Als Adolf Hitler im Januar 1933 zum Reichskanzler der Weimarer Republik ernannt wurde, hatte die junge Republik schon eine fast vierjährige Krisenphase in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft hinter sich. Ein maßgeblicher Motor eben dieser Phase war die Interner Link: Weltwirtschaftskrise von 1929. Vor allem die rasant ansteigende Arbeitslosigkeit war eine Herausforderung für demokratische Systeme weltweit. Die Krise destabilisierte auch die Weimarer Republik, die bereits zuvor von hohen Reparationsverpflichtungen des Versailler Vertrags und einem fehlendem Rückhalt in weiten Teilen der Gesellschaft belastet war.
1930 Interner Link: zerbrach die Große Koalition aus SPD, Deutscher Demokratischer Partei (DDP), Bayerischer Volkspartei (BVP), Deutscher Volkspartei (DVP) und Deutscher Zentrumspartei (Zentrum) am Streit über die Frage, ob die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erhöht oder die Leistungen im Falle der Arbeitslosigkeit gekürzt werden sollten.
Nach dem Rücktritt der Regierung ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg nur wenige Tage später den Zentrumspolitiker Heinrich Brüning zum Reichskanzler und beauftragte ihn mit der Bildung eines neuen Kabinetts. Brünings Regierung, die ohne Verhandlungen der Parteien gebildet wurde, war die erste der sogenannten fünf Präsidialkabinette der Weimarer Republik. Damit wurden die Regierungen zwischen 1930 und 1933 bezeichnet, die mit Rückhalt des Reichspräsidenten, aber ohne und teils auch gegen die parlamentarische Mehrheit mittels Notverordnungen regierten. Das machte die Präsidialkabinette instabil – die Zeit bis 1933 war daher von einem Hin und Her zwischen Notverordnungen, deren Aufhebung durch das Parlament, mehrfachen Auflösungen des Reichstags und anschließenden Neuwahlen geprägt.
QuellentextWeimarer Reichsverfassung und Präsidialkabinette
Die sogenannten Präsidialkabinette der Weimarer Republik wurden durch die Rolle des Reichspräsidenten in der Weimarer Republik ermöglicht.
Das Amt des direkt vom Volk gewählten Reichspräsidenten war in der Weimarer Verfassung als Gegengewicht zum Parlament angelegt – und dabei mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet worden. So konnte er u.a.
den Reichstag (Art. 25) fast beliebig auflösen. Eine Neuwahl musste spätestens 60 Tage nach der Auflösung stattfinden.
den Reichskanzler und auf dessen Vorschlag auch die Reichsminister ernennen und entlassen (Art. 53). Eine Kanzlerwahl durch den Reichstag war nicht vorgesehen. Alle Kabinettsmitglieder bedurften des Vertrauens des Reichstages. Dieses aber wurde vorausgesetzt, solange das Parlament kein Misstrauensvotum abgab.
den Ausnahmezustand ausrufen und die "nötigen Maßnahmen" treffen wenn "im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört" sind (Art. 48, Abs. 2), das heißt das Militär im Innern einsetzen und sogar bestimmte Grundrechte "vorübergehend" außer Kraft setzen.
Der Reichstag konnte mit einfacher Mehrheit die Aufhebung dieser Maßnahmen verlangen (Artikel 48 Abs. 3). Ein Ausführungsgesetz nach Artikel 48 Abs. 5, mit dem sich die Gefahr eines Missbrauchs dieser Befugnisse des Reichspräsidenten hätte beseitigen lassen, kam nie zustande.
Die Interner Link: Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) errang bei diesen Reichstagswahlen immer mehr Wählerstimmen. Die Reichstagswahl am 14. September 1930 brachte der NSDAP große Gewinne ein: Nach gerade einmal 2,6 Prozent der Wählerstimmen im Jahr 1928 kam sie nun auf 18,3 Prozent der Stimmen und stellte mit 107 Abgeordneten die zweitstärkste Fraktion nach der SPD im Reichstag.
Die beiden Reichstagswahlen von 1932
Bei der Wahl am 31. Juli 1932 stimmten 37,4 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die NSDAP. Im neuen Reichstag war sie damit stärkste Kraft. Doch Hindenburg ernannte Hitler, NSDAP-Parteichef und Fraktionsführer, nicht zum Kanzler. Auf der Grundlage des Notverordnungsrechts blieb vorerst Reichskanzler Franz von Papen (Zentrumspartei) im Amt. Nach einem Misstrauensvotum des Parlaments gegen von Papen folgte am 6. November 1932 eine erneute Reichstagswahl.
Die Nationalsozialisten verloren rund zwei Millionen Stimmen, stellten aber – bei gesunkener Wahlbeteiligung – mit 33,1 Prozent der Wählerstimmen erneut die stärkste Fraktion im Parlament. Nach der Wahl bot Hindenburg Hitler die Bildung einer parlamentarischen Mehrheitsregierung an. Der NSDAP-Vorsitzende forderte jedoch die Führung eines Präsidialkabinetts – Hindenburg verweigerte dies und ernannte daraufhin den parteilosen Kurt von Schleicher zum Reichskanzler. Doch auch diese Kanzlerschaft war nur von kurzer Dauer: Am 28. Januar 1933 trat von Schleicher zurück, er hatte den Rückhalt des Reichspräsidenten Hindenburgs verloren; seine Pläne für einen autoritären Machterhalt und zur Spaltung der NDSAP waren nicht aufgegangen.
Hitler wird Reichskanzler
Am 30. Januar 1933 war Hitler am Ziel: Hindenburg ernannte ihn zum Reichskanzler und löste den Reichstag erneut auf.
Hitlers Kalkül, bei den darauffolgenden Wahlen am 5. März die absolute Mehrheit zu erlangen, ging zwar nicht auf, die Zugewinne für die NSDAP aber waren enorm: 43,9 Prozent der abgegebenen Stimmen entfielen auf die NSDAP. Diese war zwar zunächst auf eine Koalition mit der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) angewiesen, auf ihrem Weg zur endgültigen Aushöhlung der Weimarer Demokratie aber nicht mehr aufzuhalten. Gewaltenteilung, Rechtsstaat und parlamentarische Demokratie wurden nach und nach abgeschafft.
Nur eineinhalb Jahre später haben unter anderem Parteienverbote, die Auflösung der Länderparlamente, die Zerschlagung der Gewerkschaften, Gleichschaltung der Verbände und die Aushebelung von Grundrechten die NS-Diktatur zementiert. Im August 1934 ließ sich Hitler offiziell als "Führer und Reichskanzler" bestätigen, der fortan die Ämter des Staatsoberhaupts, Regierungschefs, Oberbefehlshabers und Obersten Gerichtsherrs diktatorisch in sich vereinte.
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