Sie werden geschlagen, genötigt, begrapscht oder missbraucht: Die Formen der Gewalt gegen Frauen sind vielfältig. Allein in Europa werden laut einer EU-Studie aus dem Jahr 2014 33 Prozent der Frauen irgendwann in ihrem Leben Opfer von körperlicher und/oder sexueller Gewalt. Weltweit sind es laut Zahlen der WHO (2017) sogar 35 Prozent der Frauen.
QuellentextDie Europäische Union definiert Gewalt gegen Frauen in der 2011 verabschiedeten "Istanbul Konvention":
"als eine Menschenrechtsverletzung und eine Form der Diskriminierung der Frau verstanden und bezeichnet alle Handlungen geschlechtsspezifischer Gewalt, die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden bei Frauen führen oder führen können, einschließlich der Androhung solcher Handlungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheitsentziehung, sei es im öffentlichen oder privaten Leben;
"Häusliche Gewalt" [bezeichnet] alle Handlungen körperlicher, sexueller, psychischer oder wirtschaftlicher Gewalt, die innerhalb der Familie oder des Haushalts oder zwischen früheren oder derzeitigen Eheleuten oder Partnerinnen beziehungsweise Partnern vorkommen, unabhängig davon, ob der Täter beziehungsweise die Täterin denselben Wohnsitz wie das Opfer hat oder hatte."
Neben körperlicher und sexueller Gewalt haben auch psychische und emotionale Gewalt gravierende Folgen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) benennt Gewalt als eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen. Viele Frauen, die Gewalt erleben, haben danach Schwierigkeiten, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Sie leiden unter Depressionen, vereinsamen, verarmen – emotional und materiell. Häufig hat die Gewalt generationenübergreifende Auswirkungen auf die ganze Familie.
In Deutschland, das sich bei der Anzahl von gewalttätigen Übergriffen auf Frauen im europäischen Vergleich im Mittelfeld befindet, werden rund 35 Prozent der Frauen nach ihrem 15. Lebensjahr irgendwann Opfer von Gewalt.
Häusliche Gewalt
Weltweit ist die Form der sogenannten häuslichen Gewalt, das heißt der Gewalt in der Partnerschaft gegen Frauen am meisten verbreitet. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat im Jahr 2016 Zahlen aus dem Berichtsjahr 2015 über Gewalt in Paarbeziehungen in Deutschland vorgestellt und gleichzeitig auf die hohe Dunkelziffer hingewiesen, da sich die Opfer häufig nicht an die Polizei wenden.
Laut BKA-Statistik wurden im Jahr 2015 insgesamt 127.000 Frauen und Männer von ihren Partnern oder Ex-Partnern bedroht, gestalkt, verletzt, sexuell genötigt, vergewaltigt oder gar ermordet. 18 Prozent der Opfer waren Männer, 82 Prozent der Opfer waren Frauen, das heißt: Über 104.000 Frauen waren 2015 in Deutschland von strafrechtlich relevanter Partnerschaftsgewalt betroffen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt die EU-Studie aus dem Jahr 2014. Danach haben 25 Prozent der Frauen in Deutschland in der einen oder anderen Form Gewalt durch ihren gegenwärtigen oder früheren Partner erlebt.
Die sogenannte häusliche Gewalt betrifft Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten und Milieus. Eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus dem Jahr 2013 betont, dass "auch Frauen in mittleren und hohen Bildungs- und Sozialschichten in einem viel höheren Maß Opfer von Gewalt als dies bislang bekannt war".
Sexuelle Gewalt
12 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen über 15 Jahre sind in ihrem Leben schon mal Opfer strafrechtlich relevanter sexueller Übergriffe geworden. Dazu gehören Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung und unterschiedliche Formen von sexueller Nötigung. Allerdings sind die Übergange von sexueller Belästigung hin zu strafrechtlich definierter sexueller Nötigung oder Vergewaltigung fließend und Grenzen daher schwer zu ziehen. Experten gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. Dies zeigen etwa Dunkelfeldstudien in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, die ergeben haben, dass nur ein geringer Teil von deutlich unter zehn Prozent der sexuellen Übergriffe behördlich gemeldet wird.
Vergewaltigung als Waffe im Krieg
Während Frauen auch in friedlichen Umgebungen Opfer von Gewalt werden können, ist die Situation in Kriegsgebieten verheerend. Sexuelle Gewalt wird von den Konfliktparteien oft bewusst als Instrument der Kriegstaktik eingesetzt, um den Gegner zu demoralisieren und die Bevölkerung einzuschüchtern. Betroffen sind auch hier hauptsächlich Frauen und Mädchen, aber auch Männer. Gezielt eingesetzte Vergewaltigungen, wie in den Kriegen in Bosnien und Herzegowina in den 1990er-Jahren, in Kongo, Ruanda oder vielen anderen Ländern, haben dazu geführt, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen seit 2008 mehrere Resolutionen verabschiedet hat, die sich mit sexueller Gewalt gegen Zivilisten in Kriegsgebieten befassen. Außerdem hat die UN das Amt eines Sonderbeauftragten für sexuelle Gewalt in Konflikten geschaffen. Seit 2017 wird es bekleidet von Pramila Patten, einer Juristin aus Mauritius.
Aktuelle Schutzmaßnahmen
Sechs Jahre nach der Unterzeichnung der ersten europäischen Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen hat der Deutsche Bundestage im Juni 2017 einstimmig einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zugestimmt, die sogenannte "Istanbul-Konvention" ("Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt") zu ratifizieren. Ab Februar 2018 gilt die Konvention damit auch in Deutschland.
Außerdem hat der Bundestag bereits im Juli 2016 das deutsche Sexualstrafrecht reformiert. Nach Paragraf 177 StGB macht sich nun einer Vergewaltigung im strafrechtlichen Sinne schuldig, wer sich erkennbar über den Willen des Opfers hinwegsetzt. Eine strafbare Handlung liegt also nicht erst dann vor, wenn der Sex durch Gewalt oder Gewaltandrohung erzwungen wird. Der Paradigmenwechsel hin zu dem Grundsatz "Nein heißt Nein" gilt als wichtigste Errungenschaft der Konvention.
Neben dem gesetzlichen Schutz gibt es in Deutschland auch praktische Unterstützung. So gibt es bundesweit 350 Frauenhäuser und 40 Schutzwohnungen. Außerdem bieten in jedem Bundesland Frauenberatungsstellen Unterstützung bei der Bewältigung krisenhafter Lebenssituationen an. Zu den Beratungsschwerpunkten gehören Gewalt in Beziehungen, Trennung/Scheidung, Krisenintervention und allgemeine Lebensberatung. Abhängig von örtlichen Angeboten bieten die Frauenberatungsstellen auch Hilfe in Fällen von sexueller Gewalt an.
Bundesweites Hilfetelefon für Betroffene (Externer Link: https://www.hilfetelefon.de/aktuelles.html):
08000 116 016 (Kostenlose Telefonnummer, die auch ohne Handyguthaben genutzt werden kann.)
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