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ZDF-Staatsvertrag in Teilen verfassungswidrig

Redaktion

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Die derzeitige Besetzung der beiden Aufsichtsgremien des ZDF ist unvereinbar mit der Rundfunkfreiheit. Das hat das Bundesverfassungsgericht am Dienstag (25. März) entschieden. Die Richter haben damit die Normenkontrollklage der Bundesländer Hamburg und Rheinland-Pfalz bestätigt.

Das Bundesverfassungsgericht verkündet das Urteil zum ZDF Staatsvertrag. (© picture-alliance/dpa)

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat Externer Link: in seinem Urteil das Gebot der Staatsferne im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bekräftigt. Der Einfluss "staatlicher und staatsnaher Mitglieder" müsse konsequent begrenzt werden. Ihr Anteil dürfe "ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums nicht übersteigen". Zudem dürfen Regierungsvertreter keinen entscheidenden Einfluss mehr auf die Besetzung der Gremienmitglieder ausüben. Die entsprechenden Regelungen des Staatsvertrages zur Besetzung der Aufsichtsgremien des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) verstoßen nach Ansicht des Gerichtes gegen die in Interner Link: Artikel 5 des Grundgesetzes gewährleistete Presse- und Rundfunkfreiheit. Die Bundesländer, die den ZDF-Staatsvertrag untereinander ausgehandelt haben, müssen bis zum 30. Juni 2015 eine verfassungskonforme Neuregelung finden.

Die Entsendung von Angehörigen der staatlichen Ebene in die Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hält das Gericht im Rahmen der Vielfaltsicherung weiterhin grundsätzlich für zulässig. Im Verwaltungs- und im Fernsehrat des ZDF liegt der Anteil von Partei- und Staatsvertretern derzeit bei mehr als 40 Prozent der Gremienmitglieder. Auch in den Aufsichtsgremien der neun öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der ARD und der Deutschen Welle sowie des Deutschlandradios sitzen Parteimitglieder und Politiker (Rundfunkrat).

Entstehung der Klage

Der ZDF-Staatsvertrag aus dem Jahr 1961 schreibt es vor: Der Intendant des ZDF leitet den Sender und verantwortet das Programm. Zwei Gremien wachen über ihn: der Fernseh- und der Verwaltungsrat.

Im Jahr 2009 hatte die Nichtverlängerung des Vertrages des damaligen ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender eine öffentliche Kontroverse um parteipolitische Einflussnahme auf den Sender ausgelöst. Besonders Vertreter der Länder Bayern und Hessen hatten gegen die Verlängerung seines Vertrages plädiert.

Zwei identische Anträge zur Normenkontrolle hatten die Länder Hamburg und Rheinland-Pfalz in Karlsruhe daraufhin eingereicht. Ihr Inhalt: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sollte prüfen, ob die Zusammensetzung der Gremien des öffentlich-rechtlichen Senders mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Zuvor hatte die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vorbereitet, die allerdings im Bundestag nicht genügend Unterstützer fand. Seit dem 5. November 2013 verhandelte der erste Senat des BVerfG in Karlsruhe die Klage.

Normenkontrolle

Mit ihrer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht haben die Bundesländer Hamburg und Rheinland-Pfalz eine so genannte "Normenkontrollklage" eingereicht. Unter "Normenkontrolle" versteht man die gerichtliche Überprüfung einer rechtlichen Regelung (in diesem Fall: die Regelungen im ZDF-Staatsvertrag) in Bezug auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht (in diesem Fall: dem Grundgesetz). Einen Normenkontrollantrag kann eine Bundes- oder Landesregierung beim Bundesverfassungsgericht einreichen. Er kann aber auch gestellt werden, wenn ein Viertel der Abgeordneten im Bundestag dafür stimmt.

Die umstrittenen Gremien: Wie viel Einfluss hat der Staat beim ZDF?

Der Fernsehrat

77 Mitglieder hat der Fernsehrat des ZDF. Sie formulieren allgemeine Programmrichtlinien, genehmigen den bereits beschlossenen Haushalt und wählen den Intendanten. Für die Wahl ist eine Mehrheit von drei Fünftel der Stimmen nötig. Vorsitzender ist derzeit der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz.

