Am Morgen des 24. April 2013 stürzte in einem Vorort von Dhaka, der Hauptstadt von
Es verloren nicht nur viele Menschen ihr Leben; tausende Familien standen plötzlich vor dem wirtschaftlichen Abgrund, da die verunglückten Näherinnen oft Alleinverdienerinnen waren. Absicherungen, wie etwa Versicherungen gegen die Folgen von Arbeitsunfällen, existierten zu diesem Zeitpunkt in Bangladesch nicht.
Beginn einer weltweiten Debatte über Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie
Obwohl dieser Unfall nicht der erste in einer Textilfabrik für internationale Massenfertigung war, lenkten die Umstände und Ausmaße des Unglücks den Blick vieler Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Produktion ihrer Kleidung und lösten eine umfangreiche Debatte über die
Internationale Textilindustrie
Mehr als 70 Prozent aller Textilien und Kleider, die in die EU importiert werden, kommen aus Asien. Die Textilproduktion ist nicht nur in Bangladesch, sondern etwa auch Pakistan, China, Indien, Vietnam, Kambodsch, Indonesien und auch der Türkei von großer Bedeutung. Sie gilt in manchen dieser Länder als Katalysator für Entwicklung und Industrialisierung. So können sich dank der Devisen, die so ins Land kommen, auch andere Wirtschaftszweige entwickeln. In Bangladesch erwirtschaftet der Textilsektor derzeit zum Beispiel 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und stellt 80 Prozent aller Exporte.
Mehr Kontrolle durch Industrie und Regierung
Seit dem Rana-Plaza-Unglück haben sich insbesondere in Bangladesch dank verschiedener Initiativen die Arbeitsbedingungen verbessert. Heute sind dort alle Besitzer von Textilwerkstätten dazu verpflichtet, bestimmte
Über 200 Textilunternehmen aus über 20 Ländern unterzeichneten im Mai 2013 ein Abkommen über Brandschutz und Gebäudesicherheit in Bangladesch (Accord on Fire and Building Sagety in Bangladesh), das mehr als 1.600 Fabriken und 2 Millionen Angestellte betrifft. Zudem wurde vornehmlich von US-amerikanischen Firmen eine Allianz für Arbeitssicherheit in Bangladesch gegründet. Die damalige Regierung von Bangladesch erarbeitete unter der Führung von Premierministerin Sheikh Hasina Wajed in Zusammenarbeit mit der ILO einen nationalen Handlungsplan. So wurden im Rahmen dieser drei Initiativen bis 2015 alle Fabriken, die in Bangladesch dem internationalen Modesektor zuliefern (damals 3.632) inspiziert. 39 Werkstätten mussten wegen großer Sicherheitsmängel sofort schließen, da sie eine Gefahr für die Arbeitenden darstellten. 38 weitere Fabriken mussten Teilbereiche stilllegen.
Zusätzlich zur Gebäudesicherheit wurden die Arbeitsbedingungen auch auf anderen Ebenen verbessert. Die ILO bildete über 200 Inspekteure aus, die neue Sicherheitsstandards überwachen. Außerdem erhielten bis 2017 800.000 Arbeiterinnen und Arbeiter Schulungen zur Gesundheit am Arbeitsplatz, 2.700 wurden als
Wettbewerb verhindert globale Verbesserungen
Obwohl nach dem Unglück in Bangladesch die gesamte Textilindustrie in die Kritik geriet und mehr Menschen durch Medienberichterstattung und verschiedene Initiativen für die Folgen weltweiter Massenproduktion sensibilisiert wurden, haben sich positive Entwicklungen in der Branche nicht global durchgesetzt. Verbesserte Arbeitsbedingungen und höhere Löhne führen zu erhöhten Produktionskosten, die sich auch in höheren Produktpreisen niederschlagen können. Da auf dem Textilmarkt der Preis oft ein zentrales Kaufkriterium ist, und die
Infolge können lokal begrenzte Arbeitsstandards wie in Bangladesch dazu führen, dass Firmen abwandern und ihre Produktion in anderen Ländern fortsetzen. Für europäische Firmen ist Osteuropa nicht nur aufgrund der kurzen Transportwege attraktiv, sondern auch weil die dortigen Löhne sehr niedrig sind. Externer Link: Laut der Kampagne für saubere Kleidung (CCC) beträgt der Mindestlohn in der Textilbranche beispielsweise in der Ukraine 80 Euro, in Rumänien 133 Euro und in Bulgarien 139 Euro – und deckt damit nur einen geringen Teil des geschätzten Basis-Existenzlohns ab. Auch die Arbeitsbedingungen sind oft mangelhaft: Überstunden weit über gesetzliche Vorgaben hinaus und gewerkschaftsfeindliches Vorgehen der Arbeitgeber ist auch hier präsent. Auch afrikanische Länder sind derzeit weniger im Fokus bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen – und somit schlichtweg für Produzenten in der Textilbranche günstiger.
Solange nur in einzelnen Ländern höhere Arbeitsstandards durchgesetzt werden, bleiben die verschiedenen Probleme der globalen Textilindustrie bestehen. Sie verlagert sich nur.
Interner Link: Katharina Reinhold: Fashion@Society: Mode trifft Moral Entscheidung im Unterricht Nr. 1/2015: Viel Mode für wenig Geld – ist das fair?
Interner Link: Benjamin Etzold, Bishawjit Mallik: Bangladesh auf einen Blick