In der Nacht vom 23. auf den 24. August 1939 unterzeichneten die Außenminister des Deutschen Reiches und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) einen Vertrag, der weitreichende Folgen für ganz Europa haben sollte. Außenminister Joachim von Ribbentrop und Stalins Außenkommissar Wjatscheslaw Molotow vereinbarten darin gegenseitig Neutralität, sollte einer der Vertragspartner in kriegerische Auseinandersetzungen geraten. Eine der Besonderheiten des Vertrags war, dass er beide Seiten auch dann zu Neutralität verpflichtete, sollte die Aggression von den Unterzeichnerstaaten ausgehen.
Vor allem aber sah ein geheimes Zusatzprotokoll des Vertrages die Aufteilung des
Die deutsche "Lebensraum"-Politik
Ziel der nationalsozialistischen Außenpolitik war es, neuen "Lebensraum für das deutsche Volk" zu gewinnen, die "Weltherrschaft der arischen Rasse" zu sichern und die "jüdisch-bolschewistische Gefahr" einzudämmen -
Änderung der sowjetischen Außenpolitik
England und Frankreich begannen nun auszuloten, ob ein Pakt mit der Sowjetunion gegen Hitler möglich sei. Doch die Verhandlungen zur Schaffung einer "Großen Allianz" gegen Hitler scheiterten, unter anderem weil Stalin auf ein Durchmarschrecht für die Sowjetunion durch Polen bestand und die polnische Regierung eine Besetzung durch die Rote Armee fürchtete. Als Molotow dann Maxim Litwinow als Außenkommissar der Sowjetunion ersetzte, schwenkte die sowjetische Außenpolitik endgültig um: Litwinow hatte noch eine an den Westmächten orientierte Außenpolitik vertreten. Molotow aber ging nun auf Ribbentrops Vorschlag ein und bot Berlin am 17. August 1939 einen gemeinsamen Pakt an.
Die Unterzeichnung des Abkommens am 23. August ermöglichte Hitler den Überfall auf Polen am 1. September, ohne der Gefahr ausgesetzt zu sein, durch ein sowjetisches Eingreifen in einen Zweifrontenkrieg zu geraten. Bereits am 17. September ließ Stalin Ostpolen durch die Rote Armee besetzen.
Am 28. September schlossen die beiden Invasoren den "Deutsch-Sowjetischen Freundschafts- und Grenzvertrag", der den Hitler-Stalin-Pakt komplettierte, indem er die Interessensphären endgültig aufteilte: Darin war geplant, dass Westpolen inklusive Lublin und Warschau an das Deutsche Reich gehen würden, der Rest Polens sowie Finnland, Estland, Lettland, Litauen und das heutige Rumänien an die Sowjetunion. Damit setzten sich Berlin und Moskau über das Selbstbestimmungsrecht von fünf souveränen Nationalstaaten hinweg.
1941: Krieg gegen die Sowjetunion
Für Hitler-Deutschland war der Pakt nur ein temporärer, eher taktischer Schachzug auf dem Weg zum Weltkrieg. Der Sowjetunion ermöglichte dieser Vertrag die Ausdehnung nach Westen. Der deutsche Angriff auf die UdSSR am 22. Juni 1941 beendete das deutsch-sowjetische Arrangement.
Die Nachricht über den Abschluss des Vertrages überraschte nicht nur die deutsche, auch die internationale Öffentlichkeit. Der Pakt sah nicht nur die Vereinbarung über gegenseitige Neutralität vor, sondern auch eine Intensivierung der kulturellen und der Handelsbeziehungen - zwischen zwei Mächten, die sich auch ideologisch konfrontativ gegenüber standen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das geheime Zusatzprotokoll des Hitler-Stalin-Paktes bekannt. In den Staaten des Warschauer Paktes wurde die Existenz der Vereinbarung bis 1989 bestritten. Dokumente, die seine Echtheit bewiesen, wurden als westliche Propaganda und Fälschung bezeichnet.