Die Mitglieder des Fernsehrates setzen sich zusammen aus 16 Vertretern der Länder (je einer pro Land), drei Vertretern des Bundes und zwölf Vertretern der Parteien, entsprechend der Stärke ihrer Fraktionen im Bundestag. Dazu kommen fünf Vertreter von Glaubensgemeinschaften und 25 Vertreter von Verbänden, die gesetzlich festgelegt sind (u.a. Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Zeitungsverleger und Journalisten, Kommunen, IHK). Diese 25 Vertreter werden von der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder ernannt. Zudem sitzen im Fernsehrat weitere 16 Mitglieder aus verschiedenen Berufsbereichen, die ebenfalls von der Ministerpräsidentenkonferenz berufen werden.

Der Verwaltungsrat

Der Verwaltungsrat beschließt unter anderem den Haushalt des Senders und überwacht die Tätigkeit des Intendanten. Direktoren, die in die Sendeleitung berufen werden, müssen durch eine Drei-Fünftel-Mehrheit im Verwaltungsrat bestätigt werden.

Der Rat hat 14 Mitglieder: einen Vertreter des Bundes, fünf Vertreter der Länder und acht vom Fernsehrat gewählte Mitglieder. Vorsitzender ist der ehemalige rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck.

Die Klage: Staatsvertreter bestimmen über Posten

Die Aufsichtsgremien des ZDF werden von Vertretern staatlicher Institutionen dominiert und sind somit nicht ausreichend staatsfern. Das war zentraler Kritikpunkt der Kläger an der bisherigen Besetzungspraxis. Die aus Sicht der Kläger fehlende Staatsferne schreibt das Grundgesetz vor:

    Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG)

In der Praxis gehe ein zu großer Teil der Posten in den Aufsichtsgremien an unmittelbare Vertreter des Staates, so die Klageschrift. Allein im Fernsehrat seien dies 35 von 77 Personen. Auch die Berufung der restlichen Mitglieder erfolge durch die Ministerpräsidentenkonferenz und verhindere auch nicht die Besetzung der Posten durch Berufspolitiker, da die Regelung im Staatsvertrag diese nicht ausdrücklich ausschließt.

Gegner der Klage

Das ZDF und mit ihm Vertreter der Bundesländer Bayern, Hessen, Saarland und Sachsen hatten dieser Interpretation widersprochen: Das bisherige System stelle die föderale sowie parteipolitische Pluralität in den Gremien des ZDF durchaus sicher. Man dürfe die Politiker in den Gremien des ZDF nämlich nicht einfach zu einer Gruppe zusammenrechnen. Da die einzelnen Politiker aus unterschiedlichen Ländern kommen und unterschiedlichen Parteien angehören, würden sie auch nicht geschlossen auf die Entscheidungsfindung in den Gremien hinarbeiten. Im Ergebnis sei eine einseitige Beeinflussung daher ausgeschlossen. Außerdem liege der Anteil aller staatlichen Vertreter unter 50 Prozent.

Geschichte des ZDF: BVerfG-Entscheidung schon vor Sendestart

Schon seit seiner Gründung wird die politische Einflussnahme auf den Sender diskutiert. Vor dem Start des Senders stand ebenfalls eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Bundeskanzler Konrad Adenauer, von dem die Idee für einen zweiten Fernsehsender neben der ARD stammte, hatte ursprünglich eine zumindest teilweise vom Bund getragene Organisation anvisiert. Eine Klage der Bundesländer machte diese Pläne für eine Bund-Länder-Trägergesellschaft zunichte. Im Februar 1961 legten die Karlsruher Richter fest, dass zwar das Fernmeldewesen, nicht aber der Rundfunk im Verantwortungsbereich des Bundes liege. Der Staatsvertrag des ZDF trat am 6. Juni 1961 in Kraft – durch die Zustimmung der Länder, nicht des Bundes.

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