanzierung" durchgeführt. Laut "Freedom House" gestaltet es sich aufgrund der strukturellen Benachteiligung für die Opposition zunehmend schwierig, einen Regierungswechsel durch Wahlen herbeizuführen.
Die Opposition gilt als fragmentiert und ideologisch gespalten. 2018 wurde die rechtsextreme Partei Jobbik mit über 19 Prozent der Stimmen stärkste Oppositionspartei. Die zweitgrößte Oppositionsfraktion stellt die frühere sozialdemokratische Regierungspartei MSZP, die 2018 in einem Wahlbündnis antrat.
Als sich mehrere Oppositionsparteien bei den ungarischen Kommunalwahlen im Jahr 2019 zu einem Bündnissystem für die Kandidaturen durchringen konnten, zeigten sich auch Erfolge: Gergely Karácsony, der Ko-Vorsitzende der grünen Partei Párbeszéd, wurde als gemeinsamer Kandidat der Opposition mit absoluter Mehrheit der Stimmen zum Bürgermeister von Budapest gewählt.
Wie steht es um die Pressefreiheit?
Auch die Presse- und Medienlandschaft hat sich unter der Regierung Orbán deutlich verändert. Im Jahr 2010 verabschiedete das ungarische Parlament Externer Link: zwei neue Mediengesetze, durch die unter anderem der Quellenschutz für Journalistinnen und Journalisten gelockert wurde, die öffentlich-rechtlichen Anstalten zusammengefasst und der Mediensektor unter die Kontrolle einer nationalen Aufsichtsbehörde gestellt wurde. Als Reaktion auf Druck aus dem In- und Ausland wurden Teile der Gesetze überarbeitet.
Heute führt die Nichtregierungsorganisation "Reporter ohne Grenzen" Ungarn in ihrer "Rangliste der Pressefreiheit" auf Externer Link: Platz 89 von 180 Ländern (2010: Platz 23). "Reporter ohne Grenzen" zufolge hat die Fidesz-Partei die Medienlandschaft in den vergangenen zehn Jahren immer mehr unter ihre Kontrolle gebracht. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender wurden in einer staatlichen Medienholdung zentralisiert, bei der auch die ungarische Nachrichtenagentur MIT angesiedelt wurde. Die Regierung kontrolliere inzwischen den Großteil der Nachrichtenmedien. Mehrfach veröffentlichten regierungsnahe Medien Listen mit regierungskritischen Journalistinnen und Journalisten.
Wie reagiert die EU?
Die politischen Entwicklungen in Ungarn seit Beginn der Fidesz-Regierung haben sowohl innerhalb Ungarns als auch international immer wieder Kritik ausgelöst. Das
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